Johanna Ehe an der Entscheidung zerbrochen - "Ich habe mich in ihm getäuscht"
Johanna und Mark hatten bereits zwei Kinder. Absolute Wunschkinder, gesund, munter und im Grundschulalter. Doch Johanna hatte das Gefühl, dass noch eines fehlt. Der Wunsch nach einem dritten Kind war so stark, dass die 39-Jährige alles daran setzte, ihren Mann davon zu überzeugen. Doch Mark hatte Zweifel. Er wollte das Schicksal nicht herausfordern.
"Ich will nicht bemitleidet werden!"
"Was, wenn das Kind krank ist? Du bist schließlich nicht mehr die Jüngste, die Wahrscheinlichkeit steigt mit jedem Jahr", so Marks Hauptargument. In seiner Kindheit hat der Industriekaufmann hautnah miterlebt, was es bedeutet, ein Kind mit Down-Syndrom in der Familie zu haben. Sein Cousin hat Trisomie 21 und er selbst hat die Situation als belastend empfunden. "Alles dreht sich um das eine, das besondere Kind. Was ist dann mit den anderen beiden, die kommen dann zu kurz!" war eines seiner Argumente. Ein anderes: "Ich will nicht von allen angestarrt und bemitleidet werden!"
Nach vielen Diskussionen einigte sich das Paar darauf, es trotzdem noch einmal mit einem Baby zu probieren. "Seine Bedingung war eine Fruchtwasseruntersuchung, wenn ich schwanger sei", erinnert sich Johanna. Sie ließ sich darauf ein, wohl wissend, dass sie nicht bereit wäre, ein Kind abzutreiben. "Ich wusste schon, dass das ihm gegenüber nicht ganz fair war, aber ich habe einfach so sehr gehofft, dass wir gar nicht erst in diese Situation kommen. Außerdem war ich überzeugt davon, dass Mark es dann, wenn es soweit wäre, auch nicht übers Herz bringen würde. Schließlich wäre es unser Kind."
Die selektive Wahrnehmung schlug mit voller Wucht zu
Johanna war bereits ein Stück über 40 als der Schwangerschaftstest endlich ein positives Ergebnis zeigte. "Wochenlang habe ich versucht, den Gedanken an die bevorstehende Fruchtwasseruntersuchung von mir wegzuschieben. Die Vorstellung, dass eine lange Nadel unserem Baby so nah kommen könnte, hat mir Alpträume verursacht." Aber Mark ließ nicht locker, betonte immer wieder, dass er es mental nicht schaffen würde, ein krankes Kind aufzuziehen und das auch auf keinen Fall versuchen wolle. "Auf der einen Seite schätzte ich seine Ehrlichkeit. Ich wusste, woran ich war. Auf der anderen Seite konnte ich seine Einstellung einfach nicht verstehen. Und je vehementer er sie vertrat, desto mehr entfernte ich mich innerlich von ihm."
Plötzlich sah sie überall Kinder mit Down-Syndrom, beobachtete, wie andere Familien damit umgehen. Irgendwann war ihr klar: Eher hätte sie sich scheiden lassen, als ein solches Kind abtreiben zu lassen. "Das hätte ich nie übers Herz gebracht."
Die Wartezeit ist grausam
Johanna zog den Termin für die Fruchtwasseruntersuchung so weit wie möglich nach hinten - mit dem Argument, dass das Risiko einer Fehlgeburt dann geringer sei. "Als ich dann doch irgendwann da lag, hatte ich das Gefühl, mein Kind und ich sind der Medizin und der Technik völlig ausgeliefert. Und ich habe Mark dafür die Schuld gegeben. Mir liefen die Tränen nur so herunter. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich je in meinem Leben so hilflos gefühlt habe wie dort auf der Liege."
Die Wartezeit auf das Ergebnis zog sich gefühlt unendlich in die Länge. "Als der Anruf endlich kam, musste ich dreimal nachfragen, ob wirklich alles in Ordnung sei, ich konnte es gar nicht glauben."
Die Beziehung hat diese Prüfung nicht überstanden
Der kleine Nils kam gesund auf die Welt. Die Ehe zwischen Mark und Johanna aber ist zerbrochen. "Das war natürlich nicht der Grund, aber irgendwie der Anfang vom Ende. Ich konnte nicht nachvollziehen, was in Mark vorging - diese Schönwettereinstellung nicht verstehen. Das Leben besteht aus Höhen und Tiefen, wir werden mal alt und gebrechlich, vielleicht krank oder entstellt. Ich hatte das Gefühl, dass er mich dann im Stich lassen würde."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.