Berlinerin bringt Vierlinge zur Welt Geringes Sterberisiko, aber Gefahr langfristiger Schäden
Annegret R. ist nun offiziell die älteste Vierlingsmutter der Welt. Die 65-jährige Berlinerin brachte bereits am 19. Mai nach knapp 26 Schwangerschaftswochen drei Jungen und ein Mädchen zur Welt. Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen. Die Überlebenschancen stehen gut, sagen Mediziner - ihre Chancen auf ein Leben ohne gesundheitliche Probleme allerdings weniger.
"Jeder Tag mehr reduziert das Sterberisiko"
Lebensbedrohliche Komplikationen gebe es bei einer Frßühgeburt vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt, sagte Prof. Mario Rüdiger vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. "Jeder Tag mehr reduziert das Sterberisiko." Nach den ersten vier Lebenswochen liege die Überlebenschance für Frühgeborene dieses Stadiums bei mehr als 90 Prozent, sagt Professor Gerhard Jorch, Leiter der Universitätskinderklinik in Magdeburg. "Die meisten versterben in der 1. Lebenswoche."
In den ersten Tagen und Wochen drohen demnach vor allem Lungenversagen, Kreislaufversagen, Hirnblutungen, Hirninfarkt, Infektionen, Darmprobleme und Nierenversagen. Mehrlinge hätten grundsätzlich meist höhere Risiken.
Chronische Beschwerden drohen
Weit bedeutsamer als das Sterberisiko seien die drohenden langfristigen Schäden, erläuterte Professor Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen. Zwar könne die Medizin immer jüngere Frühchen retten, nicht aber deren gesundes Überleben sicherstellen. "Die vier Kinder werden nicht alle gesund nach Hause gehen", ist auch Rüdiger überzeugt.
Chronische Probleme drohten vor allem bei Lunge, Darm, Augen und Gehirn.
"Vielleicht muss sie zwei behinderte Kinder pflegen"
Gerade vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der 65-Jährigen unverantwortlich, kritisierte Beckmann, Leitlinienkoordinator bei der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). "Vielleicht muss sie zwei behinderte Kinder pflegen, und mit 80 wird sie dann selbst zum Pflegefall." Verstehen könne er auch nicht, dass es überhaupt einen Arzt gab, der die künstliche Befruchtung bei einer so alten Frau vornahm.
Annegret R. hatte sich in der Ukraine aus Eizell- und Samenspenden im Labor gezeugte Embryonen einpflanzen lassen. Die Kinder tragen in der Geburtsreihenfolge die Namen Neeta (655 Gramm, 30 Zentimeter) Dries (960 Gramm, 35 Zentimeter); Bence (680 Gramm, 32 Zentimeter) und Fjonn (745 Gramm, 32,5 Zentimeter). Jetzt ist die Englisch- und Russischlehrerin Annegret R., die bereits 7-fache Oma ist, Mutter von insgesamt 17 Kindern.
Babys werden im Brutkasten überwacht
Der Nachwuchs wurde per Kaiserschnitt in einem Berliner Krankenhaus geboren. Die vier Kinder werden, wie bei Frühgeburten üblich, im Brutkasten medizinisch versorgt und beobachtet. "Sie werden sich noch länger in einem wackeligen Zustand befinden", sagte eine Sprecherin des Fernsehsenders RTL. Der Kölner Privatsender hat die 65-Jährige exklusiv unter Vertrag. Sie gibt keinen anderen Medien Interviews.
Erstaunlich problemlose Schwangerschaft
Annegret R. hatte sich in den vergangenen anderthalb Jahren mehrfach durch eine Eizellen- und Samenspende im Ausland künstlich befruchten lassen. Ihren Angaben zufolge wünschte sich ihre jüngste Tochter Lelia (9) ein Geschwisterchen. Die Schwangerschaft verlief unter den gegebenen Umständen und nach Aussage der betreuenden Ärzte erstaunlich problemlos, sorgte jedoch bundesweit für Aufregung und Kritik.