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"Pet Nat": Sprudelnder Wein statt Champagner


Neuer Trend aus der Flasche
"Pet Nat": Sprudelnder Wein statt Champagner

Der neue Wein-Hype prickelt und perlt. Aber es ist kein Sekt. "Pet Nat" erobert seit einiger Zeit auch in Deutschland die Bars und Restaurants. Der deutsche "Pet Nat"-Pionier Jürgen Brand erklärt, worauf es ankommt und warum der Wein so anders schmeckt.

30.05.2017|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Uwe Kauss
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Was ist "Pet Nat"?

Er ist ziemlich trüb und prickelt, trägt manchmal eine eigenwillige Farbe – und schmeckt anders als Sekt und Champagner. "Pet Nat" ist die einprägsame Abkürzung für das französische "Pétillant Naturel". Das bedeutet: "Natürlich prickelnd" und ist zugleich ein Statement.

"Pet Nats" werden weltweit nur mit solchen Kronkorken verschlossen. In Deutschland dagegen schreibt die Weinkontrolle den Sektkorken vor.Vergrößern des Bildes
"Pet Nats" werden weltweit nur mit solchen Kronkorken verschlossen. In Deutschland dagegen schreibt die Weinkontrolle den Sektkorken vor (Quelle: © Deutsches Weininstitut)

Wie entsteht "Pet Nat"?

Ein "Pet Nat" ist ein sehr junger Wein aus Bioanbau, der erst in der Flasche zu Ende gärt, die dabei entstehende Kohlensäure aufnimmt und so Druck aufbaut. Damit entsteht der Champagner-Effekt: Im Glas sprudelt und prickelt es. Diese uralte Methode kommt aus Frankreich und heißt dort "méthode ancestrale".

"Bei der Champagner-Produktion, der 'méthode champenoise', wird im Gegensatz fertiger Grundwein in die Flasche gefüllt und eine bestimmte Menge Zucker sowie Hefe zugegeben, damit feine Kohlensäure entsteht." Mit der 'méthode ancestrale' benötige der Wein keinerlei Zugaben, die Kohlensäure entstehe völlig natürlich, erklärt Jürgen Brand vom Weingut Brand in Bockenheim (Pfalz) den Unterschied.

Die meisten "Pet Nat"-Produzenten seien Natur- und Bioweingüter, die mit der Rückbesinnung auf uralte Weinbautechniken völlig neue Wege gehen: "Unser 'Pet Nat' kommt hefetrüb, ungefiltert, ohne Schwefel und sonstige Schönungen in die Flasche. Wir lassen ihn ohne Reinzuchthefe in gebrauchten Holzfässern spontan gären. Es kommt uns ausschließlich auf die höchste Qualität der Trauben an", erklärt Brand.

"Wir wussten nicht, was da rauskommt"

Seine Söhne Jonas und Daniel übernahmen vor wenigen Jahren in fünfter Generation die Regie im Pfälzer Bio-Weingut mit 18 Hektar Weinbergen und produzierten mit dem Jahrgang 2015 den ersten "Pet Nat" in Deutschland. Entdeckt hatten sie die neue Weinkategorie beim Kosten von Naturschaumweinen aus Italien, Frankreich und Österreich. "Die beiden hatten die Naturweinmesse 'Raw' in Berlin besucht, und dort kosteten sie 'Pet Nats' des renommierten österreichischen Erzeugers Alwin Jurtschitsch, der mit dem Label 'Fuchs und Hase' für mächtig Furore sorgt. Da war ihnen klar: Das müssen wir auch machen“, erzählt Brand.

Als er die Verantwortung im Betrieb trug, habe er über viele Jahre Sekt mit hohem Anspruch produziert. "Daher konnte ich ein bisschen handwerkliches Wissen aus der Sektbereitung beisteuern. Das hat uns zum Start geholfen. Aber wir wussten alle nicht, was da am Ende rauskommt", erinnert er sich.

Die drei entschieden, den ersten "Pet Nat" als Cuvée aus den Rebsorten Silvaner und Weißburgunder zu produzieren. "Beide haben eine moderate Säure. Sie prägen Eleganz und feine Zitrusnoten, aber keine zu vordergründigen Aromen aus", begründet der Winzer die Auswahl. Andere Betriebe verwenden dafür auch die Rebsorten Grüner Veltliner, Chenin Blanc, Sauvignon Blanc oder Muskateller sowie rote Sorten wie Lemberger (Blaufränkisch) oder St. Laurent.

