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Kita-Streik hat begonnen: Landesweit und unbefristet


Viele Kitas bleiben zu
Unbefristeter Kita-Streik hat begonnen

Von t-online, dpa, afp
Aktualisiert am 08.05.2015Lesedauer: 4 Min.
Unbefristeter Warnstreik in kommunalen Kitas.Vergrößern des Bildes
Streik - die Kitas bleiben zu. (Quelle: dpa-bilder)
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An den kommunalen Kitas in Deutschland wird gestreikt. Der angekündigte bundesweite unbefristete Streik von Erzieherinnen und Erziehern hat begonnen. Zehntausende Eltern in mehreren Bundesländern mussten ihre Kinder am Freitagmorgen anderweitig unterbringen, weil ihre Kita geschlossen blieb. Manche Städte haben einen Notfall-Plan erstellt und Not-Kitas eingerichtet.

Zum flächendeckenden Streik haben Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Beamtenbund dbb aufgerufen. Die Arbeit niederlegen wollen unter anderem Erzieherinnen in kommunalen Kitas, Horten und an offenen Ganztagsschulen, ebenso Sozialarbeiter und Sozialpädagogen etwa in Jugendzentren. Die Gewerkschaften kämpfen um eine spürbare Anhebung der Gehälter der bundesweit rund 240 000 Erzieherinnen und Sozialarbeiter. Nach Darstellung der kommunalen Arbeitgeber sind die Forderungen nicht bezahlbar. Wie lange der Ausstand dauern wird, ist unklar.

Am Montag ziehen Bayern und NRW nach

Allein in Baden-Württemberg blieben am Morgen etwa 300 Kindertagesstätten geschlossen, in Rheinland-Pfalz und im Saarland etwa 150. In Bayern und in mehreren Großstädten Nordrhein-Westfalens beginnt der Streik erst am Montag.

In der Urabstimmung über den Arbeitskampf sprachen sich demnach gut 93 Prozent der Beschäftigten für den Streik aus. Die Arbeitgeber verurteilten den Streik scharf. Die Urabstimmung sei "ein klares, eindeutiges Votum", sagte Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi. Die Beschäftigten seien nicht länger bereit, "sich mit schönen Worten abspeisen zu lassen". Verdi will den Streik in zahlreichen Kindertagesstätten am Freitag beginnen und in der nächsten und übernächsten Woche noch weitere Einrichtungen in den Arbeitskampf einbeziehen. Der Ausstand soll notfalls auch über Pfingsten hinaus andauern.

Ab Montag auch Streiks in Jugendzentren und Heimen

Verdi will in der nächsten und übernächsten Woche neben den Kitas noch weitere Einrichtungen in den Streik einbeziehen. Bsirske kündigte bereits für Montag eine Ausweitung auf einige nordrhein-westfälische Großstädte an. Neben Erzieherinnen und Erziehern in Kitas, Horten und Ganztagsschulen sind unter anderem auch Sozialarbeiter in Jugendzentren, Erzieher in Heimen sowie Beschäftigte in der Behindertenhilfe zum Streik aufgerufen.

"Wertschätzung drückt sich im Gehalt aus"

"Der Streik wird Eltern hart treffen", räumte der Verdi-Chef ein. Sein Eindruck sei aber, dass die Eltern die Arbeit der Beschäftigten wertschätzten. Davon hänge auch die Zukunft ihrer Kinder ab. "Und Wertschätzung drückt sich nun mal auch im Gehalt aus", sagte Bsirske. Gutes Geld bringe wiederum gute Kräfte.

GEW-Vorstandsmitglied Andreas Gehrke bat um Verständnis dafür, dass die Beschäftigten in den Streik gingen, "um ihre legitimen Interessen durchzusetzen".

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) warf den Gewerkschaften vor, von Anfang auf Eskalation gesetzt zu haben. "Ein Streik ersetzt keine Verhandlungen", erklärte VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann. Er forderte die Gewerkschaften auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und den Konflikt "nicht auf dem Rücken von Kindern und Eltern auszutragen".

