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Forscher stellen durch Zufall Plastik fressendes Enzym her


Sensationelle Zufallsentdeckung
Forscher stellen durch Zufall Plastik fressendes Enzym her

Von dpa
Aktualisiert am 17.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Plastiktüten schwimmt im MeerVergrößern des Bildes
Plastikmüll im Meer ist ein großes Problem für Umwelt, Mensch und Tier. Ein nun zufällig entdecktes Enzym soll Abhilfe schaffen: Es "frisst" PET. (Quelle: EPA/Mike Nelson/dpa-bilder)

Durch Zufall haben Forscher aus den USA und Großbritannien ein Plastik zerstörendes Enzym geschaffen, welches das Problem der Vermüllung beheben könnte: Es "frisst" Kunststoff.

Die Wissenschaftler der britischen Universität Portsmouth und des Labors für erneuerbare Energien des US-Energieministeriums hatten ein in Japan entdecktes Bakterium untersucht, welches den Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) "frisst", aus dem viele Plastikflaschen hergestellt sind. Dabei haben sie ein Plastik zerstörendes Enzym geschaffen.

Das US-britische Forscherteam wollte untersuchen, wie eines der Enzyme des Bakteriums, das PETase, funktioniert. "Aber sie sind etwas weiter gegangen und haben aus Versehen ein Enzym hergestellt, das noch effizienter ist, um PET-Plastik zu zersetzen", heißt es in der in der Fachzeitschrift "Proceedings of the American Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlichten Studie.

Plastik im Meer ist weltweites Problem für Mensch und Tier

Mehr als acht Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr in den Weltmeeren. Es herrscht zunehmend Besorgnis über die Folgen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, denn trotz Recycling-Bemühungen bleibt die große Mehrheit des Plastikmülls über hunderte Jahre erhalten. Die Wissenschaft ist daher auf der Suche nach Methoden, um den Kunststoff zu vernichten.

Nach ihrer Zufallsentdeckung wollen die Wissenschaftler versuchen, das Enzym zu perfektionieren, damit es eines Tages zur industriellen Vernichtung von Plastik verwendet werden kann.

Japanische Forscher entdeckten 2016 das Recycling-Bakterium

Forscher aus Japan haben vor zwei Jahren erstmals das oben genannte Bakterium identifiziert, das Kunststoff zersetzt. Diese Entdeckung war die Grundlage für das nun zufällig hergestellte Enzym. Bislang seien nur wenige Pilze, aber keine Bakterien bekannt gewesen, die Plastik abbauen, schrieben die japanischen Forscher 2016 im Fachblatt "Science". Das Bakterium Ideonella sakaiensis 201-F6 hat zwei Enzyme, mit dessen Hilfe es den weit verbreiteten Kunststoff PET (Polyethylenterephthalat) zerlegt.

250 Umweltproben aus Recyclinganlage

Für ihre Studie entnahmen die Forscher um Shosuke Yoshida vom Kyoto Institute of Technology an einer Recyclinganlage für PET-Flaschen 250 Umweltproben – von Sedimenten, Böden, Abwasser oder Aktivschlamm. Dann prüften sie im Labor, ob darin Mikroorganismen steckten, die einen dünnen PET-Film zersetzen können. So fanden sie das Bakterium.

Untersuchungen zeigten, dass das Bakterium nicht nur in Flüssigkeit zu finden war, sondern auch direkt an Kunststoff. Die Bakterienzellen waren über kleine Anhänge miteinander verbunden und hafteten damit auch an der Oberfläche des Kunststoff-Films. Nach 60 Wochen bei 30 Grad Celsius hatten die Bakterien den Film vollständig aufgefuttert.

Die Forscher identifizierten als nächstes zwei Enzyme, die den Abbau betreiben. Zunächst wandelt das Enzym ISF6_4831 PET in ein Zwischenprodukt um, das dann von einem weiteren Enzym, ISF6_0224, umgebaut wird. Am Ende bleiben Terephthalsäure und Glykol übrig. Beide Substanzen seien nicht giftig für die Umwelt.

Deutscher Forscher erklärt Nutzen

"Der Abbauprozess ist relativ langsam", schrieb Uwe Bornscheuer von der Universität Greifswald in einem ebenfalls in "Science" veröffentlichten Kommentar zu der Studie von 2016. Dennoch sei die Entdeckung vor allem mit Blick auf das PET-Recycling interessant. "Wenn die Terephthalsäure isoliert und wiederverwertet werden könnte, würde das erhebliche Einsparungen bedeuten bei der Produktion neuer Polymere ohne Erdöl-basierte Ausgangsmaterialien." Darüber hinaus könnten die Bakterien eingesetzt werden, um Plastik aus der Umwelt zu entfernen.

Ein weiterer Aspekt: Beide Enzyme waren bisher unbekannt. Sie ähneln bekannten Enzymen auch nicht besonders. Die Gene für die Bildung der Enzyme werden hochreguliert, sobald die Bakterien mit PET in Kontakt kommen. Das deute darauf hin, dass ihre Hauptaufgabe im Abbau des Kunststoffs bestehe. Es sei spannend zu erfahren, ob die Enzyme erst in den etwa 70 Jahren seit Nutzung der PET-Kunststoffe entstanden seien. Beispiele für eine solch schnelle natürliche Evolution seien rar, aber bekannt, schreibt Bornscheuer.

Verwendete Quellen
  • AFP
  • dpa
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