App zur Hausaufgaben-Überwachung "Google Classroom" - wie ein Milliardenkonzern die Bildung revolutionieren will
Eine neue App, entwickelt vom Internetriesen Google, soll demnächst den Unterricht an deutschen Schulen revolutionieren. Diese ermöglicht es, den Ablauf von abzugebenden Hausaufgaben komplett digital zu gestalten. Was das für die Entwicklung der Arbeitsweise an unseren Schulen bedeuten könnte, beschreibt und kommentiert unsere Schülerpraktikantin Luise Meck.
Die Anwendung steht Lehrern nach einer Testphase von vier Monaten voraussichtlich ab September kostenlos zur Verfügung: "Google Classroom" vernetzt Lehrer und Schüler auf digitalem Weg und gewährt Lehrern einen direkten Einblick in den Lernprozess ihrer Schüler. Lehrer können damit zum Beispiel die Bearbeitung der Hausaufgaben in Echtzeit mitverfolgen und die Schüler dabei sogar schon vor der Abgabe auf Fehler und Schwachstellen hinweisen.
Organisation der Hausaufgaben
Das Unterrichtstool solle vor allem Lehrern bei der Organisation der Hausaufgaben helfen, lässt Google in einem Werbevideo verlauten. Der gesamte Ablauf, von der Erstellung eines Dokuments mit dem Arbeitsauftrag bis hin zur Abgabe und Benotung, erfolgt über die App.
Auch wirbt Google mit vielen Vorteilen, die die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten für die Schüler bieten. So wäre es ihnen möglich, die gesamte Arbeit am Rechner auszuführen und ihre recherchierten Informationen, Ideensammlungen und Ergebnisse gesammelt betrachten zu können. Auch könnten Lehrer ihnen noch vor der Abgabe Hilfestellung und Tipps geben.
Tablet und Laptop für alle
Das erleichtert die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwar erheblich, bringt aber auch eine ganz neue Arbeitsweise an Schulen mit sich und fordert eine ständige Erreichbarkeit, vor allem von Seiten der Lehrer. Auch ist es dafür erforderlich, dass jeder Schüler mit einem Tablet oder Laptop ausgestattet ist.
Anwendungen kostenlos
Die App ist Teil des Programmpakets "Google Apps for Education", die die Anwendungen Gmail, Google Docs und Google Drive mit einschließt. Google versichert, die Programme für die App vollständig von Werbung freizuhalten. Auch würden keine erstellten Inhalte oder die Daten von Schülern für Werbezwecke verwendet.
"Google Classroom" - Fluch oder Segen? Der Kommentar einer Schülerin
Auch wenn das alles sehr fortschrittlich klingt, eine gewisse Skepsis bleibt wohl bestehen. Vor allem viele Eltern stehen dem Phänomen, dass Großunternehmen wie Google nun so bereitwillig die kostenlose Bereitstellung des Unterrichtsmaterials für staatliche Bildungseinrichtungen übernehmen, noch misstrauisch gegenüber. So kommen in den User- Kommentaren zu Berichten über das neue Produkt viele Kritiker zur Sprache, meistens Eltern von Schulkindern, die sich vor allem Sorgen um die Privatsphäre der Schüler machen.
Laptop zum Schulanfang?
Mit der Digitalisierung der Lehrmittel geht auch eine erhebliche Kostensteigerung für die Eltern einher, denn an Stelle von einem Schreibheft und Stiften müssten sie, wahrscheinlich schon bei der Einschulung ihrer Kinder, ein Laptop oder Tablet finanzieren.
Schüler stehen unter Druck
Auch die Schüler stehen unter einem zusätzlichen Druck: So ist das Vergessen der Hausaufgabe keine Ausrede mehr, denn die Schüler können genauso wie die Lehrer noch nicht erledigte Arbeitsaufträge jederzeit einsehen. Zusätzlich erfordert die Arbeit mit der App eine gute Zeitplanung, denn der Lehrer erfährt immer direkt, wann und in welcher Zeit die Aufgabe bearbeitet wurde. Dabei stehen sie unter ständiger Beobachtung des Lehrers, der schon bei der Bearbeitung seine Kritik äußert. Ob dieses Konzept sinnvoll ist, um selbstständiges Arbeiten und das Übernehmen von Eigenverantwortung zu üben, ist durchaus fragwürdig.
Hohe Erwartungen an Lehrer
Und letzten Endes darf auch der erhebliche Arbeitsaufwand, den diese Arbeitsweise für die Lehrer bedeuten würde, nicht unterschätzt werden. Von ihnen würde damit eine dauerhafte Erreichbarkeit zur Kommunikation mit den Schülern erwartet, was bei einer durchschnittlichen Klassenstärke von fast dreißig Schülern unrealistisch erscheint.
Doch was ist das Konzept der Zukunft?
Sicher ist, dass für eine nachhaltige positive Veränderung mehr notwendig ist als die Einführung einer neu entwickelten App.
Zwar wird es immer wichtiger, Kinder schon früh mit dem Umgang mit digitalen Geräten vertraut zu machen, da diese einen immer größeren Teil unseres Alltags ausmachen und ein gewisses Know-How in den meisten Berufen notwendig ist.
Fortschritt greift nur langsam
Elektronische Medien eröffnen neue Möglichkeiten, werfen aber auch viele Fragen und Probleme auf, die wir zu lösen offensichtlich noch nicht imstande sind. Die Grundlage für technischen Fortschritt an Schulen wäre erst einmal eine intakte Ausstattung mit technischen Geräten wie Beamern und Computern, um den Unterricht interaktiver und ansprechender zu gestalten, was an vielen Schulen leider immer noch keine Selbstverständlichkeit ist.
Der Trend wird auch in Zukunft die Digitalisierung der Arbeitsprozesse sein, auch in der Schule. Jedoch sollte jeder Schritt dorthin gut überlegt und die negativen Folgen bedacht werden. vor allem Eltern sollten sich hier eine gesunde Skepsis bewahren.