Schulkind & Jugendliche Lesen und Rechnen: Grundschüler im weltweiten Vergleich
Die Viertklässler in Deutschland erreichen beim Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften erneut überdurchschnittliche Leistungen. Doch rund jedes fünfte Kind hinkt in problematischer Weise hinterher. Das geht aus der IGLU-Lesestudie und der TIMSS-Mathematikstudie hervor. In den internationalen Vergleichen schneiden die Grundschüler im oberen Drittel ab.
"Wir vergeuden unsere Talente"
Der wissenschaftliche Leiter der Studien, Wilfried Bos, sagte: "Wir haben unsere hohe Position halten können." Allerdings gebe es auch deutliche Anteile von Kindern, die in den drei Bereichen so schlecht seien, dass sie in der Sekundarstufe I Probleme bekommen dürften. Und es gebe im internationalen Vergleich teils weniger Kinder in der obersten Kompetenzstufe. "Das veranlasst einen zur Sorge. Wir vergeuden unsere Talente", sagte Bos. "Das gilt für Lesen, für Mathematik und für die Naturwissenschaften."
Deutschland besser als EU-Schnitt
Der Dortmunder Forscher sprach dennoch davon, dass Deutschland sich unter erschwerten Bedingungen auf hohem Niveau habe halten können. Deutschland befinde sich auf Augenhöhe mit den Ländern der OECD und schneide spürbar besser ab als die EU-Länder im Schnitt.
Kinder lesen viel
Beim Lesen räumten die Wissenschaftler mit Vorurteilen auf. Denn immer mehr Kinder lesen gerne und oft - ungeachtet aller Warnungen vor einer verkümmernden Lesekultur wegen Fernsehens und des Internets. Nie außerhalb der Schule lesen nur noch 11 Prozent. "Unsere Kinder lesen viel, und sie lesen gerne", sagte Bos. "Das ist eine große Leistung unserer Grundschulen und auch unserer Elternhäuser." Die Lesemotivation sei hoch.
Schüler aus Hongkong lesen am besten
An der Spitze liegen bei Lesen und Textverständnis erneut die Schüler aus Hongkong. Sie sind dort ein gutes halbes Schuljahr weiter als deutsche Zehnjährige. An der IGLU-Studie hatten 45 Staaten teilgenommen.
Zukünftige Probleme in Mathe und den Naturwissenschaften?
In Mathematik hatten 19,3 Prozent der Kinder so schlechte Leistungen, dass man annehmen muss, dass sie in der Sekundarstufe I große Probleme bekommen. Nur 5,2 Prozent verfügen über Kompetenz der obersten Stufe. In England waren dies 18 Prozent, auch in Dänemark deutlich mehr.
Bei den Naturwissenschaften liegt Deutschland hinter Tschechien und Finnland im obersten Leistungsdrittel. Doch hier hätten sogar 22 Prozent niedrige Leistungen. Bos sprach von Ergebnissen, "die Schlimmes befürchten lassen in der Sekundarstufe I". Der höchsten Kompetenzstufe seien nur 7,1 Prozent zuzuordnen. "Zufriedenstellend ist es sicherlich nicht, dass wir da die Luft nach oben nicht optimal ausschöpfen."
Herkunft ist weiter ausschlaggebend
Die neue Statistik entkräftet auch Vorurteile zur Erziehung in Familien mit Migrationshintergrund. Insgesamt nur 0,8 Prozent der Kinder sprächen zuhause nie deutsch. "Man kann schwerlich von Parallelgesellschaft sprechen", sagte Bos. "Es sind gerade 4 Prozent unserer Migranten, wo zuhause nie Deutsch gesprochen wird." Insgesamt seien die Migranten die Bildungsgewinner im Grundschultest. Allerdings seien Kinder mit Migrationshintergrund weiter benachteiligt. "Wir kriegen es schlechter hin als der Durchschnitt der OECD." Bulgarien und Ungarn schnitten hier noch schlechter ab.
Die Leistungen seien oft an die Schichtzugehörigkeit gekoppelt. "Ein Kind von einem Professor oder einem Chefarzt hat eine 4,7-fache Chance zur Gymnasialempfehlung im Vergleich zu einem Facharbeiterkind", erläuterte Bos.
Vergleich der Lesefähigkeiten | |
Platzierung | Land |
1 | Hongkong |
2 | Russland |
3 | Finnland |
4 | Singapur |
5 | Nordirland |
6 | USA |
7 | Dänemark |
8 | Kroatien |
9 | Taiwan |
10 | Irland |
11 | England |
12 | Kanada |
13 | Niederlande |
14 | Tschechien |
15 | Schweden |
16 | Italien |
17 | Deutschland |
... | |
44 | Oman |
45 | Marokko |