Kinderwertemonitor Das ist Kindern in Deutschland am wichtigsten
Welche Werte sind Kindern in Deutschland am wichtigsten? Das hat der Kinderwertemonitor des UN-Kinderhilfswerks Unicef und der Kinder-Zeitschrift Geolino ergründet. Dabei kam heraus, dass Familie und Freundschaft den Mädchen und Jungen bei weitem wichtiger sind als Geld und Besitz.
Für den Kinderwertemonitor wurden 1012 sechs- bis vierzehnjährige Kinder befragt. Zudem wurde die Meinung der Mütter und Väter mit einem Fragebogen erhoben.
Drei Viertel der Mädchen und Jungen bewerteten Familie und Freundschaft als "total wichtig". Geld und Besitz spielen dagegen mit einem Anteil von 21 Prozent nur eine geringe Rolle.
Im Vergleich zur vorangegangenen repräsentativen Befragung von 2010 legten Bildung, Mut, Toleranz, aber auch gute Manieren und Umweltschutz zu. Etwa 30 Prozent der Kinder möchten sich zudem für Menschen engagieren, denen es nicht so gut geht. Auch Vertrauen, Geborgenheit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit nehmen einen wichtigen Stellenwert ein.
Überraschend positive Einstellung zur Schule
Die meisten Kinder gehen der Umfrage zufolge gerne in die Schule. 87 Prozent der Kinder gaben an, dass es ihnen dort "sehr gut" oder "einigermaßen gut" gefällt. Weniger als ein Viertel der Mädchen und Jungen fühlt sich durch die Leistungsanforderungen belastet. Auch die Eltern teilen das insgesamt positive Urteil über die Schule: 80 Prozent der Mütter und 83 Prozent der Väter sind mit dem Schulleben ihres Kindes "sehr zufrieden" oder "meistens zufrieden".
Diesen Aspekt der Umfrage findet Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) besonders erfreulich. "In unserer gesellschaftlichen Diskussion um Schulstrukturen, Qualität und Leistung stellt sich dies oft anders dar", erklärte Wanka.
Knappe Familienzeit belastet Eltern mehr als Kinder
Ungeachtet der Diskussionen über die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf klagen nur wenige Kinder über Zeitmangel der Eltern. Mehr als die Hälfte der Jungen und Mädchen ist mit der Menge der gemeinsamen Zeit "sehr zufrieden", 43 Prozent "meistens zufrieden". Nur vier Prozent finden, dass die gemeinsame Zeit zu knapp ist. Viele Eltern empfinden das anders: 14 Prozent der Mütter und 29 Prozent der Väter sind mit der Menge der gemeinsamen Zeit "oft nicht zufrieden" oder "gar nicht zufrieden".
"Berufstätige Mütter und Väter leiden mehr unter der knappen gemeinsamen Zeit als ihre Kinder", erklärt der Soziologe Hans Bertram von der Berliner Humboldt-Universität. Die Kinder fänden es überwiegend gut, wenn die Eltern arbeiteten. Diese wiederum nähmen sich in der Regel auch dann Zeit für ihre Kinder, wenn sie voll berufstätig seien. Lieber verzichteten sie dafür auf Schlaf.
Eltern sind das wichtigste Vorbild
Eltern sind die wichtigsten Vorbilder für die Kinder. 98 Prozent gaben an, dass die Eltern ihnen Werte am besten vermitteln können, gefolgt von den Großeltern. Was Kinder übernehmen, hängt vor allem davon ab, wie sie soziale Werte vorleben. Schon im Kindergartenalter hätten Mädchen und Jungen eine sehr feine Antenne dafür, wie Mutter und Vater mit ihnen selbst, Freunden, der Nachbarin oder dem Verkäufer umgehen, sagt Margit Stein, Diplom-Pädagogin von der Universität Vechta.
Gerechtigkeit und Konfliktlösung vermitteln
Die Vermittlung von Werten geschieht auf zwei Arten: direkt und indirekt. Gibt es zum Beispiel Streit in einer Gruppe, können Eltern direkt das Thema Gerechtigkeit ansprechen. So vermitteln sie dem Kind, dass es wichtig ist, dass keiner übergangen wird. Indirekt prägen sie ihr Kind durch ihre Vorbildfunktion: Wie gehen Eltern im Streit miteinander um? Werden Konflikte auf Augenhöhe gelöst oder lässt einer den anderen nicht zu Wort kommen? "Die indirekte Art prägt Kinder stärker als die direkte", weiß Stein.
Unglaubwürdig wird es, wenn sich direkte und indirekte Wertevermittlung widersprechen: Wenn Eltern also Gerechtigkeit predigen, anderen gegenüber aber nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.
Stein empfiehlt Eltern, bestimmte Wertvorstellungen im Alltag immer wieder aufzugreifen: "Etwa, wenn ich meine Tochter beim Lügen erwische." Daraus könne sich ein Gespräch entwickeln, warum man sich manchmal besser darzustellen versucht oder warum man sich für manche Sachen schämt.
Doch manchmal machen Kinder die Erfahrung, dass im Elternhaus andere Werte gelten als bei den Großeltern oder bei zu Hause bei Freunden. Eltern sollten dann andere Werte nicht schlechtreden. Wichtig ist zu begründen, warum man in der eigenen Familie bestimmte Haltungen vertritt. Das schaffe Klarheit und helfe Kindern dabei, mit unterschiedlichen Wertvorstellungen klarzukommen.