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Liebhaberauto - 50 Jahre Mercedes R 107: Dauerbrenner unter den Traumwagen


Liebhaberauto
50 Jahre Mercedes R 107: Dauerbrenner unter den Traumwagen

Von dpa
Aktualisiert am 17.09.2021Lesedauer: 4 Min.
Dauerbrenner: Mercedes ließ den R 107 von 1971 bis 1989 von den Bändern rollen.Vergrößern des Bildes
Dauerbrenner: Mercedes ließ den R 107 von 1971 bis 1989 von den Bändern rollen. (Quelle: Mercedes-Benz AG/dpa-tmn./dpa)

Stuttgart (dpa/tmn) - Curd Jürgens hatte einen, Gerd Müller und Uschi Glas ebenfalls. Und auch die TV-Serien "Dallas" oder "Hart aber herzlich" wollten nicht auf ihn verzichten. Denn egal ob auf der Leinwand oder im echten Leben war der Mercedes SL aus der Baureihe R 107 bei den gut situierten Genießern immer gerne genommen.

Seinen Einstand gab der Roadster als Nachfolger der sogenannten Pagode aus der Baureihe W 113 im April 1971. Und außer den Namen hatte dieser SL mit dem Vorgänger nichts mehr gemein, sagt Mercedes Classic-Sprecher Ralph Wagenknecht: Technisch eng mit den damaligen Pkw-Baureihen wie dem Strich-8 verwandt, machte der SL deshalb mit dem Wechsel zur Generation 107 einen riesigen Sprung.

Und das galt nicht nur für die Konstruktion, sondern auch für die Kraftquelle - denn erstmals kam der Roadster nun auch mit einem V8-Motor. Den übernahmen die Schwaben aus dem 280 SE. 3,5 Liter Hubraum und anfangs 147 kW/200 PS - das waren vor allem in Amerika gute Argumente, und selbst am stolzen Grundpreis von 29 970 D-Mark schien sich kaum einer zu stören.

Sportiv ja, aber kein kompromissloser Sportwagen

Allerdings darf man sich von Hubraum und Leistung nicht blenden lassen: Auch wenn der SL ganz zu Beginn seiner Karriere mal ein etwas veredelter Rennwagen mit Straßenzulassung war, ist der 107er alles andere als ein Sportwagen. Natürlich ist er schnell und stark genug, um es mit fast allen anderen offenen Autos jener Zeit aufzunehmen.

Immerhin beschleunigt der 350er in 8,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und kommt bei Vollgas auf 210 km/h. Doch war der 107er immer als komfortabler Cruiser gedacht und nie als ein Auto, mit dem man die Kurven auf der letzten Rille nimmt.

Das war schon damals so, und das gilt heute natürlich erst recht. Deshalb lässt man es im offenen Luxusliner gerne etwas gemütlicher angehen. Man dreht die Lehne ein wenig weiter nach hinten und stellt nach wenigen Metern fest, dass eine Hand am Lenkrad auch genügt, wenn man mit leichter Schräglage durch die Kurven gleitet.

Mit 237 287 Exemplaren gilt dieser SL bis heute als bislang meistverkaufter Luxusroadster der Welt. Wenn man sich anschaut, wie schwer sich die Konkurrenten in dieser Klasse mit dem schrumpfenden Markt tun, dürfte dieser Rekord wohl auch in Zukunft nicht mehr wackeln.

Erst 1989 löst ein Nachfolger den Dauerläufer ab

Dass sich der 107 so häufig verkauft hat, liegt natürlich auch an seiner langen Karriere. Denn während eine Baureihe üblicherweise auch damals schon nach spätestens zehn Jahren erneuert wurde, blieb der 107er 18 Jahre im Programm. Immer wieder auf den neuesten Stand gebracht, im Design aktualisiert und frisch motorisiert, musste er erst 1989 der Baureihe 129 weichen.

