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Geburtsrisiken: Frauenärzte raten zur Klinikgeburt


Geburt
Geburtsrisiken: "Die gefährlichste Stunde im Leben jedes Menschen"

Von t-online
Aktualisiert am 28.10.2013Lesedauer: 3 Min.
Frauenärzte raten zur Geburt in einem Krankenhaus (Symbolbild).Vergrößern des Bildes
Frauenärzte raten zur Geburt in einem Krankenhaus (Symbolbild). (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Weniger als zwei Prozent der Geburten in Deutschland sind heutzutage Hausgeburten und nur etwa 500 der rund 19.000 Hebammen bieten eine Geburt in den eigenen vier Wänden überhaupt an. Das mag auch mit Risiken einer solchen Geburt zusammenhängen, die nicht zu unterschätzen sind, wie der Berufsverband der Frauenärzte erklärt.

Zehn und 20 - die magischen Zahlen der Geburtsmedizin

"Die Stunde der Geburt ist die gefährlichste Zeit im Leben jedes Menschen", ist sich Christian Albring, Präsident des Frauenärzteverbdands, sicher. Deshalb gebe es in der ärztlichen Geburtsmedizin zwei magische Zahlen, bei denen es um Sicherheit geht: Wenn sich die Situation während einer Geburt unvorhergesehen verschlechtert, sollte es nicht länger als zehn Minuten dauern, bis die Hebamme einen geburtsmedizinisch ausgebildeten Arzt geholt hat, und nicht länger als 20 Minuten sollte es dauern von dem Moment, in dem ein Arzt die Notsituation festgestellt hat bis zum Beginn des Kaiserschnitts.

Diese Zeiten könnten laut dem Berufsverband der Frauenärzte nur eingehalten werden, wenn die Entbindung in einer personell gut ausgestatteten Geburtsklinik stattfindet oder allenfalls dann, wenn ein von Hebammen geführter Kreißsaal in unmittelbarer Nähe zu einem Krankenhaus liegt, das rund um die Uhr eine fachärztliche Versorgung garantiert. Für Geburten, die von Hebammen betreut werden, gibt es jedoch keine solchen strengen Vorgaben. Deshalb dürfen Hausgeburten und Entbindungen in Geburtshäusern auch weit weg von einer Geburtsklinik durchgeführt werden.

Seit der Notsituation vergingen zwei Stunden: Hebamme muss Schmerzensgeld zahlen

In Augsburg endete nach langer Prozessdauer ein Verfahren gegen eine erfahrene Hebamme: Sie hatte eine Entbindung in einem Geburtshaus betreut, die in eine unvorhergesehene Notsituation eingemündet war. Zunächst waren während der Geburt die Herztöne des Kindes langsamer geworden, ein Anzeichen für eine verschlechterte Versorgung des kindlichen Gehirns mit Sauerstoff. Die Hebamme hatte das jedoch zunächst nicht als Alarmzeichen gedeutet. Als der Herzschlag des Kindes immer langsamer wurde, holte sie letztlich einen Notarztwagen und ließ die Frau in die Klinik fahren. Bis schließlich der Kaiserschnitt durchgeführt wurde, waren von Beginn der kritischen Situation an zwei Stunden vergangen. Der heute siebenjährige Julian kam mit Anzeichen eines schweren Sauerstoffmangels zur Welt und wird sein Leben lang schwerbehindert bleiben.

Die Richter sprachen nach verschiedener Gutachten Julian ein Schmerzensgeld von 625.000 Euro zu und urteilten, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten auch ein Leben lang für alle Kosten aufkommen muss, die aus Julians Behinderung entstehen. So könnten auf den Versicherer Millionenbeträge zukommen.

Was der Verband der Frauenärzte nicht erwähnt, ist, dass es in der Vergangenheit auch schon bei Klinikgeburten zu Fehlern durch Ärzte kam, die ähnliche Folgen hatten: In einem Bonner Krankenhaus kam ein Junge mit irreparablen Hirnschäden zur Welt, weil er während der Geburt zu lange keinen Sauerstoff bekam. Das Gericht verurteilte daraufhin in diesem Jahr zwei Ärzte zu einem Schmerzensgeld von 400.000 Euro.

Risiken lassen sich nicht gänzlich ausschließen

"Die Mutterschaftsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sehen die Schwangerenvorsorge in ärztlichen Händen", sagt Christian Albring. "Wenn Hebammen die Schwangere mitbetreuen, ist das bei unauffälligen Schwangerschaften ebenfalls in Ordnung. Auch die Leitung einer normalen, problemlosen Geburt durch eine Hebamme ist selbstverständlich und sogar gesetzlich festgelegt. Aber bei jeder Geburt, selbst bei völlig unauffälligen Schwangerschaften kann sich plötzlich eine Gefahrensituation ergeben, bei der nur ein schneller Kaiserschnitt schwere Schäden und auch dauerhafte geistige und körperliche Behinderungen des Kindes vermeiden kann“, warnt der Frauenarzt.

Keine werdende Mutter und keine Hebamme könne ein solches Risiko vor der Geburt mit Sicherheit ausschließen. Deshalb rät Albring zur Klinikgeburt: "Eine persönliche Atmosphäre und die Begleitung durch eine eigene Hebamme werden dadurch ja nicht ausgeschlossen.“

"Zauber der Hausgeburt": Es gibt auch Befürworter

Doch trotz tragischer Schicksale wie dem von Julian gibt es auch Studien und Experten, die Frauen eine Hausgeburt empfehlen. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe hat beispielsweise ergeben, dass Hausgeburten, vorausgesetzt, dass Mutter und Kind gesund sind und die Schwangerschaft normal verläuft, genauso sicher sind wie alle anderen Geburten.

Martina Eirich, die frühere Vertreterin der bundesdeutschen Hausgeburtshebammen innerhalb der Gesellschaft, spricht im Interview mit der Elternredaktion von t-online.de sogar vom "Zauber der Hausgeburt": Sie selbst habe noch nie eine Klinikgeburt erlebt, "die an die schlechtesten, sprich anstrengendsten, Hausgeburten heranreichte."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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