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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dutschke und Dubcek 68iger-Proteste – Ein Reiseführer bringt Sie zu den Schauplätzen
Strandurlaub? Kann doch jeder! Ein wenig politische Kultur im eigenen Land kann nicht schaden. Ein neu erschienener Stadtführer lädt sie in die Hauptstadt ein und führt sie durch historische Schauplätze der 68er Revolte.
Viele Orte sind bekannt, manche fast berühmt. Für die 68er-Studentenrevolte stehen Plätze wie das Amerika-Haus am Zoo im Herzen West-Berlins, das Rathaus Schöneberg und die Deutsche Oper, in deren Nähe 1967 der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. Weniger bekannt sind die Orte im Ostteil der Stadt, wo 1968 auch protestiert wurde – aber nicht gegen den Vietnamkrieg der Amerikaner, sondern gegen den Einmarsch der Sowjetunion und weiterer Armeen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei.
Ein historischer Stadtführer verbindet jetzt die Proteste im Westen und Osten der damals geteilten Stadt. "1968 in Berlin. Schauplätze der Revolte" heißt das im Berliner Bebra Verlag erschienene Buch des Potsdamer Politikwissenschaftlers Ingo Juchler.
28 Stationen quer durch Berlin
Präsentiert werden 28 Orte, bebildert mit historischen Fotos. Juchler liefert dazu die Geschichten zum damaligen Geschehen. Die Auflistung beginnt mit dem Amerika Haus an der Hardenbergstraße, wo am 5. Februar 1966 zum ersten Mal Studenten gegen die US-Kriegspolitik in Vietnam demonstrierten und Eier an die Fassade warfen. Am Ende des Reiseführers kommt der Leser in Dahlem an. Dort wurde 14. Mai 1970 Andreas Baader befreit. Die Tat gilt als Geburtsstunde der "Roten Armee Fraktion" (RAF).
Eine grafische Übersicht Berlins zeigt, wie sich das Geschehen auf die Gegend rund um den Kudamm sowie auf Dahlem und die dort ansässige Freie Universität (FU) konzentriert. Dazu kommt etwa das Kriminalgericht in Moabit, wo am 27. November 1967 der Prozess gegen das Mitglied der Kommune 1, Fritz Teufel, beginnt (Überschrift: "Wenn's der Wahrheitsfindung dient"). Die ersten Kinderläden in Charlottenburg tauchen ebenso auf wie der Audimax der FU, das Hochhaus des Springer-Verlags und das Zentrum des Sozialistischen Studentenbundes.
"Niemand hat sich für den Osten interessiert"
Für manchen Kenner der 68er-Geschichte hält der Mittelteil ganz neue Orte bereit. Vor der Niederschlagung des Prager Frühlings am 21. August 1968 hatte der Musiker Wolf Biermann in seiner Wohnung in der Chausseestraße 131 in Ost-Berlin das Lied "In Prag ist Pariser Kommune" geschrieben.
Nach dem Einmarsch in Prag versuchten vor allem junge Leute in der DDR zu protestieren. Juchler stellt einige vor, darunter Frank Havemann, der in der Nacht des 21. August den Namen der Leitfigur des Prager Frühlings an die Staatsbibliothek schreibt: "Dubcek". Der Filmstudent Thomas Brasch verteilte Flugblätter und landete dafür im Stasi-Untersuchungsgefängnis in der Magdalenenstraße. Die Liedermacherin Bettina Wegner, die in der Wohnung ihrer Eltern in Pankow Flugblätter verfasste, wurde kurz auch verhaftet.
Tony Krahl, der spätere Sänger der Band "City", wollte an einer Schweigedemonstration vor der sowjetischen Botschaft am Ost-Berliner Boulevard Unter den Linden teilnehmen. Er entkam zunächst der dort postierten Stasi, wurde aber später dann doch festgenommen.
Der einseitige Blick der Studentenproteste im Westen wird deutlich, wenn Bettina Wegner zitiert wird. "Richtig traurig und enttäuscht" sei sie darüber gewesen, dass "sich von den Demonstranten in West-Berlin niemand für den Osten interessiert hat".