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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gewalt gegen Frauen Ein Handzeichen sollte jeder kennen
Es ist nur eine kleine, scheinbar unauffällige Geste, doch sie kann Menschenleben retten. Denn nur wenige Frauen und Männer haben die Möglichkeit und den Mut, nach Hilfe zu rufen.
Knapp jede dritte Frau in Deutschland ist schon einmal Opfer psychischer und oder sexueller Gewalt geworden. Nicht selten auch durch ihren Partner. Häufig trauen sich die Betroffenen jedoch nicht, andere um Hilfe zu bitten. Teilweise können sie das auch gar nicht. Offen und unbefangen zu reden – sei es mit einer Freundin, einem Familienmitglied oder bei einer Anlaufstelle für häusliche Gewalt – ist für viele Betroffene schlichtweg kaum möglich. Nicht einmal per Telefon. Denn in vielen Fällen kontrolliert der gewalttätige Partner jeden Schritt seines Opfers und lässt ihm kaum oder keine Privatsphäre.
Die kanadische Stiftung für Frauen (Canadian Women's Foundation) hat eine Handbewegung initiiert, mithilfe derer Opfer häuslicher Gewalt in Videocalls stillschweigend zeigen können, dass sie Hilfe benötigen und sich jemand bei ihnen melden soll.
Zwar ist die Einhandgeste vorwiegend für den Schutz von Frauen bei häuslicher Gewalt ins Leben gerufen worden. Da laut der Kriminalstatistischen Auswertung zur Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes jedoch knapp 19 Prozent der Männer ebenfalls hierunter leiden, kann die Bewegung auch von ihnen genutzt werden.
Handzeichen bei Gewalt
Heben Sie Ihre Hand senkrecht, sodass Ihr Gegenüber Ihre Handfläche sehen kann.
Knicken Sie Ihren Daumen ein. Er liegt nun in der Handinnenfläche.
Legen Sie die restlichen Finger der Hand langsam über den Daumen, sodass eine Faust entsteht.
Was sollten Sie tun, wenn Sie das Zeichen sehen?
Sollte Ihr Gesprächspartner im Videocall diese Handbewegung machen, ist es wichtig, sowohl umgehend als auch bedacht zu handeln, um sie oder ihn nicht weiter oder noch mehr zu gefährden.
Die Stiftung rät dazu, den Betroffenen kurze Fragen zu stellen, die leicht mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können. Dadurch könne das Risiko reduziert werden, falls eine weitere Person mithört, heißt es. Wichtig ist hierbei allerdings, dass das Opfer Kopfhörer trägt, damit andere die gestellten Fragen nicht mithören können. Vorgeschlagen werden unter anderem die Fragen:
- "Soll ich den Notruf für dich rufen?"
- "Soll ich in deinem Namen jemanden von der Schutzstelle anrufen?"
- "Soll ich jemanden anrufen, der dir helfen und dich zurückrufen kann?"
Wichtig ist auch, so die Stiftung, andere Kommunikationsmittel wie zum Beispiel SMS, WhatsApp oder Social-Media-Messenger zu verwenden, die sicher sind und ein Mithören oder Mitlesen nicht ermöglichen. Hierbei ist allerdings wichtig, dass der Täter keinen Zugang zu den Accounts des Opfers hat, um den Schutz zu gewähren. Auf diesen Wegen können dann weitere Fragen wie
- "Wie geht es dir?"
- "Wie kann ich dir helfen?"
- "Wie kann ich dich unterstützen?"
- "Soll ich mich regelmäßig bei dir melden?"
gestellt werden.
Anlaufstellen für Männer und Frauen
Hilfesuchende Frauen können sich anonym an die Stelle "Gewalt gegen Frauen" wenden. Sie ist täglich unter der Rufnummer 08000 116 016 zu jeder Uhrzeit kostenlos erreichbar. Auch Dolmetscherinnen sind bei der Beratungsstelle tätig.
Für Männer, die beispielsweise von häuslicher und sexualisierter Gewalt bedroht sind, ist ebenfalls eine Hilfsstelle eingerichtet. Sie ist unter der Rufnummer 0800 123 99 00 erreichbar.
- Canadian Women's Foundation
- Kriminalstatistische Auswertung zur Partnerschaftsgewalt des Bundeskriminalamtes
- Eigene Recherche