Gabriel fordert mehr Geld und Wertschätzung für Kita-Angestellte

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) fordert angesichts des Tarifstreits mehr Geld und Wertschätzung für die Kita-Beschäftigten. "Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass diese hochwertige und fachlich anspruchsvolle Tätigkeit als schlecht bezahlter, sogenannter 'Frauenberuf' etikettiert wird", heißt es in einem Schreiben Gabriels an SPD-Kommunalpolitiker. "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir die Attraktivität dieses Berufes - in materieller wie immaterieller Hinsicht - erheblich steigern müssen".

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat angesichts des am Freitag gestarteten unbefristeten Kita-Streiks die Bedeutung der Arbeit von Erziehern hervorgehoben. "Wir vertrauen ihnen unsere Kinder an, sie betreuen und bilden unsere Kinder von klein auf und tragen eine große Verantwortung", sagte Schwesig in einem Interview mit dem Magazin "Focus". Deshalb müssten sie für ihre Leistungen auch entsprechend bezahlt werden. "Wir brauchen eine Debatte in Deutschland, wie viel uns die Arbeit mit Menschen und die frühe Bildung unserer Kinder wert ist."

"Sie sind Pädagogen, Manager, Handwerker und Musiker in einem"

Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Katja Mast zeigte Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaften. "Erzieherinnen und Erzieher verdienen zu wenig für das, was sie alltäglich leisten", sagte Mast der Nachrichtenagentur AFP. Die Erzieher seien "Allround-Talente". "Sie sind Pädagogen, Manager, Handwerker und Musiker in einem." Mit dieser umfassenden Betreuung von Kindern leisteten sie "jeden Tag etwas für die Zukunft unseres Landes". Eine Aufwertung dieser Arbeit wäre ein Signal an den Erzieher-Nachwuchs. "Gut ausgebildete Fachkräfte müssen in Deutschland angemessen entlohnt werden."

Das fordern die Gewerkschaften im Kita-Streik

Die Gewerkschaft hatte Ende April die Tarifverhandlungen für die rund 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst für gescheitert erklärt und die Urabstimmung eingeleitet. Zuvor hatte es bereits mehrere Warnstreiks gegeben. Verdi und weitere Gewerkschaften fordern für die Beschäftigten neue Eingruppierungsregeln und Tätigkeitsmerkmale, was letztlich zu zehn Prozent mehr Gehalt führen soll.

Bsirske sprach von Mehrkosten für die Kommunen von einer halben Milliarde Euro im Jahr. Nach anderen Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände beläuft sich die Forderung für alle betroffenen Gruppen auf 1,2 Milliarden Euro.

Diese Tabelle verdeutlicht die Forderungen von Verdi. Die angegebenen Entgelte sind der Brutto-Verdienst laut der seit 1. März 2015 geltenden Entgelttabelle für Erzieher im Öffentlichen Dienst (TVöD-SuE) in der Stufe 3 nach vierjähriger Tätigkeit.

Tätigkeit Entgelt-
Gruppe
Gehalt
(brutto)
geforderte
Entgeltgruppe
Gehalt
Kinderpflegerin S 3 2433 Euro S5 2756 Euro
Erzieherin S 6 2768 Euro S 10 2991 Euro
Leiterin Kita
bis 40 Plätze
S 7 2807 Euro S 11 3136 Euro
Leiterin Kita
70 bis 100 Plätze
S 13 3387 Euro S 16 3594 Euro

Verdi weist darauf hin, dass ein Großteil der Erzieherinnen nur in Teilzeit arbeitet und entsprechend weniger Einkommen zur Verfügung hat. In den westlichen Bundesländern haben demnach nur 40 Prozent eine Vollzeitstelle und in den östlichen sogar nur 25 Prozent.

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