Hochschulbildungsreport 2020 Schlechte Noten für die Lehrerausbildung
Der Beruf des Lehrers zählt unter Abiturienten zwar immer noch zu den angesehensten in Deutschland. Gleichwohl entscheiden sich leistungsstarke und selbstbewusste Schüler aber nur äußerst selten für ein Lehramtsstudium. Am Arbeitsplatz Schule werden Aufstiegschancen und Flexibilität vermisst. Dies ist ein Ergebnis des neuen "Hochschulbildungsreports 2020" vom Stifterverband und der Unternehmensberatung McKinsey.
Lehrerausbildung ist Stiefkind der Hochschulen
Die Lehrerausbildung bekommt darin insgesamt schlechte Noten: Häufig sei sie "das Stiefkind" an der Hochschule. Es mangele an Betreuung und Praxisbezug. Zudem sei das Grundschullehrer-Studium immer noch eine reine Frauendomäne.
Die Autoren schlagen eine Fülle von Reformen vor. So sollten die Länder die Lehrer in den Schulen von bürokratischen Aufgaben entlasten, indem sie neue Stellenkategorien wie Schul- oder Unterrichtsassistenten einführen. Mit einer Besoldungsreform sollten sie zudem für planbare Karrierewege und eine leistungsorientierte Vergütung sorgen.
Praxisbezug wird vermisst
Zudem müsse es im Studium mehr Praxisbezüge geben. Ähnlich wie in der Hochschulmedizin, wo fast alle Universitäten über eigene Kliniken verfügen, sollten die Hochschulen für die Lehrerausbildung eigene Labor- oder Kooperationsschulen erhalten, um die Studenten früher an den Unterrichtsalltag heranzuführen. Im Schulalltag müsse eine "Feedback- und Coaching-Kultur" selbstverständlich werden.
Lehrernachwuchs früh anwerben
Nach Überzeugung der Experten müssen die Länder bereits bei der Gewinnung des Pädagogennachwuchses stärker auf die Kompetenz der Bewerber achten. Der Stifterverband verwies auf Umfrageergebnisse, wonach nicht einmal jeder vierte Abiturient mit Interesse am Lehrerberuf, angab, dass er gut motivieren könne. Nur 13 Prozent der möglichen Lehramtsstudenten hätten Durchsetzungsfähigkeit als ihre persönliche Stärke bezeichnet. Bereits in der Schule sollten geeignete Schüler direkt für das Lehrerstudium geworben werden.
Der Report des Stifterverbandes nimmt auch andere Probleme der Hochschulausbildung ins Visier: Zu hohe Mietkosten seien für Studierende heute eines der größten Probleme, insbesondere in den Städten mit einer von der Exzellenz-Initiative ausgezeichneten Universität. Die Autoren schlagen vor, die Wohnpauschale beim Bafög - derzeit bundesweit einheitlich 224 Euro monatlich - künftig an der jeweiligen regionalen Durchschnittsmiete zu orientieren.
Ausbildung in Problemfächern verbessern
Bei der finanziellen Förderung der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) wünscht sich der Stifterverband künftig mehr Differenzierung. Aktuell lägen die Probleme vor allem beim Maschinenbau mit einer Abbruchquote von 50 Prozent. Aber auch Elektrotechnik und Bauingenieurwesen müssten mehr gefördert werden, während in der Biologie die Erfolgsquote inzwischen bei 80 Prozent liege.