Die lange Laufzeit zeugt von der wegweisenden Entwicklung, sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Analytics. Dass ein Auto über fast zwei Jahrzehnte gebaut werde, sei eine absolute Seltenheit, die bei Mercedes so nur die G-Klasse geschafft habe. "Das passiert nur, wenn sich eine Neuentwicklung nicht lohnt, oder wenn das Auto ein richtig großer Wurf war", so der Experte.

Frank Knothe, Leiter der Baureihe, stand übrigens zu seiner Zeit beim Roadster vor einer besonderen Herausforderung. Ausgerechnet in Amerika als dem damals wie heute wichtigsten Markt für den SL gab es Probleme.

Es muss ein sehr sicherer Sportler werden

Verbraucherschützer Ralph Nader hatte massiv Stimmung gegen offene Autos gemacht und lautstark Sicherheitsbedenken geäußert. "Da durften wir uns also keine Blöße geben", erinnert sich der einstige Chefingenieur Frank Knothe. Ihm bleibt deshalb weniger der erste Einsatz eines Achtzylinders im SL hängen oder der in einem offenen Auto bis dato unerreichte Komfort. Sondern es sind die bocksteife Karosserie mit unterschiedlich dicken Blechen für ein definiertes Knautschverhalten beim Crash, die für mehr Steifigkeit eingeklebte Frontscheibe oder der extrem stabile Scheibenrahmen, der den Überrollbügel überflüssig machte.

Selbst an Details haben sie damals gedacht, erinnert sich der Ingenieur: Kunststoffflächen im Innenraum wurden hinterschäumt und die Rillen in den Rückleuchten sehen nicht nur cool aus, sondern sollten verhindern, dass Staub sich festsetzen und so die Sichtbarkeit trüben konnte.

Hohe Alltagstauglichkeit und hohe Qualität

Die selbstgesteckten Ziele für die Sicherheit zahlen sich heute in einer ganz anderen Hinsicht aus: "Der 107er ist von herausragender Qualität und sehr viel haltbarer als viele andere Oldtimer seiner Zeit", sagt Marktbeobachter Wilke.

Deshalb kommt dem Roadster in der Klassikszene eine ganz besondere Bedeutung zu, analysiert der Experte: "Bei den besten Oldtimern für Einsteiger rangiert der SL der Baureihe 107 immer unter den Top Ten." Er biete das Design, das Ambiente und das Fahrgefühl eines Klassikers, sei aber absolut alltagstauglich.

"Wer also mal ausprobieren will, wie er mit einem so alten Auto zurechtkommt, am Wochenende aber nicht nur in der Garage stehen möchte, der fährt mit dem 107er goldrichtig", sagt Wilke. Und weil der Roadster in den vielen Jahren bis zum Schluss gut verkauft wurde, ist die Auswahl groß und die Preise sind angesichts von Alter und Ansehen ungewöhnlich niedrig, taxiert er den Markt: "Klar gibt es auch top-restaurierte Exemplare und Raritäten, die mal für sechsstellige Preise angeboten werden. Doch auch schon für wenig mehr als 10 000 Euro kann man noch durchaus fahrfähige Exemplare finden."

Der Anfang einer großen Leidenschaft?

Wobei der SL aus dieser Generation auch bei der Preisentwicklung ein eher ungewöhnliches Auto ist: Anders als bei den meisten Oldtimern seien die jüngeren Autos hier die teureren, weil es über die Jahre viele Modellpflegen mit reichlich neuer Ausstattung und moderneren Motoren gegeben habe.

Allerdings birgt die Beziehung mit dem 107er auch ein Risiko, warnt Wilke: Die Zuneigung könnte sich auf die gesamte SL-Baureihe ausweiten und auch die Pagode, den 190er oder gar den 300 SL ins Blickfeld rücken. "Und während der 107er für einen klassischen Mercedes vergleichsweise günstig ist, wird es dann umso teurer."

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