Kampf um Markenschutz "Öko-Test" klagt gegen Otto und Baur
Ein Testsiegel schafft Vertrauen – schlecht nur, wenn der abgebildete Helm oder Beißring gar nicht getestet wurde. Die Zeitschrift "Öko-Test" mahnt wegen solcher Verstöße immer wieder Firmen ab. Nun kämpft sie vor dem BGH um ihren Markenschutz.
Mal stimmt die Farbe nicht, mal die Größe, und manchmal hat der abgebildete süße Sprudel nicht viel mit dem für Babys geeigneten getesteten Mineralwasser zu tun – mit Test-Labels wird oft Schindluder getrieben. Davon können Verbraucherschützer ein Lied singen. Immer wieder mahnen sie deshalb Firmen ab oder ziehen gegen sie vor Gericht.
Am Donnerstag, 18. Januar, befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit zwei Klagen von "Öko-Test". Das Magazin hat zwei Versandhändler wegen unlauterer Werbung verklagt (Az: I ZR 173/16 und 174/16).
Worum geht es in den Verfahren?
Im ersten Fall klagt "Öko-Test" gegen den Online- und Versandhändler Otto. Der hatte in seinem Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring angeboten und daneben jeweils das Testlabel "sehr gut" gestellt (I ZR 173/16).
Im zweiten Fall hatte der zu Otto gehörende Baur Versand im Internet einen Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungen sowie einen schwarz-weiß-roten Fahrradhelm angeboten – auch hier waren daneben die "Öko-Test"-Labels "gut" bzw. "sehr gut" abgebildet, beim Lattenrost mit der Fundstelle für den tatsächlich getesteten Rost mit verstellbarem Kopf- und Fußteil (I ZR 174/16).
Was gibt es dagegen einzuwenden?
Das Magazin "Öko-Test", das Waren und Dienstleistungen testet, sieht seine Markenrechte verletzt. Es hat die Versandhändler auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von insgesamt über 4.500 Euro verklagt.
Warum die Aufregung wegen einer anderen Farbe oder Größe?
Eine andere Farbe hat andere Inhaltsstoffe und so teilweise andere Eigenschaften – und auch die Eigenheiten eines Lattenrostes können je nach Größe differieren, wie eine Sprecherin der Verbraucherzentrale Bundesverband sagt. Für "Öko-Test"-Chefredakteur Jürgen Stellpflug ist es schlicht Irreführung, wenn ein Label neben einem Produkt prangt, das gar nicht getestet wurde – selbst, wenn es noch so ähnlich ist.
"Wenn wir uns darauf einlassen, weiß der Verbraucher am Ende nicht mehr, was wirklich getestet wurde." Der Versandhändler Otto, der die Öko-Siegel nicht mehr verwendet, sieht hingegen keine Irreführung, solange man auf das tatsächlich getestete Produkt hinweise.
Wie haben die Vorinstanzen entschieden?
Das Landgericht Berlin hat der ersten Klage (I ZR 173/16) stattgegeben und die zweite (I ZR 174/16) abgewiesen. In zweiter Instanz waren beide Klagen erfolgreich: Aus Sicht des Kammergerichts Berlin haben die Versandhändler die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausgenutzt und signalisiert, "Öko-Test" habe die angebotenen Produkte kontrolliert. Dagegen haben die Händler Revisionen eingelegt.
Was prüft der BGH?
"Öko-Test" hat im Jahr 2012 bei der EU das Label als sogenannte Unionsmarke zur Verbraucherberatung eintragen lassen. Danach kann das Magazin Herstellern und Händlern die Werbung mit von "Öko-Test" geprüften Produkten gestatten. Voraussetzung ist ein Lizenzvertrag, den die beklagten Versandhändler mit "Öko-Test" nicht hatten. Das höchste deutsche Zivilgericht muss nun prüfen, ob das Markenrecht von "Öko-Test" verletzt wurde.
Welche Bedeutung hat der Fall?
Aus Sicht von Jürgen Stellpflug weist der Fall weit über "Öko-Test" hinaus. "Es geht um die Nutzung von Wort-/Bild-Marken – das betrifft auch Institutionen wie ADAC, TÜV oder Stiftung Warentest, die ihre Labels nach einem Test zur Verfügung stellen." Klar ist, dass Hersteller und Händler es in der Werbung mit den Labels nicht immer ganz so genau nehmen. Allein "Öko-Test" hat in den letzten vier Jahren an die 1.000 Abmahnungen wegen Labelmissbrauchs verschickt (siehe dazu: www.labelmissbrauch.de). "Öko-Test"-Geschäftsführer Stellpflug hofft, dass der BGH mit seiner Entscheidung dem einen Riegel vorschiebt.
Quelle:
- dpa