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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vaterschaftstest Mit ein bisschen Spucke ist es nicht mehr getan
Er kam unauffällig mit der Post in einem kleinen Pappschächtelchen und genauso unauffällig wurde er auch wieder zurückgeschickt ins Labor: der Vaterschaftstest. Ein paar sterile Wattestäbchen entschieden jahrelang über ganze Schicksale. Und wurden dabei nicht selten manipuliert. Den heimlichen Vaterschaftstests schiebt das Gendiagnostikgesetz inzwischen einen Riegel vor. Ganz neu dabei: Labore, die Abstammungsuntersuchungen durchführen, müssen seit Februar 2011 zertifiziert sein.
Man hat zwei Jahre Zeit, um eine Vaterschaft anzufechten
Wird ein Kind während einer Ehe geboren, so gilt der Ehemann der Mutter als Vater - automatisch. Vermutet oder weiß er, dass er nicht der Vater dieses Kindes sein kann, so bleiben ihm von da ab zwei Jahre, um die Vaterschaft anzufechten. Er kann zwar auch danach noch ein Klärungsverfahren anstreben, um sicher zu wissen, wer der biologische Vater ist, rechtliche Konsequenzen allerdings wird das nicht mehr haben. Er bleibt der offizielle Papa.
Vaterschaftstest: Mit modernen Methoden der DNA auf der Spur
Heutzutage genügen schon die kleinsten Mengen DNA-haltiger Körpersubstanz, um sich mit einer genetischen Abstammungsuntersuchung Klarheit zu verschaffen. Blut ist dafür nicht unbedingt nötig, ein bisschen Speichel oder ein paar Haare mit Wurzeln tun es theoretisch auch. Selbst ein Schnuller genügt bereits. Bis vor einiger Zeit war es also kein Problem, heimlich einen Vaterschaftstest durchzuführen. Doch damit ist seit Februar 2010 definitiv Schluss. Seitdem gibt es in Deutschland das sogenannte Gendiagnostikgesetz, das besagt, dass das Untersuchen genetischer Proben der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung bedarf. Personen, deren Genmaterial untersucht werden soll, müssen also über die Untersuchung aufgeklärt werden - über ihren Zweck, ihre Art, ihren Umfang und ihre Aussagekraft. Und darüber, dass sie ein Recht auf Nichtwissen haben. All dem müssen sie zustimmen.
Heimliche Vaterschaftstest waren vor Gericht noch nie gern gesehen
Schon vorher aber waren die Gerichte streng. Ließen Väter heimlich ohne Wissen und Einverständnis des Kindes oder der Mutter einen Test durchführen, dann verletzten sie damit nämlich Persönlichkeitsrechte. Die wahre Problematik lag allerdings bis vor Kurzem ganz woanders, erklärt Matthias Muche von der Deutschen Gesellschaft für Abstammungsbegutachtung: "Früher konnte ein Vater die Vaterschaft nur anfechten. Jetzt hat er die Möglichkeit, sie klären zu lassen. Er kann also feststellen, dass er nicht der biologische Vater ist, dieser rechtlich aber bleiben." Denn nicht selten ist die Bindung zum Kind bereits so groß, dass der Mann auch bei einem negativen Testergebnis der Vater bleiben möchte.
Welche Folgen hat das Gesetz für die Kinder?
Viele Väter, die befürchten oder auch hoffen, gar keine zu sein, sind trotzdem verzweifelt angesichts des Gendiagnostikgesetzes. Denn wenn mit den heimlichen Tests Schluss ist, die Mutter aber keinen Test machen möchte, dann müssen diese Männer einen Vaterschaftstest vor Gericht einklagen. Verbunden nicht nur mit einem Riesenaufwand, sondern vor allem mit einem unsäglichen familiären Stress, den auch die Kinder massiv abbekommen und der möglicherweise aus einem Zweifel einen nicht mehr zu kittenden Riss in eine Beziehung bringen kann. "Es ist ein sehr kritisches Thema. Nicht in jeder betroffenen Partnerschaft wird der richtige Umgang damit gefunden. Doch das Gendiagnostikgesetz bietet Sicherheit und damit auch die Möglichkeit, mit den Folgen, die das Ergebnis hat, besser umgehen zu können."
