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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trend im Einzelhandel Achtung: Diese Nachteile haben Minipackungen
Weniger ist mehr? Mit abgepackten Lebensmitteln in immer kleineren Mengen wollen Supermärkte und Discounter neuen Verzehrgewohnheiten der Verbraucher Rechnung tragen. Doch der Trend dürfte die Preise treiben – und ist nicht gerade umweltfreundlich.
Cola in der 0,15-Liter Dose, Nutella im Miniglas und Lachs in der 50-Gramm-Packung: Immer häufiger stoßen Verbraucher in den deutschen Supermärkten auf Lebensmittel in ungewohnt kleinen Portionen. Für Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung ist das allerdings nicht verwunderlich: "Es gibt einen Trend zur Kleinpackung", beobachtet der Handelsexperte.
Darum sind Minipackungen im Trend
Einer der Vorreiter des Trends ist der US-Getränkeriese Coca-Cola. Er bringt im April nach etlichen regionalen Testläufen bundesweit neben der klassischen Getränkedose mit 330 Millilitern Cola eine neue Minidose auf den Markt – mit gerade einmal 150 Millilitern Brause. Ab Juni soll es auch Fanta in der Minipackung geben. "Aus Marktanalysen wissen wir, dass insbesondere der Wunsch der Verbraucher nach kleineren Verpackungen zunimmt", betont ein Unternehmenssprecher.
"Die Menschen sind mobiler geworden, sie konsumieren mehr unterwegs und die Haushalte werden kleiner. Manche achten zudem verstärkt auf Zucker und Kalorien", heißt es beim Getränkeriesen. All das befeuere das Interesse an kleineren Packungsgrößen.
Klassische Packungsgrößen oft überdimensioniert
Tatsächlich gilt der Minitrend nicht nur für Limonade. Auch süßer Brotaufstrich wie Nuss-Nougat-Creme landet bei den Deutschen immer öfter in kleineren Verpackungen als den klassischen 250-Gramm-Gläsern im Einkaufswagen. "Wir beobachten aktuell ein starkes Wachstum der kleineren Verpackungsgrößen, wenn auch noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau", berichtet Nina Gemko, Expertin für Konsumententrends bei Nielsen in diesem Bereich. Gerade kleinere, höherpreisige Gebinde entwickelten sich sehr positiv.
Der Siegeszug der Minipackungen werde gleich von mehreren aktuellen Trends beflügelt, meint der Branchenkenner Adlwarth. Ein Grund dafür sei die wachsende Zahl von Singlehaushalten und von Senioren, für die die klassischen Packungsgrößen oft überdimensioniert seien. Ein anderer Wachstumstreiber sei der Trend zum Außer-Haus-Verzehr. Wer mittags einen Kleinigkeit zwischendurch essen wolle, sei mit einer Portionspackung einfach besser bedient.
Nachteile der Minipackungen
Auch für den Handel und die Hersteller seien die neuen Formate interessant, betont Adlwarth. Denn sie versprächen häufig höhere Gewinnspannen. Tatsache ist: Wer Kaffee in Kapseln kauft, zahlt für das Kilogramm Bohnen ein Mehrfaches des Preises von "normalem" Filterkaffee. Auch wer Cola in der neuen Minidose kauft, muss damit rechnen, deutlich mehr pro Liter zu zahlen, als beim Kauf eines größeren Gebindes.
Doch ist das nicht der einzige Nachteil der Minipackungen. Auch der Berg an Verpackungsmüll wächst und wächst. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes türmte er sich im Jahr 2015 auf die Rekordmenge von 18,15 Millionen Tonnen. 8,5 Millionen davon entfielen auf die privaten Verbraucher – das waren 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr und sogar gut 15 Prozent mehr als 2009, wie Verpackungsexperte Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt sagt. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Gesetzliche Möglichkeiten, diese Flut einzudämmen, sieht Kotschik aber vorerst nicht. Vielmehr seien auch die Verbraucher gefragt, beim Einkauf überflüssige Verpackungen zu vermeiden.
Versteckte Preiserhöhungen
Fest steht, dass viele Kunden von vorportionierten Salaten, Gemüse in Kunststoffschalen und voluminösen Wurstpackungen aus Plastik mit wenig Inhalt genervt sind. Das ergab kürzlich auch eine Umfrage der Verbraucherzentrale Hamburg, bei der sich viele Menschen über unnötige Verpackungen und versteckte Preiserhöhungen durch schrumpfende Füllmengen beschweren. Gegensteuern lasse sich aber mit einigen einfachen Tipps, sagt Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale: Mit dem eigenen Stoffbeutel ins Geschäft gehen und möglichst zu regionalen und losen Lebensmitteln oder Produkten in Mehrwegbehältern greifen, rät der Umweltexperte.
Bestes Vorbild ist für Jorde der Wochenmarkt: Auch dort haben es die Kunden selbst in der Hand, Obst, Gemüse und andere Produkte lose und in genau der Menge zu kaufen, die sie brauchen und sich in mitgebrachte Taschen und Körbe füllen zu lassen – ganz ohne weitere aufwendige Verpackung.
- dpa