Eigenverantwortung beim Klima "Wenn jeder loslegt, dann schaffen wir das gemeinsam"
Es ist leicht, mit dem Finger beim Klimaschutz nach oben zu zeigen. Doch muss nicht jeder Einzelne etwas für die Umwelt tun? Eigenverantwortung heißt das Zauberwort, über das t-online-Leser diskutieren.
Inhaltsverzeichnis
- "Viele kleine Zahnräder bewegen ein großes"
- "Klimaschutz beginnt vor der eigenen Haustüre"
- "Die Flut der erhobenen Vorwürfe muss relativiert werden"
- "Wer mit Energie schludert, soll selbst dafür aufkommen"
- "Es ist die verdammte Pflicht der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen"
- "Die Gier wird von oben vorgemacht"
- "Wenn jeder loslegt, dann schaffen wir das gemeinsam"
t-online-Chefredakteur Florian Harms plädiert dafür, dass sich jedes Individuum an die eigene Nase fasst, um so große Herausforderungen wie die Coronapandemie und den Klimawandel zu bewältigen. Zwar muss die Politik vorgeben und lenken, doch die Bevölkerung kann sich nicht nur zurücklehnen und auf die Verabschiedung von Gesetzen warten.
"Jeder ist gefordert", so lautet der Titel der "Tagesanbruch"-Folge, in der Florian Harms an die Eigenverantwortung jedes Bürgers appelliert. Eine pluralistische Demokratie kann nur funktionieren, wenn jeder mitmacht, meint er. Es ist einfach, aber falsch, nur Politiker für das Scheitern von Krisen verantwortlich zu machen.
Wir wollten von Ihnen wissen: Wie stehen Sie zum Thema Klimaschutz und der Verantwortung jedes Einzelnen? Viele Lesermails erreichten uns; eine Auswahl lesen Sie im Folgenden.
"Viele kleine Zahnräder bewegen ein großes"
t-online-Leser Joachim Preiss kritisiert: "Wir haben nur eine Welt und diese wird von uns systematisch vernichtet zu Gunsten des Profits. Ständiges Wachstum vernichtet die Umwelt." Er findet: "Jeder hat die Möglichkeit, in seinem Lebensbereich auf ein umweltbewusstes Verhalten zu achten und eigenverantwortlich zu handeln. Viele kleine Zahnräder bewegen ein großes."
Weiterhin schreibt Joachim Preiss: "Umweltbewusste Überlegungen in sein Handeln kann jeder einfließen lassen, man muss es nur wollen. Es ist aber leichter, die Verantwortung den anderen aus Bequemlichkeit zu überlassen." Seine Befürchtung ist: "Es muss erst noch richtig wehtun, bevor es bei der breiten Masse klick macht. Aber selbst dann wird wieder mit dem Finger auf die Politik gezeigt, die angeblich versagt hat."
"Klimaschutz beginnt vor der eigenen Haustüre"
t-online-Leserin Christina Stindl pflichtet Joachim Preiss bei: "Klimaschutz beginnt vor der eigenen Haustüre. In den Achtzigerjahren gab es zum Beispiel Waschmittel im Baukastensystem, Kosmetik zum Selbermachen aus Reformhaus und Apotheke, Putzmittel ohne Chemie. Unmerklich sind diese Dinge vom Markt verschwunden."
Weiter schreibt sie: "Elektrogeräte waren auf lange Haltbarkeit ausgerichtet und konnten repariert werden. Damals war natürlich schon bekannt, dass etwas für den Umweltschutz getan werden muss. Handel und Industrie setzten dann wohl andere Prioritäten", merkt sie kritisch an und fordert: "Umso wichtiger ist es heute, als Einzelner tätig zu werden."
"Die Flut der erhobenen Vorwürfe muss relativiert werden"
t-online-Leser Hans-Joachim Schumann stört das Narrativ der Umweltsünder. "Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in Deutschland erstmals eine Demokratie, die sich nicht selbst abschaffen kann, etabliert. Seine Folgen wurden mit einem Wirtschaftswunder beseitigt."
Er fragt rhetorisch: "Muss sich diese Generation dem Vorwurf, 'die Zukunft zu zerstören' unwidersprochen aussetzen? Kann eine Generation Deutscher ohne Differenzierung für die seit Hunderten von Jahren breitflächig entwickelte Industrialisierung, die auch mit Veränderungen der Umwelt vonstattenging, schuldig gesprochen werden? Hätten Fortschritte in Medizin und Technik, bessere und längere Lebenszeiten für die Menschen nicht erreicht werden sollen? Hätte ohne die erlebte Prosperität, die zur schnellen Verbreitung der Nachrichten und zur Verbreiterung des Wissens führte, der heutige Standard mit gefühlter Normalität erreicht werden können?"
