Autofahrer gewinnt vor Gericht Muss VW alle Schummel-Diesel zurücknehmen?
Ein VW-Händler muss ein manipuliertes Dieselauto zurücknehmen und gegen einen Neuwagen tauschen. Das Urteil in Hamburg hat Strahlkraft auf weitere anstehende Prozesse, sagt der Anwalt des Klägers. VW sieht das anders.
Es ist ein Richterspruch, der vielen Dieselfahrern Hoffnung machen dürfte: Das Hamburger Landgericht hat einen VW-Händler dazu verurteilt, ein manipuliertes Dieselauto zurückzunehmen. Dem Käufer stehe ein einwandfreier Neuwagen zu (Az. 329 O 105/17).
Der Fall
Vor drei Jahren kaufte der Kläger einen neuen VW Tiguan bei Volkswagen Hamburg. Dem Dieselmotor, der auch in seinem SUV verbaut ist, wurden später viel zu hohe Abgaswerte nachgewiesen. Das Auto war manipuliert. Als der Skandal bekannt wurde, ließ der Käufer aus Sorge um eine Stilllegung die Software seines Autos nachrüsten. Trotzdem wollte er den Tiguan zurückgeben, was der Händler ablehnte. Also zog der Kunde vor Gericht.
Das Urteil
Einem Kunden stehe zu, dass sein Neuwagen die versprochenen Abgaswerte einhalte. Und ob das Update der Software ausreiche, um das Abgasproblem des Autos zu lösen, sei nicht sicher. Es dürfte jedenfalls zu einem höheren Verschleiß der betroffenen Motorenteile führen. Hinzu komme obendrein der höhere Wertverlust des Autos. Aus diesen Gründen entschied der Richter, dem Kläger stehe ein mängelfreier Neuwagen zu.
Als Besonderheit kommt in diesem Fall hinzu, dass es in der Zwischenzeit einen Modellwechsel gab: Im März 2015 erwarb der Kunde noch einen Tiguan der ersten Generation. Nun ist aber seit seit Anfang 2016 das Nachfolgemodell auf dem Markt. Trotzdem sei eine Nachlieferung möglich, sagt der Richter: Der Kunde erhält nun einen neuen Tiguan der zweiten Generation.
Was bedeutet das für andere Autofahrer?
Nie zuvor habe ein VW-Kunde in so vielen Punkten Recht bekommen wie diesmal, sagte der Anwalt des Klägers dem NDR. Der Richterspruch könne sich auf weitere Prozesse auswirken. Außerdem zeige er, dass auch Käufer eines Schummeldiesels ihre Rechte einklagen könnten, nachdem sie ein Softwareupdate durchführen ließen. Die Ungewissheit im Abgasskandal werde obendrein durch das Urteil vom Kunden wegverlagert und hin zum Hersteller.
Allerdings sollten sich andere Betroffene nicht zu früh freuen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann vor dem Oberlandesgericht angefochten werden. Und dann kann sich das Blatt wieder wenden. Der Kunde bliebe auf seinem Schummeldiesel sitzen. Mit einer solchen Wende rechnet zumindest Volkswagen. In vielen Fällen hätten nämlich Gerichte zugunsten der Hersteller entschieden, betont der Hersteller gegenüber dem NDR.
- Eigene Recherche
- WDR