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Energie-Weltrekord: Noch nie wurde so viel Strom über Windkraft erzeugt


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Ein Riesenrad für neue Energie-Rekorde


Aktualisiert am 30.10.2022Lesedauer: 3 Min.
Offshore-Windpark: Windenergie ermöglicht eine unabhängige und bezahlbare Energieversorgung.Vergrößern des Bildes
Der Windpark "Meerwind" nahe Helgoland: Windenergie ermöglicht eine unabhängige und bezahlbare Energieversorgung. Gerade auf See bringen die Räder viel Leistung. (Quelle: IMAGO/imageBROKER/Wolfgang Diederich/imago-images-bilder)
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Als rauschende Riesen verschrien, sind Windräder dennoch das Rückgrat der Energiewende. Ein neuer Prototyp erreicht nun zuvor unmögliche Höchstleistungen.

Es ist eine bittere Lektion, die Deutschland in der Gaskrise für seine lange Abhängigkeit von russischen Energieexporten lernen muss: Umstrittene AKW bleiben am Netz und Kohlekraftwerke werden wieder angeschaltet, um die Versorgung zu sichern. Im Bundeskanzleramt träumt man gar von senegalesischen Gasfeldern.

Damit aus dem Pflaster für den kurzfristigen Krisenmoment jedoch kein Comeback fossiler Brennstoffe wird, braucht es mehr, aber auch noch effizientere grüne Alternativen. Siemens Gamesa, die Windkraft-Tochter des deutschen Großkonzerns, hat nun einen Prototyp entwickelt, der alle bisherigen Anlagen übertrifft.

In Oesterild, Dänemark, produzierte das Riesenwindrad der Firma zuletzt 359 Megawattstunden innerhalb von 24 Stunden – ein neuer Weltrekord für diesen Zeitraum. Zum Vergleich: Der erzeugte Strom würde ausreichen, um mit einem Elektroauto mehr als 38 Mal um die Erde zu fahren, insgesamt 1,9 Millionen Kilometer.

Der Prototyp mit dem Namen "SG 14-222 DD" soll 2024 in Serienproduktion gehen und dann beispielsweise im Gebiet der Nordsee-Sandbank Doggerbank zwischen Großbritannien und Dänemark zum Einsatz kommen, wo RWE aktuell den Offshore-Windpark "Sofia" bauen lässt.

Ein einzelnes Rotorblatt des Rekord-Windrads misst 108 Meter, was den Durchmesser des gesamten Rotors auf ganze 222 Meter bringt. Mit dieser Größe durchkämmt die Anlage eine Luftfläche von 39.000 Quadratmetern. Auf umgerechnet 5,5 Fußballfeldern sammelt das Rad so Windenergie und verwandelt diese in Strom. Mit einer Leistung von bis zu 15 Megawatt pro Windkraftwerk könnten die 100 geplanten Räder auf der Doggerbank rund 1,2 Millionen britische Haushalte mit grünem Strom versorgen.

Wasserstoffproduktion auf dem Meer

Verglichen mit fossiler Energiegewinnung spare jede dieser Anlagen während ihrer Lebensdauer 1,4 Millionen Tonnen Treibhausgase ein, so die Angaben des Herstellers. Ein weiterer Kniff: In die neue Offshore-Turbine soll ein Elektrolyseur integriert werden - eine Maschine, die hier Meerwasser mithilfe von grünem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufspaltet.

"Im Jahr 2026 rechnen wir damit, dass die Entwicklung erfolgreich abgeschlossen und eine erste Demonstrationsanlage im Wasser stehen könnte", sagt Marco Lange, Pressesprecher für Siemens Gamesa, auf Anfrage von t-online. Die Turbine könne dann direkt auf See die Windenergie in grünen Wasserstoff umwandeln und ihn per Pipeline an Land schicken.

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Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen und den aus ihnen hergestellten schwarzen, grauen, braunen oder blauen Wasserstoffarten, ist grüner Wasserstoff eine nahezu völlig emissionsfreie Alternative und somit ein zentrales Element der Energiewende. Er kann in Sektoren eingesetzt werden, die sich nicht elektrifizieren lassen, wie beispielsweise die Stahlproduktion, der Flugverkehr oder die chemische Industrie.

"Zwischen 2011 und 2021 sind die Stromgestehungskosten [Kosten für die Umwandlung einer anderen Energieform in Elektrizität, Anm. d. Red.] aus Windenergie im globalen Durchschnitt um 70 Prozent gesunken", sagt Lange. Windkraftanlagen benötigten zwar relativ hohe Investitionskosten, doch da sie ohne Brennstoffe auskommen, könne Energie unabhängig von schwankenden Preisen für fossile Energieträger produziert werden. Auch angesichts der steigenden CO2-Steuer ist Windkraft demnach nicht nur ökologischer, sondern auch zunehmend einträglicher als der Betrieb von Kern-, Kohle- und Erdgaskraftwerken.

37 Milliarden Euro in der EU

Aktuell arbeiten mehr als 300.000 Menschen in Europa in der Windindustrie, die insgesamt mit rund 37 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt der EU beiträgt. "Umgerechnet kann man sagen, dass jede neu installierte Windkraftanlage zehn Millionen Euro an Wertschöpfung generiert", sagt Marco Lange. Gehindert wird der Ausbau der Windenergiebranche derzeit durch steigende Energie-, Rohstoff- und Transportpreise sowie langwierige Genehmigungsverfahren.

(Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen)

Gibt es bald schneller mehr Windräder?

Die Erneuerbaren-Richtlinie der EU gibt seit 2018 vor, dass Genehmigungen für den Bau neuer Windräder innerhalb von maximal zwei Jahren vorliegen müssen – seit Sommer 2021 gilt das verbindlich. Doch in Deutschland dauern entsprechende Verfahren häufig vier bis fünf Jahre, bei Windkraftanlagen auf See läuft der Prozess meist noch länger. Ein "Wind-an-Land-Gesetz", das Anfang 2023 in Kraft tritt, soll unter anderem die Verfahren deutlich vereinfachen und dadurch verkürzen. Auch das Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie bereitzustellen, ist dort erstmals gestzlich festgeschrieben.

Um zu verhindern, dass die europäische Windindustrie in dieser ohnehin herausfordernden Lage von günstiger chinesischer Konkurrenz ausgestochen wird, bemüht man sich bei Siemens Gamesa um politische Unterstützung. So forderte Konzern-Chef Jochen Eickholdt jüngst eine EU-Quote für Windräder aus europäischer Herstellung. Dass sich das lohnen könnte, zeigt auch das neueste Modell des Herstellers.

Rund eine Woche, nachdem der 222 Meter breite Prototyp in der Nordsee den bisherigen Stromrekord der Branche gebrochen hatte, legten die Ingenieurinnen und Ingenieure von Siemens Gamesa nach: Der große Bruder des Rekordwindrads ist bereits im Bau und wird einen Durchmesser von 236 Metern haben.

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Die "SG 14-236 DD" soll letztlich ebenfalls 15 Megawatt Leistung bringen. Und könnte den weltweiten Tagesrekord des kleineren Vorgängers noch übertreffen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Marco Lange von Siemens Gamesa
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