Mythos oder Wahrheit Werden Füße in der Schwangerschaft wirklich größer?
Die Behauptung, dass Frauen während und nach einer Schwangerschaft
"Aufgebläht wie Ballons", "unansehnliche Quadratlatschen" oder "Riesentreter, die nur noch in Flip-Flops passen" – so oder so ähnlich beschreiben viele werdende Mütter ihre Füße, wenn diese im Laufe von neun Monaten ebenso wie der Bauch kontinuierlich an Größe zunehmen.
Die meisten Schwangeren bekommen größere Füße
Mit den Volumina weiblicher Füße während der Schwangerschaft hat sich auch eine Doktorarbeit der Universität Münster von Johannes Christian Hentschel von 2016 auseinandergesetzt. Dabei wurden regelmäßig die Füße von 40 Frauen vermessen. Das Ergebnis: Fußlänge, Breite und Volumen nahmen sehr oft zu. Im Durchschnitt wurde der Fuß 1,8 Millimeter länger und zwei Millimeter breiter. Und er wurde vor allem dicker.
Hauptursache sind Wassereinlagerungen
Gerade in der zweiten Schwangerschaftshälfte tritt dieses Phänomen bei etwa 70 Prozent der Frauen auf, weil der weibliche Körper nun vermehrt Wasser im Gewebe einlagert. Ein Grund dafür – so die klinische Studie – ist die vergrößerte Gebärmutter, die nun verstärkt im Becken auf Lymphgefäße und Venen drückt. Dadurch fließt das Blut aus den Füßen langsamer zum Herzen zurück und es kommt zum Rückstau.
Eine Rolle spielt dabei auch, dass das Gefäßsystem nun bis zu zwanzig Prozent mehr Blut bewältigen muss. Die Folge davon: Der Druck erhöht sich und die beanspruchten Gefäßwände sind den einwirkenden Kräften nicht mehr gewachsen. Dadurch sickert Flüssigkeit aus dem Blut ins Gewebe und lagert sich dort ein. Der Schwerkraft folgend macht sich das in den Füßen besonders stark bemerkbar – sie schwellen an.
Progesteron reduziert Spannkraft
Zusätzlich begünstigt wird die Gewebeschwäche durch Progesteron: Dieses von der Plazenta verstärkt produzierte Hormon sorgt vor allem dafür, dass die Elastizität der wachsenden Gebärmutter erhöht wird. Der unangenehme Nebeneffekt dabei ist: Auch die Spannkraft anderer Gewebestrukturen lockert sich.
Ein weiterer Faktor, der die Schwellungen an den Füßen fördert, ist der veränderte Eiweißhaushalt. Je näher der Entbindungstermin rückt, nimmt frau zunehmend mehr Proteine auf und scheidet im Gegenzug immer weniger davon aus. Dies führt wiederum zum Austritt von Wasser aus den Gefäßen. Aus dem vergrößerten "Eiweiß-Vorrat" im mütterlichen Organismus, würden dann – so die Expertenerklärung – Zelleiweiße des Kindes gebaut.
Platt getretene Füße auch noch nach der Geburt
Für die meisten Frauen sind dicke Füße nach der Geburt zum Glück ziemlich schnell wieder passé. Die Flüssigkeitseinlagerungen schwemmt der Körper nach und nach wieder aus, so dass die Füße schon nach wenigen Wochen wieder normal erscheinen und ihre ursprünglichen Ausmaße angenommen haben.
Bei manchen frischgebackenen Mamas bleiben allerdings Plus-Size-Veränderungen unterhalb der Fesseln dauerhaft erhalten. So berichtet Miriam: "Bevor ich meine beiden Kinder bekam, passte ich noch in Schuhgröße 39, heute brauche ich Größe 41 – und ich fürchte, daran ändert sich nicht mehr viel – wahrscheinlich auch, weil ich immer noch ein paar Pfunde mehr auf den Rippen mit mir rumschleppe."
Und Sonja klagt: "Ich habe nach der Geburt meines Sohnes die Hälfte meiner schicken und eleganten Schuhe leider aussortieren müssen. Irgendwie kam ich mir beim Anprobieren wie Aschenputtel vor. Überall klemmte und drückte es. Vor allem in der Breite wurde alles eingequetscht."
Das Fußgewölbe wird nach und nach durchgedrückt
Genauer untersucht wurden solche nachgeburtlichen anatomischen Umformungen des Laufapparates in einer Studie der US-amerikanischen Universität Iowa. Hier fanden Forscher heraus, dass bei einigen Frauen die Füße nach einer Entbindung um bis zu zwei Schuhgrößen gewachsen waren. Auch noch Monate später waren die Füße einiger Untersuchungsteilnehmerinnen deutlich länger und breiter als zu Beginn der Schwangerschaft, obwohl dann die typischen Wassereinlagerungen bereits abgebaut waren.
Dass es zu solchen nachhaltigen Vergrößerungen kommen kann, führen die Experten auch auf die vermehrte Belastung der Knochen samt ihrer Bänder zurück. Während der Schwangerschaft muss vor allem das Gehgerüst das Mehr an Pfunden abfedern. Dadurch drücken sich Längs- und Querbogen des Fußgewölbes verstärkt durch und die Festigkeit der Konstruktion nimmt ab.
Schlaffe Bänder durch Schwangerschaftshormone
Schuld an der schwächelnden Fußstatik sollen dabei vor allem die Bänder tragen – so die Erkenntnisse der amerikanischen Wissenschaftler. Denn diese Stabilisatoren an den Gelenken – und davon gibt es einige am Fuß – leiden ebenfalls unter den veränderten hormonellen Bedingungen während einer Schwangerschaft: Sie werden nachweislich schlapper und büßen an Festigkeit ein. Ärzte behandeln diese orthopädischen Auffälligkeiten dann als Spreizfuß.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.