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Carolabrücke in Dresden eingestürzt: Wie marode ist unsere Infrastruktur?


Viele hoffnungslos überlastet
So marode sind unsere Brücken


Aktualisiert am 12.09.2024Lesedauer: 3 Min.
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Mitten in Dresdens Innenstadt: Ein 100 Meter langes Teilstück der Carolabrücke stürzte in der Nacht in die Elbe.Vergrößern des Bildes
Mitten in Dresdens Innenstadt: Ein 100 Meter langes Teilstück der Carolabrücke stürzte in der Nacht in die Elbe. (Quelle: Robert Michael)

Tausende Brücken in Deutschland sind sanierungsbedürftig. Was passiert, wenn nichts geschieht? Und warum können selbst Milliardeninvestitionen das Problem nicht lösen?

Das Unglück von Dresden macht es offensichtlich: Deutschlands Brücken bröckeln – nicht nur in den Städten, sondern auch an unseren Autobahnen und Bundesstraßen. Bis zu 5.000 Brücken müssen dort dringend saniert werden.

Und auch diese Zahlen sind alles andere als beruhigend: Mehr als die Hälfte der 40.000 Brücken im deutschen Fernstraßennetz stammt aus der Zeit vor 1985. Sie wurden für weniger Verkehr und leichtere Fahrzeuge geplant, als sie tagtäglich aushalten müssen. Viele sind hoffnungslos überlastet.

Alte Brücken, neue Lasten

Täglich donnern Tausende schwere Lastwagen über die betagten Bauwerke. Die Folge: vorzeitige Materialermüdung. Risse im Beton, korrodierter Stahl, bröckelnde Pfeiler – die Liste der Schäden ist lang. Experten warnen vor den weitreichenden Folgen auch für Deutschlands Wirtschaft.

Sanierung als Generationenaufgabe

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) spricht von einer Generationenaufgabe. Sein Ziel: 400 Brücken pro Jahr zu sanieren. Doch das Geld ist knapp. 2024 stehen 4,6 Milliarden Euro bereit. Ab 2025 sollen es 5 Milliarden jährlich sein.

Kritiker sagen, das reiche bei Weitem nicht aus: Die Autobahngesellschaft des Bundes fordert allein für die Jahre 2025 bis 2028 zusätzlich 5,5 Milliarden Euro. Ohne massive Investitionen drohe ein Teufelskreis aus Verfall und teuren Notreparaturen.

Sperrungen mit Folgen

Schon jetzt sind die Folgen maroder Brücken gravierend. Ein Beispiel ist die Rahmedetalbrücke in Nordrhein-Westfalen. Ihre Sperrung Ende 2021 führt zu Verkehrschaos und wirtschaftlichen Einbußen. Tausende Fahrzeuge stauen sich täglich durch die umliegenden Ortschaften.

  • Falsche Angaben, verschwundene Dokumente: Recherchen von t-online zur Sperrung der Rahmedetalbrücke brachten Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (damals Verkehrsminister) massiv in Bedrängnis.

Die regionale Wirtschaftskraft sank um 300 Millionen Euro pro Jahr. Unternehmen klagen über Erreichbarkeitsprobleme, längere Fahrzeiten, Umsatzeinbrüche. Eine Studie prognostiziert: In den nächsten fünf Jahren summieren sich die Schäden auf mindestens 1,8 Milliarden Euro.

Langsame Planung, schneller Verfall

Große Infrastrukturprojekte dauern in Deutschland oft Jahre. Grund: langwierige Planungsverfahren und Bürgerbeteiligungen. Während sich Planfeststellungsverfahren hinziehen, schreitet der Verfall voran.

Die Bundesregierung will die Verfahren nun beschleunigen. Ende 2023 wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Genehmigungspflicht für Brückenerweiterungen abschafft. Auch die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung entfällt. Ziel: Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten.

Finanzierung unsicher

Der Bundesrechnungshof schlägt Alarm: Ohne mehr Geld drohen weitere Verfallserscheinungen und Sperrungen. Verkehrsminister Wissing plant einen neuen Infrastrukturfonds, auch mit privatem Kapital. Doch konkrete Pläne fehlen.

Klar ist: Die Sanierung der deutschen Brücken bleibt eine Mammutaufgabe. Ohne schnelles Handeln und ausreichende Finanzierung droht der Verkehrskollaps. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen den Verfall.

Und der ist bereits weit fortgeschritten: "Der Zustand vieler Brücken im Fernstraßennetz ist kritisch", sagte Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken, bereits im vergangenen Jahr. Damals hatte die Gütegemeinschaft 25 zentrale Brückenbauwerke untersucht. Elf von ihnen erhielten Noten zwischen 3 und 3,5 und gelten damit als kritisch oder ungenügend.

Besonders betroffen sind ältere Bauwerke wie die Moseltalbrücke, die Lösterbachtalbrücke und die Neckarburgbrücke, die überwiegend aus den 1970er-Jahren stammen. Die übrigen Brücken erhielten Noten zwischen 2 und 2,9, was einem befriedigenden bis ausreichenden Zustand entspricht.

Trotz der Mängel ist der Gesamtzustand etwas erfreulicher. Rund 72,5 Prozent der Brücken an Deutschlands Autobahnen und Bundesstraßen sind in einem befriedigenden oder ausreichenden Zustand. Etwa jede zwanzigste Brücke gilt als ungenügend, jede sechste ist in gutem Zustand.

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Die Zustandsnoten der Brücken reichen von 1 (sehr gut) bis 4 (ungenügend). Ab der Note 3 muss eine Sanierung zeitnah geplant werden. Die Zustandsnote allein gibt jedoch keine Auskunft über das genaue Ausmaß der Schäden oder die Kosten der Instandsetzung.

Eine Note von 3,5 oder schlechter bedeutet, dass das Bauwerk in einem ungenügenden Zustand ist, der die Standsicherheit oder die Verkehrssicherheit erheblich gefährden kann. Auch kleinere Mängel wie fehlende Geländerstäbe können zu dieser Bewertung führen.

Wer prüft die Sicherheit unserer Brücken?

Alle sechs Jahre werden Brücken und Ingenieurbauwerke einer gründlichen Hauptprüfung nach DIN 1076 unterzogen, die von speziell ausgebildeten Prüfern durchgeführt wird. Dabei werden alle Bauteile geprüft und die Ergebnisse genau dokumentiert. Drei Jahre später folgt eine vereinfachte Prüfung. Hinzu kommen jährliche Inspektionen und halbjährliche Beobachtungen durch die Straßen- und Autobahnmeistereien, die auf offensichtliche Schäden achten.

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