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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verbraucher Wie gut ist unser Fleisch?
Sommerzeit ist Grillzeit. Jede Menge lecker zubereitetes Fleisch kommt dann auf die Teller. Aber wo kauft man es am besten und wie gut sind die schon fertig marinierten Stücke vom Discounter und aus dem Supermarkt? Die ZDF-Sendung "Zeit" ist Sternekoch Nelson Müller der Frage nachgegangen, wie gut unser Fleisch wirklich ist. Dabei entdeckte er vor Ort beim Metzger, im Schlachthof und im Labor Erstaunliches. Wir verraten, woher das Fleisch stammt und wo Sie die beste Qualität finden.
Wer Fleisch im Supermarkt kaufen will, muss sich zunächst zwischen dem fertig abgepackten Fleisch aus der Kühltheke und dem frischeren am Fleischtresen entscheiden. Vor Ort im Supermarkt erfährt Nelson Müller, dass an beiden Theken das gleiche Fleisch zum identischen Preis zu finden ist. Dennoch gibt es Unterschiede: Das Fleisch in der Plastikpackung ist länger haltbar und hat eine besonders ansprechende Farbe. Wie ist das möglich?
Schutzatmosphäre nutzt nicht nur
Unter dem Plastik befindet sich eine spezielle Schutzatmosphäre. Sie besteht zu 82 Prozent aus Sauerstoff und zu 18 Prozent aus Kohlendioxid. Im Labor ließ die ZDF-Redaktion beide Fleischvarianten untersuchen. Dabei fanden die Tester zwei Dinge heraus: Erstens finden sich im frischen Fleisch von der Theke mehr Keime. Zweitens wird das abgepackte schneller zäh. Das liegt an dem hohen Sauerstoffgehalt der Atmosphäre, in der es gelagert wird. Sie sorgt auch für die leuchtende Farbe.
Dann testeten Lebensmittelchemikerinnen bei einer Blindverkostung den Geschmack des Fleisches. Hier schnitt die frische Variante deutlich besser ab als die aus der Kühltheke. Letztlich leiden also Qualität und Geschmack unter der mit Gas befüllten Verpackung, so das ZDF.
Papayaextrakt lässt schlechtes Fleisch zart erscheinen
Ist das abgepackte Fleisch zudem mariniert, sollten Sie besonders vorsichtig sein. Denn hier hat die Lebensmittelindustrie besonders viele Möglichkeiten, zu tricksen. Oftmals wird die Marinade mit Papayaextrakt oder Milchsäurebakterien versetzt. Sie greifen das Fleisch an und sorgen dafür, dass es beim Verzehr besonders zart erscheint. Dieser Effekt ist jedoch künstlich herbeigeführt und lässt minderwertiges Fleisch hochwertiger erscheinen, als es ist.
Fleisch von Discounter und Metzger stammt oft aus gleichem Schlachthof
Wo aber kommt das Fleisch, etwa vom Discounter Aldi, her? Anhand eines Codes auf der Packung kann Nelson Müller herausfinden, dass es in einem Schlachthof in Westfalen zerlegt wurde. Der Schlachthof Tönnies ist der größte Europas. Fast drei Viertel aller deutschen Metzger schlachten nicht mehr selbst. Die großen Schlachthöfe bestimmen den Markt. So ist es möglich, dass sowohl das Fleisch vom Metzger als auch das vom Supermarkt und aus dem Discounter im selben Schlachthof zerlegt wurde, berichtet das ZDF.
Schweinefüße nach China exportiert
In Deutschland ist Fleisch billiger als im Rest Europas. Einer der Gründe dafür ist, dass fast alle Verkaufsstellen mit dem Fleisch aus den gleichen Schlachthöfe beliefert werden. Als weiteren Grund nennt das ZDF die günstigen Arbeitskräfte in den großen Schlachtwerken. Dort werden viele Mitarbeiter benötigt und die sollen möglichst günstig sein. Deshalb werden vielfach Fabrikarbeiter aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien eingesetzt. Sie arbeiten oftmals zu Dumpinglöhnen. Der dritte Grund ist die extrem effektive Verwertung: Alles von etwa einem Schwein findet Verwendung. Die Knochen als Gelatine für Gummibärchen und andere Lebensmittel. Schweinefüße zum Beispiel sind in China eine Delikatesse und werden nach Asien exportiert.
Seltene Züchtungen teuer, aber besser
Für die industrielle Mast werden zudem nur sehr wenige, effiziente und schnell wachsende Schweine- ,Rind- und Hühnerrassen gezüchtet. Das ist ein Mangel, findet der Sternekoch. Denn besonders die Vielfalt ist schmackhaft und bringt Abwechslung auf den Teller. Kleine Höfe haben sich auf die Züchtung von etwa Rock-, Woll- und Sattelschweinen spezialisiert. Sie werden in der Regel draußen gehalten und können dort "ganz Schwein" sein. Im Gegensatz zum industriell gezüchteten Schwein, das schon nach einem halben Jahr sterben muss, leben sie eineinhalb Jahre. Ihr Fleisch ist besonders edel und lecker. Um es auf den Teller zu bekommen, muss man zum speziellen Metzger oder zum Fachhändler fahren. Dabei hat die gute Qualität ihren Preis: Das Kilo kostet 15 Euro. Damit ist dieses Fleisch drei mal so teuer wie das Produkt aus dem Supermarkt.
Test: Fleisch vom Edelmetzger schmeckt am besten
Zuletzt möchte der Profikoch herausfinden, ob sich der Aufwand und Aufpreis tatsächlich lohnt. Bei einem Grillfest bereitet er seinen Gästen Fleisch vom Discounter, aus dem Supermarkt und von Fachhändlern zu. Das Ergebnis: Das Fleisch vom Discounter kommt bei den Essern am schlechtesten an. Auf Platz zwei landet der Supermarkt. Mit Abstand am besten schmeckt ihnen das Fleisch von seltenen Rassen, das von einem Spezialmetzger stammt. Fazit: Es lohnt sich, seltener und dafür besseres Fleisch zu essen. Dabei sollte man einen Händler seines Vertrauens finden und gezielt fragen, woher das Fleisch stammt. Auch nach selteneren Rassen Ausschau zu halten, kann sich lohnen.