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Reiseanwalt über Reisen in der Coronazeit: Rückerstattung, Stornierung und Co.


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Reiseanwalt erklärt
"Die Angst vor Ansteckung reicht nicht für eine kostenlose Stornierung"

InterviewVon Sandra Simonsen

Aktualisiert am 04.08.2020Lesedauer: 3 Min.
Teneriffa: Auch auf den Kanaren gelten besondere Regeln für den Tourismus.Vergrößern des Bildes
Teneriffa: Auch auf den Kanaren gelten besondere Regeln für den Tourismus. (Quelle: Aviation-Stock/imago-images-bilder)
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Seit Mitte Juni gibt es für die meisten EU-Länder keine offizielle Reisewarnung mehr. Doch was bedeutet das für Reisende und ihre Rechte? Im Interview klärt Rechtsanwalt Prof. Dr. Ronald Schmid die wichtigsten Fragen.

Grenzen wurden wieder geöffnet und auch Hotels dürfen in vielen Ländern wieder Gäste empfangen. Im Gespräch mit t-online.de von Mitte Juni erklärte Rechtsanwalt Prof. Dr. Ronald Schmid, was bei der Urlaubsplanung zu beachten ist und welche Rechte diejenigen haben, die ihren Urlaub wegen des Coronavirus doch lieber stornieren möchten oder gar müssen. Er betont allerdings auch, dass vieles nur sehr pauschal beantwortet werden kann. Sie sollten sich im Einzelfall also immer an einen auf Reiserecht spezialisierten Anwalt oder die Verbraucherzentrale wenden.

Auch Prof. Dr. Ronald Schmid ist auf Luftverkehrs-, Reise- und Arbeitsrecht spezialisiert und setzt sich seit 15 Jahren vor allem für die Rechte von Flugpassagieren ein. Als Sprecher von "Fairplane", einem Portal zur Umsetzung von Fluggastrechten, unterstützt er Passagiere beispielsweise bei Flugausfällen oder Verspätungen. Er hat jahrelange Erfahrung im europäischen und internationalen Luftrecht gesammelt. Im Interview mit t-online.de spricht er Mitte Juni über die Möglichkeiten einer Stornierung von Pauschalreisen und Flügen trotz Grenzöffnungen, und auch darüber, ob Reiseveranstalter zu Kulanz verpflichtet sind.

Wie ist die Rechtslage für Pauschalreisen, wenn ich trotz Grenzöffnungen nicht reisen möchte – zum Beispiel aus Angst vor einer Ansteckung? Kann ich trotzdem kostenfrei stornieren?

Grundsätzlich kann eine Reise immer storniert werden. Kostenlos ist das bei einer Pauschalreise jedoch nur dann, wenn eine konkrete Gefahr für den Reisenden besteht oder die vertragsgemäße Durchführung der Reise gefährdet ist. Darunter fallen beispielsweise ein erhebliches Ansteigen der Fallzahlen im Urlaubsort oder massive Einschränken durch Schließungen von Sauna- und Spa-Bereichen, wesentlichen Sehenswürdigkeiten oder Museen. Die bloße Angst vor Ansteckung oder ein ungutes Gefühl reicht für eine kostenlose Stornierung nicht aus.

Gibt es einen Anspruch auf Rückerstattung, wenn ein Flug stattfindet, obwohl der Urlaub durch massive Einschränkungen im Zielland quasi unmöglich wird?

Nein, Einschränkungen am Urlaubsort sind ein Risiko, das Individualreisende allein abwägen müssen. Nur Pauschalreisende können bei erheblichen Leistungsänderungen den Rücktritt vom Reisevertrag gegenüber dem Reiseveranstalter erklären. Bei geringeren Beeinträchtigungen, die nicht nur als eine bloße Unannehmlichkeit anzusehen sind, kann er wegen der Reisemängel eine angemessene Minderung des Reisepreises verlangen.

Welche Chancen auf Rückerstattung haben Individualreisende, bei denen der Flug stattfindet, die Unterkunft – wie beispielsweise eine Ferienwohnung aber geschlossen bleibt oder bei denen die Unterkunft öffnet und der Flug gestrichen wird?

Individualreisende müssen sich auch bei diesem Beispiel den Risiken bewusst sein, denn mit einer Rückerstattung können sie nicht rechnen. Ein Luftfahrtunternehmen weiß ja in der Regel gar nicht, was der Reisende am Zielort zu tun beabsichtigt. Warum sollte es den Flugpreis erstatten müssen, wenn es die versprochene Leistung (Beförderung an den Zielort) erbracht hat? Es ist Sache des Fluggastes, vor der Flugbuchung zu prüfen, ob am Zielort die Voraussetzungen für einen Urlaub ohne Einschränkungen gegeben sein werden.

Bei einem Pauschalreisevertrag muss der Reiseveranstalter für Ersatzleistungen (anderer Flug, andere Unterkunft) sorgen und diese Reisenden anbieten. Kann er das nicht, haben Reisende die Möglichkeit vom Reisevertrag zurücktreten. Nehmen Reisende das Ersatzangebot an (am besten unter Vorbehalt), können sie unter Umständen den Reisepreis mindern, wenn ihnen mit der Ersatzleistung keine gleichwertige Leistung angeboten wurde. Ob das der Fall war, kann nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden.

Was passiert mit bereits gebuchten Flügen, wenn eine Airline den Flugplan ändert oder durch die Krise pleitegeht?

Wird der Flug – anders als gebucht – durchgeführt, ist zu prüfen, ob die Flugzeitenänderung (gleich ob früherer oder späterer Abflug) noch zumutbar oder inakzeptabel ist. Unter Umständen entstehen Ansprüche aus der Fluggastrechte-Verordnung auf Ausgleichsleistung und/oder auf Rückzahlung des Flugpreises.

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Wird das Luftfahrtunternehmen insolvent, kann der Fluggast den Flugpreis nur noch vom InsoIvenzverwalter zurückfordern. Da es immer noch keine zwingende Insolvenzsicherung für die Vorauszahlung von Tickets gibt, wird der Fluggast in aller Regel allenfalls einen sehr kleinen Teil davon aus der Insolvenzmasse erhalten.

Wie erhalte ich mein Geld zurück, wenn ich meinen Flug nicht direkt bei der Airline, sondern bei einer Buchungsplattform wie booking.com oder opodo.de gebucht habe?

Anspruchsgegner ist in solchen Fällen in aller Regel das Luftfahrtunternehmen, weil es Vertragspartner des Fluggastes ist. Das Onlineportal agiert – nicht immer, aber in aller Regel – als bloßer Vermittler.

Sind Reiseveranstalter in Pandemiezeiten verpflichtet, kulantere Stornierungsbedingungen anzubieten?

Nein, Reiseveranstalter sind nicht zu Kulanz verpflichtet.

Vielen Dank für das Gespräch, Prof. Dr. Schmid!

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