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Liebe: Ist Selbstlosigkeit nur ein fauler Trick?


Selbstlose Liebe
Der faule Trick mit der Selbstlosigkeit

Eine fürsorgliche Ehefrau oder eine sich aufopfernde Mutter gelten als tugendhafte Beispiele. Was viele dabei nicht erkennen: Hinter der vermeintlichen Selbstlosigkeit verbergen sich oftmals egoistische Gedanken. Denn Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Schenken wir jemandem unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge, erwarten wir in der Regel eine Gegenleistung dafür. Ist selbstlose Liebe also nur ein Mythos? Oder um es etwas böse zu formulieren, ein fauler Trick, um den Partner stärker an uns zu binden und in ihm das Gefühl von Dankbarkeit hervorzurufen?

09.01.2012|Lesedauer: 4 Min.
ElitePartner/Annette Riestenpatt
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Uneigennützigkeit ist hormonell beeinflusst

Fürsorglichkeit und Selbstaufopferung können auch egoistisch sein. (Foto:imago)Vergrößern des Bildes
Fürsorglichkeit und Selbstaufopferung können auch egoistisch sein. (Foto:imago)

"Selbstlosigkeit ist in vielen sozialen Gefügen von hoher Bedeutung", erklärt Diplom-Psychologin Lisa Fischbach von der Partnervermittlungsagentur ElitePartner.de. "Es wird durch die Vorbildfunktion der Eltern vermittelt." Aber es ist nicht ausschließlich erlerntes Verhalten. Denn Uneigennützigkeit liegt uns quasi im Blut: Sie wird vom Hormonspiegel beeinflusst und durch das weibliche Hormon Östrogen mitbestimmt. Die Liebe allein macht uns also nicht selbstlos. Aber wer liebt, kann seine Selbstlosigkeit schneller und stärker mobilisieren. Auch unsere Gene spielen eine Rolle: Wenn ein Vater sein Kind rettet, dabei selbst aber ums Leben kommt, so hat er zumindest 50 Prozent seiner Gene eine bessere Überlebenschance gesichert. Altruismus als evolutionäre Strategie.

Selbstaufopferung schafft Bindung

Auch Mutter Teresa, die Ikone der Uneigennützigkeit, agierte nicht so selbstlos, wie wir denken. Sie kümmerte sich aufopferungsvoll um die Ärmsten der Armen und bekam dafür immerhin weltweite Aufmerksamkeit. So konnte sie sich in dem schönen Gefühl wiegen, Gutes zu tun. Tatsächlich ist Aufmerksamkeit die Triebfeder für selbstloses Verhalten. Das funktioniert auch in der Liebe: "Wenn wir unserem Gegenüber zeigen, dass wir fähig und willens sind, selbstlos zu sein, sieht es in uns einen zuverlässigen Partner und ein vertrauenswürdigen Elternteil", so Fischbach. "Nach außen scheint es aber auf den ersten Blick so, als seien wir bereit, unsere eigenen Bedürfnisse denen des Partners unterzuordnen."Durch unsere vermeintliche Selbstaufopferung binden wir den Partner an uns, unterstreichen die Zweisamkeit und die Ernsthaftigkeit unseres Beziehungswunsches.

Die Bilanz von Geben und Nehmen muss stimmen

Als oberster Liebesbeweis gilt der Verzicht: Da wird dem Partner das größere Stück Fleisch zugestanden oder der Cluburlaub am Strand gebucht, obwohl wir viel lieber in den Bergen wandern würden. Und das zahlt sich auf lange Sicht aus. Besonders zu Beginn einer Liebesbeziehung finden selbstlose Handlungsweisen viel häufiger statt als nach einigen Jahren. Wer gibt, der will etwas dafür haben. In welcher Form auch immer. Bei Liebenden ist das Vertrauen, Verbindlichkeit, Zuwendung. Selbstlosigkeit ist eine Investition, um die eigene Stellung auch in der Liebe zu verbessern. Die Fähigkeit zur Selbstlosigkeit ist allerdings von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt. Und so kann es zu einem Ungleichgewicht kommen, das irgendwann zum Problem wird. "Beziehungen haben meist eine andere Zeitrechnung, wenn es um die Balancierung von Geben und Nehmen geht", sagt die Psychologin. "Dieses Konto muss nicht unbedingt sofort ausgeglichen werden. Phasen stärkerer Fürsorge werden durch andere Phasen abgelöst." Mal gibt der eine, mal der andere. Krisen, wie eine schwere Krankheit beispielsweise, erfordern oft die aufopferungsvolle Haltung eines der Partner. Steht er uns dann zur Seite, festigt und stärkt das unsere Liebe zu ihm.

Die Gefahr ausgenutzt zu werden

Was aber, wenn das nicht funktioniert und das Gleichgewicht kippt? Lisa Fischbach: "Schwierig wird es, wenn sich ein Partner gegen seine Bedürfnisse nur anpasst, weil er glaubt, dass er ansonsten nicht geliebt wird." Bedenklich: Schnell rutschen wir in eine Art Abhängigkeitsverhältnis, das dem Partner ermöglicht, uns leicht auszunutzen.

Liebe ist keine einseitige Angelegenheit

Doch ausgenutzt wird niemand gern. Leider erkennen wir das oft erst dann, wenn das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen schon länger nicht mehr stimmt. Das Problem: Allzu oft verharren wir trotzdem in dieser Position, weil wir hoffen, dass es sich in der Zukunft ausgleichen würde. Eine Spirale, die häufig in Enttäuschungen endet. "Wenn ich mir mehr Fürsorge wünsche, führt leises Warten selten ans Ziel", mahnt Lisa Fischbach. "Sprechen Sie Ihre Wünsche deutlich aus. Dann werden Möglichkeiten und auch Grenzen einer Partnerschaft deutlich." So eine Beziehungsbilanz kann natürlich ziemlich ernüchternd sein und endet nicht selten in einer Trennung. Das Spiel zwischen Geben und Nehmen ist beweglich und veränderlich. Umso wichtiger ist es deshalb, es immer ein wenig im Auge zu behalten, um nicht in die Negativbilanz zu rutschen. Letztlich gibt es kein Richtig oder Falsch, wie viel oder wenig jeder Partner in der Liebe geben sollte. Entscheidend ist das eigene Barometer. Das heißt im Klartext: Geben Sie soviel, wie Sie bereit sind zu geben. Und beobachten Sie die Balance in der Beziehung. Die Liebe ist der Tausch von Gefühlen und keineswegs eine einseitige Angelegenheit, die schlimmstenfalls sogar in eine Art Abhängigkeit führt.

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