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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Skurriler Gerichtsprozess Ritter Sport siegt im Kampf um das Quadrat
Der Bundesgerichtshof gibt Ritter Sport im Markenstreit Recht. Das Schokoladenunternehmen darf seine quadratische Form als Marke schützen lassen. In einem ähnlichen Fall kämpften die Sparkassen vor einem Jahr um ihr Rot – und gewannen ebenso.
"Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Sportjacketttasche passt, ohne dass sie bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel", sagte 1932 Clara Ritter, die mit ihrem Mann Ritter Sport gründete. Es war der unternehmenseigenen Geschichtsschreibung zufolge die Geburtsstunde des Schokoladenquadrats.
85 Jahre später spielt die Idee wieder eine Rolle – in einem Markenstreit, über den heute der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelte. Dabei hoben die Karlsruher Richter Entscheidungen des Bundespatentgerichts auf, das die Löschung von Markenrechten der Süßwarenhersteller angeordnet beziehungsweise bestätigt hatte. (Az.: I ZB 105/16 u.a.)
BGH war von Begründung der Konkurrenten nicht überzeugt
Ritter-Sport-Konkurrenten waren gegen diese Eintragungen im Markenregister vorgegangen und hatten vom Bundespatentgericht Recht bekommen. Der BGH war mit der Begründung dafür aber nicht zufrieden.
Zwar schließe das Gesetz einen Markenschutz aus, wenn die Form durch die "Art der Ware" vorgegeben werde oder erforderlich sei, um eine "technische Wirkung" zu erreichen. Die Karlsruher Richter waren aber nicht davon überzeugt, dass im Fall der Schokoladenverpackung und der Traubenzuckertafeln diese Voraussetzungen vorlagen.
Das Bundespatentgericht muss nun klären, ob andere Gründe vorliegen, die einen Markenschutz ausschließen könnten.
Die Geburtsstunde des Schokoladenquadrats
In den 1960er-Jahren strich der Schokoladenhersteller einst sein Sortiment zusammen. Übrig blieb das Quadrat, dessen Verpackung sich das Unternehmen als dreidimensionale Marke schützen ließ. Das bedeutet, dass niemand anderes Schokolade in dieser Form verpackt anbieten darf. Die Konkurrenz ging dagegen nun juristisch vor.
"Unternehmen versuchen, sich bestmöglich davor zu schützen, dass die Konkurrenz ihr Produkt nachmachen kann", sagt Alexander Dröge vom Markenverband. Der Kunde soll nicht abwandern. Alles, woran sich der Verbraucher gewöhnt habe, werde mit Kräften verteidigt.
Allerdings ist eine Eintragung nach dem Markengesetz nur möglich, wenn die Form geeignet ist, die Produkte eines Unternehmens von denjenigen der Konkurrenz zu unterscheiden. Nicht geschützt werden können Formen, die durch die "Art der Ware" bedingt sind oder die nötig sind, um eine "technische Wirkung" zu erreichen.
Bundespatentamt: Form keine Marke
Genau hieran scheitert aus Sicht der Bundespatentrichter der Markenschutz für die Ritter-Sport-Verpackung. Die Form werde durch die Art der Ware "Tafelschokolade" bestimmt und könne damit nicht als Marke eingetragen werden. Zur Begründung halten es die Richter mit Clara Ritter. Ein Quadrat passe besser in eine Jackentasche als eine rechteckig-längliche Tafel. Die Verpackung ist demnach quadratisch, weil das bei Schokolade eben "praktisch" ist – um es mit den Worten der Werbetexter des schwäbischen Unternehmens zu sagen.
Unternehmenssprecher Thomas Seeger hält dieses "historische" Argument für "völligen Quatsch". "Versuchen Sie mal, unsere 250-Gramm-Tafel in die Hosentasche zu stecken." Außerdem gebe es ganz verschieden geschnittene Taschen.
Hätte eine Niederlage vor dem Bundesgerichtshof das Aus für das Ritter-Sport-Monopol auf das Quadrat bedeutet? "Wäre schon schade gewesen", sagt Seeger, "aber kein Weltuntergang." Er hätte nicht erwartet, dass die Konkurrenz dann komplett auf quadratische Tafeln umstellt. Außerdem: "Die Leute werden bei quadratischer Schokolade weiter an Ritter Sport denken und sonst an niemanden." Diese Worst-Case-Szenarien sind nun nicht wahr geworden.
Banken-Rot: Sparkassen gewannen Rechtsstreit
In einem ähnlichen Fall kämpften die Sparkassen sieben Jahre um die Verwendung der Farbe Rot. Am Ende triumphierten die deutschen Geldinstitute. Und die spanische Bank Santander, die einen ähnlichen Rotton wie die Sparkassen verwendet, darf die Farbe nicht mehr so stark nutzen wie bisher.