Verschärfte Bewerbungspflicht für Unterhaltsfordernde Verschärfte Bewerbungspflicht für Unterhaltsfordernde
Wenn Arbeitslose nach einer Scheidung nachehelichen Unterhalt verlangen, müssen sie nachweisen, dass sie sich umfangreich bewerben - und nicht nur auf Stellenangebote im bisherigen Beruf. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln hervor.
Gerichte setzen fiktives Einkommen an
Gemäß des Urteils (Az.: 4 WF 51/11) müssen sich Betroffene auch auf Stellen neben der erlernten oder bisher ausgeübten Tätigkeit bewerben, teilt die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins mit. Wer sich nicht ausreichend bewirbt und dies nachweist, dem wird ein fiktives Einkommen angerechnet und bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt.
Gericht: Frau kann sich für Kinder - und Seniorenbetreuung bewerben
In dem Fall hatte eine Ehefrau nach der Scheidung von ihrem Mann nachehelichen Unterhalt verlangt. Um ihre Bewerbungsbemühungen nachzuweisen, legte sie insgesamt 40 Bewerbungen innerhalb eines halben Jahres vor. Das Gericht hielt die Anzahl der Bewerbungen für zu niedrig und lehnte die Beschwerde ab. Die Lage am Arbeitsmarkt erfordere außerdem die Flexibilität zum Umlernen. Die Frau hätte sich insbesondere auf Stellen in der Kinder- und Seniorenbetreuung bewerben können. Denn dort bestehe bekanntermaßen ein erheblicher Arbeitskräftebedarf.
Altmodisches Rollenmuster?
Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass auch arbeitslose Männer, beziehungsweise Väter, auf Stellen in der Kinder - und Seniorenbetreuung bewerben müssten? Die Eltern-Redaktion von t-online.de fragte bei einer Fachanwältin für Familienrecht nach. Aus Sicht der Gerichte werde in der Regel von dem tradierten Rollenmuster ausgegangen, wonach die Frauen für Pflege und Betreuung zuständig sind, meint die Fachanwältin Eva Becker aus Berlin. Ein gängiges Argumentationsmuster sei "wer eigene Kinder betreut hat, dem kann man auch zumuten, fremde Kinder zu betreuen."
Eigenverantwortung wird gefordert
Doch einem Mann - selbst wenn er eigene Kinder hat - würden Bewerbungen im Bereich Kinderbetreuung eher nicht auferlegt. Dabei gehe es weniger um Zumutbarkeit einer Tätigkeit als um Qualifikation und Chancen auf dem Arbeitsmarkt - und da seien Jobs für männliche Kinderbetreuer eher die Ausnahme. Doch auch arbeitslosen Männern könne auferlegt werden, sich auf Stellen zu bewerben, deren Anforderungen unter denen des bisherigen Berufs liegen. "Seit der Reform des Unterhaltsrechts wird die Eigenverantwortung für den Lebensunterhalt ganz hoch gehangen", betont Becker.