Konzeptstudie auf dem Caravan Salon Sieht so der Wohnwagen der Zukunft aus?
Reisemobile boomen, während die Wohnwagen-Zulassungszahlen ein Minus verzeichnen. Bürstners Studie Talis soll frischen Wind in die Caravanwelt bringen.
Während das Campingsegment insgesamt boomt, sind Wohnwagen ein wenig ins Hintertreffen geraten. Auf dem Caravan Salon in Düsseldorf sind im Verhältnis zu den Wohnmobilen deutlich weniger Innovationen bei den Wohnwagen zu sehen – bis auf eine große Ausnahme: Bürstners Caravan-Studie Talis soll, so verspricht es der Hersteller, neue Maßstäbe im Bereich Lifestyle, Design und Flexibilität setzen. Das aktuell vielbeschworene "Vanlife"-Lebensgefühl soll auch in die Caravan-Welt überschwappen.
Während die Reisemobile auf dem besten Wege sind, in diesem Jahr ein neues Allzeithoch zu erreichen, dümpeln die deutschen Zulassungszahlen der Caravans vor sich hin. 14.957 Einheiten in den ersten sieben Monaten 2024 bedeuten ein Minus von 1,1 Prozent, das der Caravaning Industrie Verband e. V. (CIVD) als ein "stabiles Niveau" interpretiert. Tatsächlich aber geht es seit der Corona-Bestmarke von 2020 mit fast 30.000 Exemplaren jährlich kontinuierlich bergab auf zuletzt knapp 22.000 Neuzulassungen im Jahr 2023. Konkret heißt das: Pro Jahr werden mehr als dreimal so viele Reisemobile verkauft wie Wohnwagen.
Windschnittiger Wohnwagen
Nach vielen Durchläufen im virtuellen Windkanal hat sich eine fischähnliche Kontur herauskristallisiert. Vorn wird die Luft durch eine konisch zugespitzte Form aerodynamisch geteilt, die Mitte der Frontpartie wird auch als von außen zugänglicher Stauraum genutzt. Am Heck verjüngt sich die Form von den Seitenwänden her ebenfalls, was zu geringeren Verwirbelungen führen soll und damit auch den Verbrauch des Zugfahrzeugs reduzieren würde. Schließlich werden Caravans in Zukunft auch vermehrt von Elektrofahrzeugen gezogen.
"Klein reisen, groß wohnen" ist das selbst gewählte Motto der Studie. Dafür setzt Bürstner das Air-Xtension System ein, das schon beim aufblasbaren Alkoven im teilintegrierten Lyseo TD Gallery zum Einsatz kommt. Bei der Talis-Studie wird ein kleiner Erker an der Rückfront ausgeklappt und aufgeblasen. Dadurch verwandelt sich das fest eingebaute Heckbett-Querbett in ein 200x170-Zentimeter-Längsbett. Der Raum unter dem Bett ist als "Schlafhöhle" für maximal zwei Kinder ausgelegt und kann mit einem Vorhang abgetrennt werden. Alternativ dient er als Stauraum.
Ein typischer Aspekt des "Vanlife", also dem Leben in einem eher kompakten Campervan, ist die Möglichkeit, unter freiem Himmel kochen zu können. Dafür gibt es im Talis ein gasfreies, teilbares und transportables Küchenmodul mit zwei Induktionsplatten. Es lässt sich zusammen mit der "Easy-Flex-Lounge" – damit ist die herausnehmbare Sitzbank samt Tisch gemeint – auch im Außenbereich verwenden. Anstelle der gewohnten Dachschränke sind flexible Stauboxen montiert, die sich zum Packen oder Einkaufen leicht herausnehmen lassen.
Das Bad ist mit einer ökologischen Trenntoilette ohne Chemie ausgestattet, die nur bei Bedarf herausgeholt werden muss. Für Licht sorgen Akkuleuchten, und für eine angenehme (Geräusch-)Atmosphäre sind Akustikpaneele aus Holz an den Wänden zuständig.
Welche Details vielleicht schon bald konkret in die Entwicklung neuer Wohnwagen einfließen werden, muss die Zukunft zeigen. Klar ist aber: Im Hinblick auf Elektromobilität sind Kompaktheit, Flexibilität und Leichtbau immer wichtiger. Auch der Generationswechsel unter den Campern wird eine entscheidende Rolle spielen: Modelle wie der Beachy von Hobby (mehr dazu lesen Sie hier) haben bereits gezeigt, dass vor allem im Innenbereich neue Materialien und Lösungen gefragt sind.
Wenig Neues bei den Wohnwagen
Gegenüber der Flut an Reisemobil-Premieren auf dem Caravan Salon sind Neuheiten bei den Wohnwagen rar gesät. Nachdem Pandemie, Lieferschwierigkeiten und Inflation die Preise in die Höhe getrieben haben, konzentriert sich die Branche darauf, mit einer günstigeren Preisgestaltung wieder die Kauflust zu stimulieren. Das geschieht in Form von Sondermodellen wie etwa dem Weinsberg Cara-One-Wohnwagen Hot-Edition, der bei 19.000 Euro Einstiegspreis eine Ersparnis von bis zu fast 6.000 Euro verspricht. Oder indem eine neue Baureihe wie der Tabbert Cazadora, der das Modell Da Vinci ablöst, mit ein paar Abstrichen deutlich günstiger angeboten wird.
So gibt es endlich auch den längst versprochenen neuen Bürstner Averso, wird der beliebte LMC Sassino aufgepeppt, erweitert Eriba die kultige Touring-Baureihe um einen 620er-Grundriss und überrascht Adria mit dem ultrakompakten Aviva Lite 300 LH mit nur drei Metern Aufbaulänge. Außer dem Einsatz von Hubbetten hier und da entdeckt man allerdings wenig Innovatives.
Immerhin gibt es ein interessantes Angebot für einen Do-It-Yourself-Wohnwagen: Der LMC Modo ist nichts anderes als ein einfacher Kofferanhänger der Marke Humbaur, der mit Möbelmodulen bestückt wird, die im Boden oder an den Wänden fixiert werden. Zur Grundausstattung für rund 20.000 Euro gehören aber nur die Sitzgruppen-Polster, das Bett und sechs Staukisten. Das Küchenmodul kostet extra. Eine Heizung gibt es gar nicht. Die Heckklappe dient als Einstieg. Gemütlich ist das eher nicht. Der schnelle Aus- und Einbau erlaubt jedoch die Doppelnutzung als Wohn- und Nutzanhänger.
- Mit Material der Nachrichtenagentur SP-X