Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Süß, flauschig und Raubtierfutter Was mit Zootieren passiert, wenn sie sich zu schnell vermehren
Tierbabys sind ein großer Publikumsmagnet. Doch wohin damit, wenn es immer voller wird im Gehege? Was mit den Tieren passiert, wenn sie sich zu stark vermehren und wie Besucher nicht mehr gewollte Haustiere im Zoo loswerden.
Fortpflanzung steuern
Da der Platz in den Gehegen begrenzt ist und zusätzliche Tiere Geld kosten, müssen die Zoos und Tierparks die Fortpflanzung steuern oder Nachwuchs loswerden. Die Methoden stoßen mitunter auf Kritik.
"Man hält entweder die Tiere getrennt, man unterdrückt hormonell, man kastriert – das wird alles gemacht", sagt Thomas Kauffels, Direktor des Opel-Zoos in Kronberg und Vorsitzender des Europäischen Zooverbandes. Auch im nordhessischen Tierpark Sababurg kommen bei der Geburtenkontrolle unterschiedliche Methoden zum Einsatz: "Der Luchskater hat ein Hormonimplantat, der Hängebauchschwein-Eber ist kastriert, bei den Wölfen sind nur noch Rüden", sagt Harald Kühlborn, Sprecher des Landkreises Kassel, dem der Tierpark gehört.
Kastration bei zu viel Nachwuchs
In Frankfurt wiederum leben zwar unter den Windhunden drei Brüder zusammen, doch in der Regel werde den Tieren ermöglicht, ihr "ganzes Verhaltensspektrum auszuleben", wie der Zoodirektor und Naturschützer Manfred Niekisch sagt. "Und dazu gehört Balz, Paarung, Geburt, Jungenaufzucht." Nachwuchs sei in der Regel gut vermittelbar, Tierparks und Zoos seien gut vernetzt. "Die Jungtiere würden ja auch in der Natur die Herde verlassen, spätestens, wenn sie geschlechtsreif werden."
Wenn eine Zucht zu erfolgreich wird, kann es aber doch Probleme geben: "Irgendwann waren die überschwemmt mit Frankfurter Giraffen", nennt Niekisch ein Beispiel. Deswegen sei schließlich die Kastration des Giraffen-Stammvaters beschlossen worden.
Nachwuchs als Raubtierfutter
"Pferde, Schafe, Ziegen werden gerne auch an private Käufer abgegeben", erklärt Kühlborn. Wildtiere wie Dam- und Rotwild würden getötet und ihr Fleisch zum Verkauf angeboten. Ein Teil des überzähligen Nachwuchses wird zudem als Futter für andere Tiere verwendet. Der Tierpark Sababurg verfüttere ebenso wie andere Wildparks bestimmte Tiere an Beutegreifer. Fleischfresser wie Wölfe, Luchse und Vielfraße könnten nicht vegetarisch ernährt werden. Auch Kauffels betont: "Wir können Hyänen nicht auf Rucola und Salat mit Parmesan umstellen. Das sind Raubtiere. Die brauchen Fleisch."
"Rechtlich ist das völlig unstrittig, es handelt sich eher um ein schwieriges ethisches Problem", sagt Hans-Jürgen Kost-Stenger vom Landestierschutzverband Hessen in Frankfurt. Das Tierschutzgesetz erlaubt die Tötung eines Tieres mit vernünftigem Grund. Und was in Zoos und Tierparks geschehe, sei nicht schlimmer als der Alltag in Mastbetrieben.
Auch Haustiere werden verfüttert
So mancher Besucher entsorgt Kauffels zufolge auch das eine oder andere Haustier im Zoo. "Wir haben immer wieder Anfragen, ob die Leute bei uns Kaninchen und Meerschweinchen abgeben können. Dann sagen wir, ja, wir nehmen die an, aber bei uns sind sie Futtertiere", sagt er. "Und dann kriegen wir sie trotzdem." Kaninchen seien nun mal "auch im Freiland am unteren Ende der Futterkette".
Die Tierrechtsorganisation Peta beurteilt die Lage drastisch: "Tötungen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel", sagt Yvonne Würz, Fachreferentin für Zoo und Zirkus. 30 bis 60 gesunde Tiere töte ein großer Zoo pro Jahr. Die Einrichtungen produzierten niedlichen Tiernachwuchs, um Besucher anzulocken. "Sobald Tiere aus der Babyphase herausgewachsen sind, muss der Zoo sie loswerden", sagt Würz. Dabei komme es auch zur Abgabe an dubiose Tierhändler. Peta fordert mehr Geburtenkontrolle in Zoos und Tierparks.
Für den Frankfurter Zoodirektor Niekisch ist Familienplanung Teil des Zoo-Managements: "Jeder Zoo sollte eigentlich eine vernünftige Planung haben, was den Nachwuchs angeht", betont er. Dann gebe es am Ende auch nicht die Frage: "Was machen wir denn jetzt mit dem Tier?"