Testergebnisse können nicht mehr manipuliert werden
"Und", so führt der Sachverständige weiter aus, "es schützt die Beteiligten zum Beispiel vor dem Aspekt der Rache. Denn nicht selten wurden in den letzten Jahren Testergebnisse bewusst verfälscht. So mancher Mann ist in Versuchung geraten, das Ergebnis zu manipulieren." War ja auch kein Problem, denn eine Kontrollinstanz gab es erst mal nicht. Aus ihrer seelischen Not heraus wenden sich heute manche an Labore, die versuchen, im Ausland die deutschen Vorschriften zu umgehen. Hier allerdings ist Vorsicht geboten. Personen, die einen Vaterschaftstest ohne das Einverständnis des beziehungsweise der Sorgeberechtigten durchführen lassen, riskieren Strafen von mehreren 1000 Euro.
Nicht jeder Vaterschaftstest hat vor Gericht Gültigkeit
Die entsprechenden Firmen, die Vaterschaftstests anbieten, haben in der Regel auch einen Test im Programm, der nach den Vorgaben des Gendiagnostikgesetzes und den Richtlinien der Bundesärztekammer erstellt wird und somit den Anforderungen vor Gericht entspricht - für entsprechend mehr Geld versteht sich. "Automatisch hat man doch Zweifel an einem Test, der vor Gericht nicht verwendet werden kann. Schließlich ist dann ja nicht auszuschließen, dass bei den Untersuchungsmethoden Abkürzungen genommen werden, die möglicherweise auch das Ergebnis verfälschen können."
Der Test wird bei einem Arzt oder Sachverständigen durchgeführt
Untersucht werden wenigstens zwölf der heute im Rahmen eines genetischen Fingerabdrucks üblichen "Marker". Dieser Mindestumfang ist vorgeschrieben. Durchgeführt werden dürfen die Tests nur von Ärzten beziehungsweise nichtärztlichen Sachverständigen, wenn diese auf dem Gebiet der Abstammungsuntersuchung erfahren sind und eine abgeschlossene naturwissenschaftliche Hochschulausbildung vorweisen können. "Es ist immer ein bisschen die Frage, wie man das Gesetz auslegt", so Matthias Muche, der selbst beim Institut für Blutgruppenserologie und Genetik tätig ist. "Ein korrekter Test aber läuft so ab, dass die Testpersonen ihn gar nicht in die Hände bekommen. Er wird direkt an den Arzt geschickt oder die Untersuchung bei einem entsprechenden Sachverständigen durchgeführt. So wird ein Verfälschen der Testergebnisse von vornherein ausgeschlossen. Blut ist dafür übrigens nicht unbedingt nötig, ein Mundschleimhautabstrich ist ebenso aussagekräftig."
Vaterschaftstest: Auf Zertifizierung achten
Die Kosten für einen Vaterschaftstest variieren erheblich. Mehrere 100 Euro sind es aber immer. Um sicher zu gehen, dass man es mit einem seriösen Unternehmen zu tun hat, achtet man am besten auf die seit dem Februar 2011 vorgeschriebene Akkreditierung der Deutschen Akkreditierungsstelle für Forensische Genetik, die garantiert, dass die Arbeitsabläufe des Labors von einer dritten, unabhängigen Stelle begutachtet werden. Manche Labore haben diese Zertifizierung schon seit Längerem, was ihren Kunden eine gewisse Sicherheit gibt. Denn eine Verwechslung von Proben oder eine falsche Analysemethode könnte schließlich schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.
Auch Mutterschaftstests werden durchgeführt
Es ist nicht unbedingt notwendig, dass auch die Mutter mit untersucht wird. Aber es macht vor allem dann Sinn, wenn die in Betracht kommenden Väter miteinander verwandt sind. Denn durch die Kenntnis der mütterlichen Erbmerkmale kann die Aussagekraft eines Abstammungsgutachtens deutlich erhöht werden. Bei einem Vergleich von Mutter und Kind kann man nämlich genau feststellen, welche Eigenschaften der Vater vererbt haben muss.
Ein Vaterschaftstest ist übrigens nur eine der möglichen Varianten. Seinen Namen hat er einfach daher, dass meistens vermeintliche Väter zweifeln und nach der Wahrheit suchen. Bei befürchteten Verwechslungen zum Beispiel in der Geburtsklinik kann man aber auch einen Mutterschaftstest durchführen lassen, genauso Zwillingstests und die Abklärung entfernterer Verwandtschaftsverhältnisse wie zum Beispiel die von Halbgeschwistern.