Betrachtet Hans-Joachim Schumann die Größe Deutschlands auf der Weltkarte sowie den Grad der von diesem Land ausgehenden Verschmutzung, "muss die Flut der erhobenen Vorwürfe für den einzelnen Deutschen relativiert werden. Das sind wir den vielen Menschen in Deutschland, die sehr verantwortlich mit dem Leben und ihrem Umfeld umgingen und -gehen, schlicht und einfach schuldig."
"Wer mit Energie schludert, soll selbst dafür aufkommen"
t-online-Leserin Birgit Fritzsche nutzt Energie ganz bewusst, wie sie sagt. "Denn schließlich muss und will ich sie ja neben dem Umwelteffekt auch bezahlen können."
Ihr Vorschlag lautet: "Wie wäre es, wenn man Haushalten, die viel Energie verbrauchen, einen Berater, der auch gleich neben der theoretischen Erklärung die Energieeffizienz der Haushaltsnutzung prüft, entsendet – und zwar verpflichtend. Viele Menschen wären vermutlich erstaunt und wohl auch erfreut über das sich so ergebende Einsparpotenzial. Und wer uneinsichtig ist und weiterhin auf Teufel komm raus mit Energie schludert, soll bitte auch selbst dafür aufkommen und nicht die Allgemeinheit dafür heranziehen."
"Es ist die verdammte Pflicht der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen"
t-online-Leser Meinhard Schulte moniert: "Konsum, Verkehr und Ressourcenverbrauch haben längst jedes vernünftige Maß überschritten und können, zumindest in den westlichen Zivilisationen, ja ehrlicherweise nur noch als exzessiv bezeichnet werden."
Schulte meint: "Jeder hat leicht die Möglichkeit, eigenverantwortlich seinen CO2-Fußabdruck zumindest auf Normalmaß zu reduzieren. Er sieht neben der Eigen- aber auch die Regierungsverantwortung: "Es ist auch die verdammte Pflicht der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass sich diejenigen, die Eigenverantwortung zeigen und sich vernünftig verhalten, nicht immer als die Dummen fühlen müssen."
"Die Gier wird von oben vorgemacht"
"Vieles in Florian Harms' 'Tagesanbruch'-Folge ist richtig, wird an der Situation überhaupt nichts ändern", äußert t-online-Leser Lothar Hünefeld. "Wir leben im Kapitalismus, und dieses System ist auf Gewinnstreben ausgerichtet. Dem sind wir alle unterworfen. Die hoffnungslose Überproduktion sorgt dafür, dass sich der Einzelne dem nicht entziehen kann."
Das führt dazu, dass "jeder meint, allen möglichen und unmöglichen Kram brauchen zu müssen, zum Beispiel SUVs. Eine vollkommen überflüssige Werbeindustrie macht uns klar, was wir alles (nicht) brauchen. Es wird gelogen, bis sich die Balken biegen. Für jeden Unsinn wird ein zweifelhaftes Argument gefunden, wozu es nützlich sein soll. Hauptsache ich kann meinen Nachbarn zeigen, was ich mir alles leisten kann."
Lothar Hünefeld sieht folgendes Grundproblem: "Die Gier wird von oben vorgemacht. Warum soll also der kleine Mann nicht gierig sein? Auf Einsicht hoffen, ist völlig zwecklos. Wir machen weiter so, bis es endgültig zu spät ist. Auch Elon Musk und Co. werden sich nicht in den Weltraum retten können. Solange die Politik immer noch von Wirtschaftswachstum faselt, brauchen wir über Umweltschutz nicht diskutieren. Ich fürchte, dass auch die junge Generation daran nichts ändern wird."
"Wenn jeder loslegt, dann schaffen wir das gemeinsam"
t-online-Leser Ernst Mehleit vertritt folgende Meinung: "Da es ja nicht die Welt von ein paar Politikern oder Wirtschaftsbossen ist, sondern unser aller Welt, ist jeder Einzelne gefordert, das zu tun, was er dazu beitragen kann. Jeder kann etwas tun. Es wird die Summe der vielen Taten sein, die etwas bewirkt."
Er ist von Eigenverantwortlichkeit überzeugt: "Auch wenn jeder nur einen prozentual sehr kleinen Beitrag leisten wird, wird doch die Masse von vielen kleinen Einzelbeiträgen die Welt verändern. Wenn jeder loslegt und eben nicht darauf wartet, dass erst andere etwas tun, dann schaffen wir das gemeinsam", da ist Ernst Mehleit sich sicher.
- Einsendungen von t-online-Lesern