Weniger Schnäppchen Warum Reisen jetzt teurer werden
Die Reiselust der Menschen in Deutschland ist nach zwei Pandemie-Jahren Umfragen zufolge groß. Der Sommerurlaub dürfte allerdings stärker ins Geld gehen als im vergangenen Jahr.
Die Lufthansa kündigt steigende Ticketpreise an, Veranstalter berichten von höheren Mietwagen-Kosten und Übernachtungen in Hotels oder Ferienhäusern in Deutschland könnten teurer werden: Der Sommerurlaub dürfte in diesem Jahr stärker ins Geld gehen.
Wegen des Ukraine-Kriegs, der die Energiepreise zusätzlich nach oben treibt, seien höhere Preise beim Reisen nicht auszuschließen, sagte jüngst der Präsident des Deutschen Reiseverbandes DRV, Norbert Fiebig.
Weniger Last-Minute-Schnäppchen
Nach Einschätzung des DRV, der Reisebüros und Veranstalter vertritt, ist das Preisniveau für Pauschalreisen bislang eher stabil. "Wir stellen aber fest, dass sich viele Kunden für etwas höherwertige Angebote entscheiden, vermutlich weil sie wegen der Pandemie in der Vergangenheit weniger reisen konnten", erläutert Fiebig. Allein dadurch steige der Preis im Schnitt.
Branchenprimus Tui hat nach eigenen Angaben die Verträge für Hotels und Flüge für den Sommer bereits weitestgehend unter Dach und Fach. Treibstoffzuschläge für bestehende Buchungen in diesem Sommer schließe er aus, sagt Tui Deutschland-Chef Stefan Baumert. Höhere tagesaktuelle Preise und weniger Last-Minute-Schnäppchen seien eher denkbar.
Der Chef der FTI-Group, Ralph Schiller empfiehlt eine frühzeitige Urlaubsplanung, denn "mit den gestiegenen Treibstoffkosten erhöhen sich dieses Jahr auch die Flugpreise. Wir gehen davon aus, dass es vor allem im weiteren Jahresverlauf zu Steigerungen kommen kann, dabei spielt unter anderem die Entwicklung der aktuellen politischen Lage eine wichtige Rolle."
Deutliche Preisanstiege
Der Lufthansa-Konzern bereitet seine Kunden bereits auf steigende Ticketpreise vor. Wichtige Treiber seien der Ölpreis sowie steigende Gebühren an Flughäfen und bei den Flugsicherungen, sagte Finanzvorstand Remco Steenbergen unlängst.
Im Augenblick sieht Schiller vor allem bei Mietwagen und Campern einen deutlichen Preisanstieg. "Abgesehen von einer hohen Nachfrage ist aufgrund der momentanen Knappheit an Fahrzeugen auch das Angebot an Mietwagen begrenzt, weshalb die Preise für spontane Fahrzeug-Buchungen höher als in den vergangenen Jahren ausfallen können."
Auch Urlaub zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen, der während der Pandemie an Beliebtheit gewonnen hat, dürfte stärker ins Geld gehen als im vergangenen Jahr. Einheitliche Aussagen seien zwar im Moment nur schwer möglich, aber "der Angriff Russlands auf die Ukraine hat ohne Zweifel Auswirkungen auf die Energiepreise und auch auf weitere Bereiche", erwartet der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Norbert Kunz.
Wie stark die Auswirkungen seien, sei noch nicht absehbar. "Steigende Kosten für Mobilität und Energie, die Kosten für Hygienemaßnahmen und auch Preissteigerungen bei Lebensmitteln machen sich in jedem Fall aber schon jetzt in der Urlaubskasse bemerkbar."
Gründe für höhere Preise
Nach Daten der Vergleichsportals Check24 kosten Ferienwohnungen in Deutschland in der Hauptreisezeit Juni bis August derzeit im Schnitt 12 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Hotelübernachtungen verteuern sich demnach um durchschnittlich 16 Prozent.
Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband stimmte bereits vor dem Energiepreissprung infolge des Ukraine-Krieges auf höhere Preise ein. Als Gründe nannte Landesgeschäftsführer Thomas Geppert die Erhöhung des Mindestlohns, einen neuen Tarifvertrag, steigende Energiekosten und die Folgen der Corona-Pandemie: "Gastgewerbliche Betriebe sind besonders energie- und personalintensiv."
Dass steigende Preise die Nachfrage nach Urlaubsreisen nach zwei Jahren mit teils einschneidenden Corona-Reisebeschränkungen dämpfen könnte, hält Tourismusforscher Martin Lohmann für unwahrscheinlich. "Für die Reisetätigkeit spielt die wahrgenommene eigene wirtschaftliche Situation eine wichtigere Rolle." Diese sei von vielen Menschen bei der jüngsten Umfrage der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zum Jahreswechsel als stabil eingeschätzt worden.
- Nachrichtenagentur dpa