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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Essen & Trinken Kugelfisch: Kulinarischer Nervenkitzel
Kugelfisch - wer diese japanische Delikatesse verspeist, braucht vor allem eines: Vertrauen in den Koch. Wenn dieser einen Fehler bei der Zubereitung macht, könnte der Fisch mit Namen Fugu schnell Ihre letzte Mahlzeit gewesen sein. wanted.de erklärt, warum die riskante Speise in Japan dennoch so beliebt ist.
Aus Japan kommen nicht nur guter Whisky und Sushi, sondern auch eine weitere Delikatesse: Fugu. Jeder Japaner weiß, dass ein falsch zubereiteter Kugelfisch tödlich sein kann. Trotzdem lieben sie ihn. Damit man am Leben bleibt, kommt es entscheidend auf die Zerlegung des Fisches an. Besonders gefährlich sind die Eierstöcke und die Leber, sie enthalten das Gift Tetrodotoxin, abgekürzt TTX. Doch es gibt Unterschiede unter den mehr als 20 verzehrbaren Fugu-Arten.
Glück und Unglück hängen auch von der Jahreszeit ab
Wieviel Gift im Fugu ist und wo es sich befindet, hänge von der Jahreszeit und dem jeweiligen Fugu ab, erläutert Yuji Miyata vom Kugelfisch-Verband in Shimonoseki im Westen Japans. "Besonders gefragt sind Tora Fugu (Tiger-Fugu). Sie sind größer als die anderen und schmecken einfach köstlich - der König der Fugu sozusagen", schwärmt Miyata. Bei ihm in Shimonoseki werden Kugelfische "Fuku" genannt, das klingt nach dem gleichnamigen Wort für "Glück". "Fugu" dagegen klingt wie das Wort "Unglück", auch wenn es anders geschrieben wird.
Damit die Mahlzeit nicht im Unglück endet, brauchen Köche in den meisten Provinzen des Inselreiches eine spezielle Lizenz. In Tokio sind die Auflagen ganz besonders streng. Dort müssen Koch-Neulinge erst zwei Jahre unter Anleitung eines erfahrenen Fugu-Kochs gearbeitet haben, bevor sie den ersten Test machen dürfen. Nur wer ihn besteht, darf selbst Fugu zubereiten. Außerdem müssen Fugu-Abfälle als giftiger Sondermüll in abschließbaren Behältern entsorgt werden.
Gift kann Herzstillstand verursachen
Trotzdem gibt es immer wieder Japaner, die der Versuchung nicht widerstehen können und trotz fehlender Erfahrung ihre geangelten Fugu selber zubreiten. Das Gift wirkt auf die Nerven. Zunächst gibt es ein taubes Gefühl auf der Zunge und in den Händen, bis der ganze Körper taub und gelähmt wird. Dies kann zum Herzstillstand führen. Im vergangenen Jahr erlitten 33 Menschen in Japan Lebensmittelvergiftungen durch Fugu, einer starb daran.
Ganz Verwegene finden einen besonderen Reiz darin, ausgerechnet die Leber zu essen - weil sie so herrlich fett und glatt ist und daher als besonders lecker gilt. Eine Lebensmittelvergiftung nehmen sie dabei bewusst in Kauf. In der Provinz Ishikaga werden zudem die Eierstöcke getrocknet und eingelegt. Das soll das Gift angeblich verdünnen und das Organ dann als ganz besonders leckere Delikatesse essbar machen, heißt es.
Die Delikatesse war lange Zeit illegal
Es gab eine Zeit, da war es in Japan verboten, Fugu zu essen. Als der japanische Feldherr Hideyoshi Toyotomi im 17. Jahrhundert Soldaten zusammengetrommelt hatte, um Korea anzugreifen, sollen viele seiner Männer ums Leben gekommen sein, weil sie in Shimonoseki Fugu gegessen hatten. Daraufhin verbot der Feldherr den Verzehr. Hirobumi Ito, der 1885 der erste Ministerpräsident Japans wurde und aus Shimonoseki stammte, erlaubte seinen Landsleuten die Delikatesse dann wieder.
Fugu in Europa
In einigen Ländern am Mittelmeer, wo sich die Kugelfischart mit dem Namen Lageocephalus sceleratus erst seit einigen Jahren ausbreitet, sind Fang und Verkauf heute untersagt. In der Schweiz beispielsweise ist er zur Lebensmittelgewinnung verboten, darf aber für den privaten Konsum importiert werden. In Deutschland darf er zum Verzehr erst gar nicht importiert werden. Deutsche Restaurants, die ihn zubereiten, gibt es wegen des Verbots also keine. Kaufen kann man ihn lediglich in Aquaristik-Geschäften - zur Haltung im Aquarium. Der Preis der Zier-Kugelfische liegt etwa bei 12 bis 30 Euro.
In Tokio werden seit einigen Jahren Fugu verkauft, bei denen die giftigen Körperteile zuvor entfernt wurden. Sie dürfen auch ohne eine Lizenz zubereitet werden. Manche Japaner hoffen, dass dadurch der Fugu-Konsum in Tokio und anderen Orten steigt. Denn obwohl Fugu in Japan nach wie vor gerne gegessen wird, ist der Verbrauch Medienberichten zufolge rückläufig.
Der Fugu kommt zwar fast überall um das Inselreich herum vor, angesichts der rasanten Überalterung Japans gibt es aber immer weniger Fischer. Vor diesem Hintergrund wurden in den vergangenen Jahren die Zuchttechniken immer weiter entwickelt. Zudem gibt es kostengünstigeren Zucht-Fugu aus China. "Viele meinen, die natürlichen Fugu schmeckten besser. Aber gezüchtete, günstigere Fugu schmecken genauso gut. Es wird nur ganz wenige Gourmets geben, die den Unterschied herausschmecken", sagt Miyata vom Kugelfisch-Verband.
Die Zubereitung
Kugelfisch-Fans mögen besonders das fettarme Fleisch und die feste Konsistenz. Typischerweise wird Fugu in hauchdünne Sashimi-Scheiben geschnitten, die die Japaner in eine Soße aus Soja und Saft einer bitteren Orange tunken, "Ponzu" genannt. Die Scheiben müssen so dünn sein, dass man das Muster des Tellers durchscheinen sieht. Im Winter wird der Fisch auch gerne als Eintopf gegessen. Zudem gibt es frittierte oder getrocknete Fugu. Traditionell werden die Flossen zur Herstellung von Sake verwendet. Ein Tripadvisor-Nutzer hat nach seiner ersten Verkostung von Fugu festgestellt: "Es gibt so viele Variationen des Gerichts."
Fugu wird traditionell besonders gerne in Westjapan gegessen. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung "Nikkei" wird 60 Prozent der gesamten Menge von Fugu auf japanischen Märkten in Osaka verkauft. In Shimonoseki oder der Präfektur Oita, wo Fugu-Essen eine Tradition ist und immer noch zum Alltag gehört, kann man den Kugelfisch im Supermarkt oder beim Fischhändler bekommen. Im Großraum Tokio hingegen hat Fugu das Image einer teuren Delikatesse, die man in Edelrestaurants isst. Ein Vier- bis Fünf-Gänge-Menü kostet dort locker 30.000 Yen (umgerechnet rund 200 Euro). Pro Person natürlich.
Sehen Sie die riskante Speise auch in unserer Fotoshow.