Drohende Frühgeburt Wann der Muttermund operativ verschlossen werden kann
Lange war eine Cerclage - der operative Muttermundverschluss - in der Gynäkologie eine verbreitete Methode, um bei werdenden Müttern eine verfrühte Geburt zu verhindern. Doch dieser Eingriff war oft wirkungslos, wenn es nicht gelang, die Ursachen für vorzeitige Wehen zu beseitigen. Deshalb wird diese Behandlungsweise heute nicht mehr häufig eingesetzt.
Der aus dem Französischen stammende Begriff Cerclage bedeutet wörtlich übersetzt "Umschlingung“ beziehungsweise "Umringung". Dabei verschließen oder verengen Ärzte den Gebärmutterhals mit einem Band, ähnlich wie beim Zuziehen eines Turnbeutels. Manchmal wird der Muttermund auch vollständig zugenäht. Bei beiden Eingriffen ist eine Vollnarkose oder eine rückenmarksnahe Anästhesie (PDA) unverzichtbar.
Pessar als Alternative zur Cerclage
"Als Alternative bieten sich auch spezielle Pessare aus Silikon an, die ambulant wie ein Ring um den Muttermund herum gelegt werden", erklärt Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover. Diese Variante erspart der Patientin zwar die Narkose und den Klinikaufenthalt, das Pessar muss jedoch häufiger gewechselt werden.
Vom Allheilmittel zur umstrittenen Methode
Mit einer Cerclage soll verhindert werden, dass sich der Gebärmutterhals zu früh öffnet und den Muttermund weitet. Ziel ist, die Schwangerschaft möglichst bis zum errechneten Geburtstermin zu verlänger. Bis in die 1970er Jahre wurde diese Methode verbreitet als Allheilmittel gegen eine mögliche Frühgeburt empfohlen.
Auch später noch empfahlen Geburtsmediziner den vollständigen Verschluss des Muttermundes, um Infektionen zu verhindern, die von der Vagina in die Gebärmutter vordringen könnten. Allerdings waren die Erfolge nicht so überzeugend, wie erhofft. Denn wenn es nicht gelingt, gleichzeitig auch die vorzeitigen Wehen zu stoppen, birgt es für die Mutter sogar Gefahren, wenn die Cerclage nicht schnell genug wieder geöffnet wird.
"Bei der Einlage einer Cerclage, die über die Scheide vorgenommen wird, können außerdem Keime in die Vagina und in die Keimhöhle verschleppt werden - es kann zu Infektionen kommen, die man ja eigentlich vermeiden wollte", ergänzt der erfahrene Gynäkologe.
Wann eine Cerclage sinnvoll ist
Trotz solcher "Risiken und Nebenwirkungen" ist die Cerclage bei bestimmten Diagnosen ein sinnvolles Vorsorge-Instrument gegen eine drohende Frühgeburt. Das betrifft vor allem Schwangere, die unter einer angeborenen Gewebeschwäche leiden oder bei denen der Muttermund etwa nach einer Operation am Gebärmutterhals nicht mehr intakt ist. Aber auch bei Frauen, die schon häufiger Frühgeburten hatten oder Mehrlinge erwarten, kann die Maßnahme hilfreich sein.
Wann eine Cerclage nicht in Frage kimmt
"Bevor eine Cerclage durchgeführt werden kann, müssen unbedingt einige Faktoren ausgeschlossen werden, die eine Frühgeburt auslösen können", so Albring. Dazu gehören eine unentdeckte Infektion oder eine Plazenta-Insuffizienz. Bei einer Plazenta-Insuffizienz funktioniert der Mutterkuchen nur unzureichend und das Baby wird schlecht mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
Zudem müsse sichergestellt sein, das keine vorzeitige Plazentalösung oder andere Erkrankungen der Plazenta vorliegen, die den verfrühten Geburtsbeginn zwingend machen. Ansonsten würde eine Cerclage die Situation verschlimmern. Außerdem darf der Muttermundverschluss nur dann durchgeführt werden, wenn keine Wehentätigkeit vorhanden ist, erklärt Albring.
Trotz Cerclage müssen Frauen viel liegen und sich schonen
Wird der Gebärmutterhalsverschluss vorsorglich durchgeführt, sollte das möglichst früh geschehen - üblicherweise zwischen der 14. und 16. Schwangerschaftswoche. Bei Frauen, deren Muttermund sich erst im weiteren Verlauf der Schwangerschaft öffnet, könne eine Notfall-Cerclage, so die Angabe von "Frauenärzte im Netz", sogar noch bis zur 28. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden.
Wirklich erfolgversprechend kann ein solcher Eingriff allerdings nur bei Patientinnen sein, die sich danach schonen. "Wenn der Muttermund verschlossen wird", erklärt der Facharzt, "muss die Frau körperliche Belastungen unbedingt vermeiden, in manchen Fällen auch über Wochen liegen, bis das Baby reif genug ist und man eine Geburt riskieren kann."
Wann die Einschnürung gelöst wird
So warten die Mediziner möglichst lange ab, bis sie eine Cerclage wieder lösen. Denn diese Prozedur kann erneut vorzeitige Wehen provozieren. Deshalb versucht man meist, bis zur 37. Schwangerschaftswoche mit dem Entfernen einer solchen Einschnürung zu warten, weil dann die Entwicklung des Babys abgeschlossen ist.
Doch nicht immer verläuft nach der Operation am Gebärmutterhals das Timing optimal. "Falls unstillbare Wehen früher auftreten", so Albring, "muss die Cerclage sofort gelöst werden, weil sonst das Gewebe einreißen kann. Auch mit medikamentösen Wehenhemmern lässt sich dann eine beginnende Geburt nicht mehr aufhalten - und wenn, dann nur für wenige Tage."
Ob eine Cerclage trotz der damit verbundenen Risiken im Einzelfall sinnvoll ist, hängt immer von der individuellen Indikation der jeweiligen Patientin ab. Letztendlich muss jede Frau in Absprache mit ihrem behandelnden Arzt abwägen, ob der Eingriff für sie tatsächlich notwendig ist.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.