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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wahl zum Vogel des Jahres Rotkehlchen war gestern – hier können Sie abstimmen
Für den Vogel des Jahres 2023 hat die Umweltorganisation Nabu unter anderem einen "Serienmörder" nominiert. Die Abkehr von Blaumeise und Co. hat gute Gründe.
Aussehen und Name könnten kaum weiter auseinanderklaffen. Der Neuntöter ist kein großer Raubvogel mit scharfen Krallen, sondern ein graubraunes Federknäuel, das in eine Hand passt. Mörderische Tendenzen hat er dennoch.
Auch wenn der Volksmund bei der Benennung etwas übertrieben hat: Der Neuntöter spießt seine Beute reihenweise auf dornigen Ästen auf – als Snack für später. Seine Vorratskammern in Hecken und Büschen enthalten ab und an auch durchbohrte Frösche, Mäuse und Jungvögel.
Doch der kleine Singvogel hat ein Problem. Ihm gehen die potenziellen Opfer aus.
Ausgerechnet die Hauptnahrung des Neuntöters wird knapp: Der Insektenschwund macht sich bemerkbar. In den vergangenen Jahrzehnten haben vor allem monotone Ackerflächen, Pestizide und der Klimawandel zu einem starken Insektensterben geführt. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat den kleinen Vogel mit dem Zorro-Augenstreif deshalb als Kandidaten für den Vogel des Jahres 2023 auserkoren.
Nabu-Prämierung: Vogel des Jahres
Zum 52. Mal krönt die Umweltorganisation Nabu den Vogel des Jahres. Die Auszeichnung soll zeigen, wie faszinierend die Vogelwelt ist und was geschehen muss, um die wachsende Zahl gefährdeter Arten zu schützen. Stimmen Sie hier für Ihren Favoriten für die Wahl zum Vogel des Jahres 2023 ab.
An allen Fronten unter Druck
Seit Ende der 1980er-Jahre ist die Menge fliegender Insekten in Deutschland um weit mehr als zwei Drittel zurückgegangen, jedes weitere Jahr geht im Schnitt 1 Prozent des verbleibenden Bestands verloren. Dabei sind viele Vogelarten besonders beim Füttern ihrer Jungen auf Insekten angewiesen, nicht nur der Neuntöter.
Neben ihm sind deshalb auch das Braunkehlchen, der Feldsperling, das Teichhuhn und der Trauerschnäpper nominiert. Sie alle haben mit menschengemachten Problemen zu kämpfen, die ihre Lebensgrundlage bedrohen.
"Jeder der fünf Vögel steht für ein Naturschutzthema, das dringend mehr Aufmerksamkeit braucht. Klimakrise, Insektenschwund, intensive Landwirtschaft und Verlust von naturnahem Grün bedrohen die Bestände unserer Vogelarten", sagt Nabu-Geschäftsführer Leif Miller.
So führt der immer frühere Frühlingsbeginn in der Klimakrise unter anderem dazu, dass sich Zugvögel und Standvögel in die Quere kommen: Wenn der Trauerschnäpper aus seinem Winterquartier in Afrika zurückkehrt, sind viele Bruthöhlen und Nistkästen in Deutschland bereits besetzt. Auch das Teichhuhn hat Platzprobleme. Das Uferdickicht, wo es sich am liebsten aufhält und brütet, muss häufig Baumaßnahmen oder Flussbegradigungen weichen.
Und selbst dem Feldsperling wird es zu eng: Besser bekannt als Feldspatz, lebt er inzwischen auch in Siedlungen und Parks. Doch wo Betonplatten und Kieselbeete zunehmend alte Bäume und wilde Gärten verdrängen, findet er nur mühsam Schutz und Nahrung. Ähnlich geht es dem Braunkehlchen, das als Wiesenbrüter gut versteckt im hohen Gras nistet. Je häufiger Wiesen und Äcker gemäht werden, desto schutzloser ist allerdings das Kinderzimmer der Braunkehlchen.
Mehr Aufmerksamkeit für Probleme der Vögel
Seit mehr als einem halben Jahrhundert prämiert der Nabu jährlich den Vogel des Jahres. Seit 2021 bestimmt die Bevölkerung in Deutschland mit, wer die Krone der Vogelwelt bekommt. Nachdem bei der ersten öffentlichen Wahl das Rotkehlchen gewonnen hatte, das zwar ein beliebter Gartenvogel, aber keine gefährdete Art ist, trifft der Nabu eine Vorauswahl der Kandidaten. Aktueller Titelhalter ist noch bis Ende Dezember der Wiedehopf.
Ab sofort können Sie hier online für Ihren Favoriten 2023 abstimmen. Das virtuelle Wahlbüro der Organisation schließt am Vormittag des 27. Oktobers 2022. Der Sieger wird noch am selben Tag bekannt gegeben.
- Eigene Recherche
- Nabu-Pressemitteilung (02.09.2022): "NABU und LBV rufen wieder zur Vogelwahl auf"