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Sie entstanden als Sonderanfertigungen für die Bundesregierung und den Papst: Die sind Limousinen, die zeigen, dass jemand Besonderes in ihnen chauffiert wird. 1963 debütierte der Mercedes-Benz 600 auf der IAA in Frankfurt, zum Jahreswechsel 1964 auf 1965 schaffte die Bundesregierung zwei Luxusversionen mit schwarzer Lackierung und dicker Panzerung an.
Die Dienstzeit der beiden Mercedes 600 Pullman überlebte die Produktionszeit der 600-Baureihe bei weitem. 1981 beendete Daimler-Benz den Bau des 600er, wogegen die beiden Pullman-Versionen der Bundesregierung bis in die neunziger Jahre in Betrieb waren.
Ein viereinhalb Tonnen-Panzer
Mit gewaltigen viereinhalb Tonnen Leergewicht brachten die beiden Pullman-Versionen durch ihre Panzerung noch einmal ein Mehrgewicht von rund 1,8 Tonnen gegenüber der Normalversion auf die Waage. Wobei: Normal war an diesem Auto gar nichts.
Denn der Mercedes 600 war auch als Kurzversion kaum ein Auto für jedermann. Besonders beliebt waren die Langversionen mit vier und sechs Türen. >>
Erlauchte Gäste genossen nicht wie heute den visuellen Schutz abgedunkelter Scheiben, sondern schützten sich mit grauen Vorhängen vor neugierigen Blicken.
Sonderwünsche waren Normalität
Der Mercedes 600 kostete zum Marktstart im Frühjahr 1964 56.000 Mark; die Langversion lag bei mindestens 63.500 Mark. Von Ausnahmen abgesehen wurde fast jedes Auto auf besondere Bestellung angefertigt. Sonderwünsche wie spezielle Polster, einen Elektrorasierer in der Mittelarmlehne oder eine Minibar waren daher an der Tagesordnung.
Peter Schellhammer, der bei Mercedes jahrelang für den Mercedes 600 zuständig war, fühlt sich mit Technik und Geschichte der Automobillegende Mercedes 600 besonders eng verwoben. Er lieferte hunderte von Exklusivmodellen an Scheichs im Nahen Osten, Fürsten in Klein-Staaten >>
und Sonderanfertigungen an besonders elitäre Kunden – in der ganzen Welt von 1963 bis zum Produktionsende im Jahre 1981.
Mercedes 600 war eher Prestigeobjekt
"Die meisten 600er waren schwarz oder dunkelblau", erzählt Peter Schellhammer, "doch es gab gerade auch in den USA viele Versionen in weiß oder silber." Die Entwicklung des 600 unter der Leitung von Dr. Ing. Fritz Nallinger dauerte von 1956 bis 1963. In Sachen Absatz war der Mercedes 600 ein Flop. Ursprünglich war Mercedes davon ausgegangen 1500 bis 3000 Fahrzeuge pro Jahr absetzen zu können. Es wurden in den besten Jahren nicht einmal 300.
Rasanter Riese in der Kurzversion
Zum Verkaufsstart im Jahre 1964 war auch die Motorisierung des 600 für viele so etwas wie ein automobiles Weltwunder. Unter der Motorhaube arbeitete bei allen Karosserievarianten ein mächtiger Achtzylinder, der dank 6,3 Litern Hubraum 250 PS und 510 Newtonmeter Drehmoment leistete und bei dem mindestens 2,6 Tonnen schweren Mercedes 600 für eine Spitze von 207 km/h und eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in knapp zehn Sekunden sorgte. Die Panzer-600 der Bundesregierung liefen natürlich bedeutend langsamer, was aber kein Problem war: Schließlich musste die Eskorte ja noch Schritt halten können.