Gesunde Trauben sind die wichtigste Voraussetzung

Am wichtigsten war den Pfälzer Pionieren aber die Qualität ihrer Trauben. "Bei dieser direkten, puren Methode können dir ein paar faule Beeren die Aromen versauen. Deswegen müssen wir sie bei der Ernte extrem penibel von Hand selektieren“, betont Jürgen Brand. Den gepressten Most füllen sie in gebrauchte Holzfässer, die keine Aromen mehr an den Wein abgeben.

Die Gärung ließen sie computergesteuert bei 20 Grad ohne jeden Luftzug ablaufen. Zuvor rechneten sie sich aus, wann der halbfertig gegorene Wein in die Flasche gefüllt werden muss: "Aus dem Restzucker entstehen durch die Gärung Alkohol und Kohlensäure. Füllen wir zu früh, würde sie zu viel Druck aufbauen und die Flaschen explodieren lassen. Füllen wir zu spät, blubbert's nur noch ein bisschen. Wenn es Zeit ist, muss es losgehen – auch, wenn es nachts um drei ist."

Den Wein wollten sie in der Flasche durchgären lassen, um anders als Winzersekt und Champagner komplett ohne Restzucker auszukommen. Mit 10,5 bis elf Prozent Alkohol sollte er zudem leicht und verträglich werden und seine zarten Aromen entfalten können. Es klappte. Der erste Jahrgang erhielt hervorragende Bewertungen bei Kollegen und Fachjournalisten, die 1000 produzierten Flaschen waren schnell ausverkauft. Inzwischen ist daraus für das Weingut ein Exportgeschäft entstanden: "Wir haben nun Abnehmer in Kanada, USA, England, Finnland und Dänemark", erzählt Jürgen Brand.

Weinstein wird mit dem Rüttelpult entfernt

Mit dem zweiten, nun aktuellen Jahrgang 2016 brachten sie 8000 Flaschen eines weißen und eines Rosé-"Pet Nats" an den Start, die 14,90 Euro pro Flasche ab Hof kosten. Dabei verbesserten Jonas und Daniel Brand die Produktion mit ihren Erfahrungen und dem Sektwissen des Vaters. Inzwischen bewegen sie jede Flasche eine Woche lang in traditionellen Rüttelpulten, um den entstehenden Hefesatz sowie den Weinstein entfernen zu können.

"Die Weinsteinkristalle bilden Kondensationspunkte, mit denen eine Flasche in zehn Minuten leer sprudelt. Das wäre doch schade", erklärt Jürgen Brand. Inzwischen habe der renommierte Weinführer Gault Millau die Brands mit einer Verkostungseinladung zu den besten "Pet Nat"-Erzeugern der Welt gezählt, fügt er voller Stolz hinzu.

Obwohl es "Pet Nats" bereits seit etwa Mitte der 90er Jahre gibt, sind sie erst vor wenigen Jahren einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden. Der inzwischen verstorbene Biowinzer Christian Chaussard von der französischen Weinregion Loire prägte 1999 die Abkürzung, die nun rund um die Welt funktioniert. Der Begriff setzte sich schnell in der Szene seines Anbaugebiets durch und gelangte bald darauf ins Languedoc in Südfrankreich, nach Norditalien, Australien, Neuseeland und Österreich. Und nun auch nach Deutschland. Inzwischen haben ihn hier über ein dutzend Betriebe im Programm.

Sektverschluss statt Kronkorken

Doch einen klaren Stil gibt es noch nicht: Viele internationale "Pet Nats" enthalten viel oder keinen Restzucker, ihre Farben können hell bis kräftig orange ausfallen. Aromatisch sind sie ohnehin sehr unterschiedlich – von kraftvoll-elegant bis ziemlich gewöhnungsbedürftig. Zu Sekt und Champagner ist nun ein alter, vergessener Verwandter zurückgekehrt.

Doch die Weinkontrolle kennt auch für den Neuen kein Pardon: Traditionell wird "Pet Nat" weltweit mit einem schlichten Kronkorken verschlossen. Doch für sprudelnden Wein ohne zugesetzte Kohlensäure fällt in Deutschland die Sektsteuer an – da gibt’s keine Ausnahme. Doch damit müssen die Flaschen hier mit einem traditionellen Sektkorken verschlossen werden. Auch, wenn kein Sekt drin ist.

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