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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Experte äußert sich Gibt es in diesem Jahr besonders viele Wespen?
Aktuell tauchen sie wieder am Esstisch auf: Wespen sind im Hochsommer ungeliebte Gäste. Doch gibt es in diesem Jahr wirklich mehr der Insekten?
Sommerzeit ist Wespenzeit: Wer derzeit grillt, draußen isst oder auch nur ein Bier trinken geht, ist häufig von den Insekten genervt. Schnell entsteht der Eindruck, es gäbe in diesem Jahr besonders viele der Tiere. Doch ist das wirklich der Fall?
Nein, sagt der Nabu-Wespenexperte Stephan Härtel im Gespräch mit t-online. Zumindest für den Raum Berlin-Brandenburg erklärt er: "Hier gibt es deutlich weniger Wespen als noch im vergangenen Jahr." 2022 war ihm zufolge ein Wespenjahr – für 2023 sehe es ganz anders aus, auch aus anderen Regionen in Deutschland werde ihm gesagt, dass es weniger Wespen gebe als noch im vergangenen Jahr.
Das bestätigen auch die Ergebnisse des Nabu-Insektensommers 2023: "Ein außergewöhnliches Wespenjahr ist nicht mehr zu erwarten, obgleich die Völker ihre volle Kopfstärke erst in drei bis vier Wochen erreichen", hieß es vom Nabu bereits vor einigen Tagen. Wie bereits im Juni seien die Zahlen aktuell eher unter Normalniveau. "Es wird wie immer reichlich Wespen in den Kuchenauslagen der Bäckereien geben und sie werden auch am Kaffeetisch nerven", erklären die Experten, "Aber nicht mehr als üblich."
Wespenpopulation steigt mit Insektenpopulation
Doch woran liegt das? Ob es viele oder wenige Wespen in einem Sommer gibt, dafür gibt es laut Härtel "multiple Faktoren". Darunter Nahrungsverfügbarkeit, Wetterverlauf und die Population der Königinnen im Vorjahr. "Es ist wichtig, wie viel Nahrung zu finden ist – also wie viele andere Insekten es gibt", erklärt der Experte. Gab es im Vorjahr viele Wespenköniginnen, wirke sich das natürlich auch positiv auf das kommende Jahr aus.
Was das Wetter betrifft, seien Aussagen meist spekulativ, so Härtel. Es sei nicht gut für Wespen, wenn es zu kalt sei – in diesem Frühjahr sei es zwar noch kalt gewesen, dann folgte jedoch eine lange warm-trockene Periode. Daher sei es schwer zu sagen, warum es aktuell weniger Wespen gebe.
Spätsommer dient Wespen als Aufzuchtzeit
Doch warum wirkt es trotzdem für viele so, als schwirrten aktuell besonders viele Wespen herum? Eine mögliche Erklärung liefert die Naturzentrale des Landkreises Bautzen. Sie wirbt aktuell um Verständnis für die Wespen, die gerade in diesen Tagen sehr aktiv sind.
"Im Spätsommer wird der sich bildende Staat durch die Aufzucht von Männchen und jungen Königinnen ergänzt. Die Wespenarbeiterinnen haben jetzt sehr viel zu tun, denn alle Tiere müssen mit ausreichend Nahrung versorgt werden", teilte die Naturzentrale mit.
Für Wespen gehe es in dieser Zeit ums Überleben als Wespenstaat. "Kein Wunder also, dass sie aggressiver erscheinen. Am sichersten ist es, Lebensmittel im Freien abzudecken und Reste wegzuräumen. Wer Mitgefühl mit den hungrigen Tieren hat, kann an einem entfernten Platz ein Schälchen mit Saft aufstellen, an dem sich die Tiere tummeln können."
"Wespen sind die besseren Bienen"
Das unterstützt auch Stephan Härtel: "Ich sage immer: Wespen sind die besseren Bienen." Denn während Bienen "nur" als Bestäuber fungieren, haben Wespen noch weitere wichtige Funktionen.
"Als Fleischfresser regulieren Wespen auch Schadpopulationen anderer Insekten, sie sind natürlich auch Bestäuber, aber eben auch sehr wichtig in der biologischen Schädlingskontrolle." Hinzu komme, dass Wespen Aas sehr schnell verwerten. "Das ist eine wichtige Ökosystemfunktion, so kommen Keimherde gar nicht erst zustande", bekräftigt Härtel.
Deshalb solle man Wespen nur in Notsituationen töten. "Sonst sollte man sie immer versuchen zu bewahren und zu fördern, wenn es geht", sagt der Experte. Wem es gefällt, der könne beispielsweise Kästen aufhängen oder in trockenen Zeiten Wasserquellen anbieten. In jedem Fall sollten Sie Wespen nicht aktiv bekämpfen.
Fangen, Verletzen und Töten von Wespen ist verboten
Grundsätzlich ist das Fangen, Verletzen und Töten der Tiere sowie das Beschädigen oder Zerstören aktiv genutzter Nester ohne triftigen Grund sogar verboten. Bauen die Tiere ihr Nest aber direkt am Türrahmen der Wohnungstür, darf man die Behausung selbstständig entfernen.
Bei der Wespenart Hornisse verhält es sich anders. Hornissen sind laut Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Laut Naturzentrale sind sie deutlich entspannter als ihre Artverwandten und erfüllen wertvolle Aufgaben im Ökosystem. Als "Naturpolizei" würden sie aktiv der Massenvermehrung von Schädlingen entgegenwirken.
- Gespräch mit Stephan Härtel, Diplom-Biologe und Wespenexperte beim Nabu Berlin
- nabu.de: "Der Insektensommer 2023 geht in die Schlussphase"
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa