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Sinus-Jugendstudie: So ticken Jugendliche 2012


Schulkind & Jugendliche
Große Jugendstudie: Wie unsere Teenies wirklich ticken

Von t-online, dpa
28.03.2012Lesedauer: 3 Min.
Sinus-Jugendstudie 2012: Die Teenager von heute leben in ganz unterschiedlichen Lebenswelten.Vergrößern des Bildes
Die Teenager von heute leben in ganz unterschiedlichen Lebenswelten. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Nur wer weiß, was Jugendliche bewegt, kann sie bewegen. Um das herauszufinden, wurde die Sinus-Jugendstudie 2012 beim Heidelberger Sinus-Institut in Auftrag gegeben. Es wurde dabei untersucht, wie Teenager zu Themen wie unter anderem Schule, Karriere, Glaube oder Medien denken. Die zentralen Ergebnisse der Studie wurden am 28. März in Berlin vorgestellt: Wie also tickt die sogenannte Jugend von heute. Hier finden Sie die wichtigsten Fakten zu unseren Teenagern.

Teenager bewegen sich in unterschiedlichen Lebenswelten

Die eine Jugend gibt es nicht. Jugendliche bewegen sich in unterschiedlichen Lebenswelten. Die größten Gruppen bilden dabei die pragmatische Mitte, die Erfolgs- und Lifestyle-Orientierten sowie die Spaß- und Experimentierfreudigen.

Die Studie setzt bei dieser Vielfalt an. Die zweite, qualitative Jugend-Studie des Sinus-Instituts hat mehrere Lebenswelten von Jugendlichen identifiziert und geht der Frage nach, wie Jugendliche in diesen Welten ihren Alltag erleben. Die 14- bis 17-Jährigen beschreiben ihre Wertevorstellung und ihre Einstellungen zu Themen wie Schule, Berufswünschen, Glaube, Engagement und Medien. Sie schildern ihre Hoffnung, ihre Ängste, ihre Art zu leben.

"Wir haben keine Chance auf eine Berufsausbildung"

Trotz unsicherer Zukunftsperspektiven sind die meisten sehr optimistisch die anstehenden Herausforderungen ihres Lebens zu bewältigen. Eine Ausnahme bilden jedoch die Jugendlichen aus prekären Lebensverhältnissen, die immerhin sieben Prozent der 14- bis 17-Jährigen ausmachen und sagen: "Wir haben keine Chance auf eine Berufsausbildung und ein Arbeitsverhältnis". Viele von ihnen träumen auch von realitätsfernen Karrieren als Fußballprofi oder Star. Das heißt auch, dass viele Jugendliche gar nicht wissen, dass die Gesellschaft sie braucht. Der Mehrheit der Jugendlichen ist nicht bewusst, dass Unternehmen aufgrund des demografischen Wandels dringend Fachkräfte benötigen. Die Bereitschaft, sich für einen Schulabschluss anzustrengen oder sich über die Anforderungen des Ausbildungsmarktes schlau zu machen, ist dementsprechend gering.

Geringe Solidarität gegenüber ärmeren Teenagern

Hinzu kommt, dass Jugendliche aus prekären Verhältnissen gemieden und ausgegrenzt werden - vor allem von Jugendlichen aus der Mitte der Gesellschaft. Die Solidarität zu ärmeren Altersgenossen schwindet. Angst vor Überfremdung und eigenem Abstieg äußerten dabei vor allem die Jugendlichen aus der Mittelschicht. Sie werfen den benachteiligten Altersgenossen auch vor, nicht genügend leistungsbereit zu sein. Politik und Gesellschaft müssen sich auch deshalb dafür einsetzen, dass die Jugendlichen aus sozial schwächeren Verhältnissen nicht "abgehängt" werden, so die Auftraggeber der Studie.

Jugendliche haben großes Bedürfnis nach Sicherheit

Bei allen Unterschieden zwischen den Jugendlichen erkennt die Studie auch allgemeine Befunde. So gibt es zum Beispiel in allen Lebenswelten trotz unterschiedlicher Wertevorstellungen ein wachsendes Bedürfnis nach Sicherheit, Freundschaft und Familie. Diese Tendenzen sind eine Reaktion auf gestiegenen Leistungsdruck, zunehmende Gestaltungsoptionen und die Unsicherheit, wie sich das Leben entwickeln wird. "Die 14- bis 17-Jährigen stehen unter einem enormen Druck", sagt mit Marc Calmbach auch der Autor der Sinus-Studie. Den meisten Jugendlichen ist bewusst, dass ihre Berufs- und Lebensaussichten unsicher sind. Deshalb verhalten sich viele wie "Mini-Erwachsene", die immer früher damit beginnen, das Leben und die Karriere aktiv zu gestalten.

Doch Werte wie Sicherheit und Familie werden unter den Teenagern nicht auf traditionelle Weise ausgelebt. Vielmehr leben die Jugendlichen ein individuelles Werte-Patchwork. "Hart arbeiten und auch hart feiern, Job und zugleich Familie, sparen und sich auch etwas leisten", erläutert es Calmbach.

Was Teenager von ihren Schulen verlangen

Die Studie zeigt auch, was Jugendliche in Bezug auf Schule, Berufsorientierung, Glaube, Engagement und Medien denken. An ihren Schulen wünschen sie sich kompetente, empathische Lehrer mit Ausstrahlung. Sie wollen individuell gefördert werden und praxisnah lernen. Wie wichtig die Orientierung an der Lebenswelt ist, zeigt der Blick auf die prekären Jugendlichen: Für sie haben die Inhalte des Unterrichts wenig mit ihrem Alltag zu tun. Schule verbinden diese Jugendlichen mit Zwang, Misserfolg, Ausgrenzung und Konflikten. Die Motivation, sich anzustrengen, ist vergleichsweise gering, weil für diese Jugendlichen kein lohnendes Ziel erkennbar ist. Erfolgserlebnisse beim Lernen haben sie eher abseits von Schule, zum Beispiel, wenn Songtexte oder Choreografien gelernt werden.

Unsere Jugend ist sehr politisch - nur auf ihre eigene Art

Politikverdrossenheit herrscht bei Jugendlichen nur auf den ersten Blick. Tatsächlich interessieren sie sich kaum für institutionalisierte Politik, Parteien oder Verbände. Fasst man den Politikbegriff aber weiter, sind die Jugendlichen sehr wohl politisch. Sie kritisieren Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft, sind bereit sich für andere einzusetzen und engagieren sich gegen konkrete soziale Probleme im eigenen Umfeld. Zwar haben vor allem die "bildungsnahen" Jugendlichen Interesse an politischen Themen, aber viele sozial benachteiligte Jugendliche äußerten konkrete Beschreibungen von Ungerechtigkeiten. Das sind Themen, um die sie in ihrem Alltag gar nicht herumkommen.

Die Sinus-Jugendstudie 2012 wurde von sechs Institutionen beauftragt: Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Bundeszentrale für politische Bildung, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, die Bischöfliche Medienstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Südwestrundfunk wollen mit der Studie den Blick auf die Unterschiedlichkeit jugendlicher Lebenswelten lenken und sie für die Entwicklung lebensnaher Angebote nutzen.

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