"Mommy Makeover" Straffe Brust nach Schwangerschaft - Trend zu Schönheits-OPs für Mütter
Eine Schwangerschaft hinterlässt bleibende Spuren am Körper einer Frau: Nach der Stillzeit empfinden viele Frauen ihren Busen als entleert und schlaff. Eine plastische Schönheits-OP kann das ändern, dieser Gedanke wirkt auf viele Frauen faszinierend. Sie wollen die Veränderungen nicht akzeptieren und werden zur neuen Zielgruppe der Schönheitschirurgen. Einer Umfrage zufolge sind Bruststraffungen auch in Deutschland immer stärker gefragt. Das sagen plastische Chirurgen zu diesem nicht risikofreien Trend.
"Die Brust ist für Frauen ein ganz wichtiges Thema, sie ist elementar für ihre Weiblichkeit", betont Professor Jutta Liebau. Die Chirurgin ist Präsidentin der Deutschen Gesellschaft der plastischen, rekonstruktiven und ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Sie erlebt in der Klinik in Düsseldorf täglich Frauen mit ganz eigenen Leidensgeschichten. Dabei geht es nicht immer um ein fernes Schönheitsideal, es geht oft um körperliche Schmerzen oder um ein angegriffenes Selbstwertgefühl.
Wenn nach einer oder mehreren Schwangerschaften die Brüste tropfenförmig hängen, dann wird das für viele Frauen zur psychischen Belastung: Sie fühlen sich beim Sport und anderen körperlichen Aktivitäten gehemmt und in ihrer Sexualität beeinträchtigt. Der Blick in den Spiegel wird im schlimmsten Fall zur Qual, das Selbstwertgefühl leidet.
Stillzeit bedeutet Busen mit Idealform
"In der Stillzeit hat die Brust praktisch eine Idealform", erklärt Liebau, Volumen und Form sind perfekt und üppig, die Haut straff. Doch kaum lässt mit dem Abstillen die Hormonproduktion nach, verringert sich deren Umfang. "Nach einer Schwangerschaft erscheint die Brust meist entleert, schlaff und hängend. Die Brustwarze steht relativ gesehen tiefer, Fülle im Dekolleté ist häufig ganz verloren", erläutert Professor Dennis von Heimburg von der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC). Hängend, übergroß, geschrumpft, nicht mehr vorhanden - frustrierend für die Frauen, die eben noch den Idealbusen hatten.
Schwachstelle Hautmantel: "Busen wirkt schlaff und entleert"
Die Schwachstelle ist der Hautmantel. Er kann sich meist nicht im selben Maße wieder zusammenziehen wie das Brustinnere. "Wie gut er das kann, hängt stark von Inhaltsstoffen der Haut wie dem Kollagen und dem Elastin ab", erklärt Uwe von Fritschen, Experte für Brustchirurgie in der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Diese verändern sich mit dem Alter, sind aber zum Teil auch genetisch vorgegeben.
Daneben verringern Rauchen und häufige Sonnenbestrahlung die Elastizität der Haut. "Generell ist die Haut an der Brust dünner und unelastischer. Sie wird daher nicht ganz so gut zurückschrumpfen wie am Bauch", ergänzt DGÄPC-Präsident Sven von Saldern. Und schließlich spielt auch die von Mensch zu Mensch unterschiedliche Struktur des Bindegewebes eine Rolle.
Schönheits-OPs bieten keine Garantie
Eine Garantie, dass die Brust nach einem plastischen Eingriff genauso aussieht wie erträumt, gibt es jedoch nicht. Trotzdem entscheiden sich immer mehr Frauen für eine brustformende Operation: 2012 zählte die Bruststraffung erstmals zu den Top Ten der beliebtesten Behandlungen beim plastischen Chirurgen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Außerdem beobachtet Liebau bei Müttern den Wunsch nach massiver Gewichtsreduktion.
"Ein schlechtes Ergebnis lässt sich nie wiedergutmachen"
Mit Gymnastik, Cremes oder physikalischen Behandlungen lässt sich die ursprüngliche Brustform nicht wieder herstellen. Für Frauen, die sie unbedingt zurückerlangen wollen, ist ein medizinischer Eingriff der einzige Weg. "Frauen sollten eine solche Operation ausschließlich von einem Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie durchführen lassen", rät von Fritschen.
Er verweist darauf, dass die Berufsbezeichnung "Schönheitschirurg" nicht geschützt ist. Ein Arzt ohne entsprechende Ausbildung und Erfahrung kann einiges falsch machen. "Ein schlechtes Ergebnis lässt sich nie wiedergutmachen. Versetzt beispielsweise ein unerfahrener Operateur die Brustwarze zu hoch, dann wird sie oben aus dem BH rutschen", sagt von Heimburg.
Eine gute Entscheidungsgrundlage sind mehrere Beratungsgespräche. Darin gilt es, die Expertise des Facharztes zu erfragen und herauszufinden, ob und mit welchen Methoden dieser die Wünsche realisieren kann. "Zu einer ausführlichen Beratung gehört auch das Erstellen eines individuellen Behandlungsplanes, eines Kostenvoranschlages, das Zeigen von Vorher-Nachher-Bildern und die Aufklärung über mögliche Komplikationen", erläutert der Mediziner.
Narben und Schwellungen - das sind die Risiken
Der Eingriff kann mit unterschiedlichen Schnitttechniken erfolgen. Doch das Prinzip ist bei allen OPs vergleichbar: Die Lederhaut wird im unteren Bereich der Brust durchschnitten, überschüssige Haut entfernt, die Drüse neu geformt und die Brustwarze mitsamt Nerven und Blutgefäßen nach oben versetzt. Das heißt auch: Eine Bruststraffung hinterlässt immer Narben. "Sie sind meist im ersten Jahr gerötet, können geschwollen sein und brauchen eventuell eine Nachbehandlung beispielsweise durch Salben", sagt von Heimburg.
Und sie sind ein bleibender Schönheitsmakel. Damit sollte sich die Patientin im Vorfeld auseinandersetzen. "Eine solche Operation gibt nicht wirklich den jugendlichen Körper zurück", betont Gerhild von Müller vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Es blieben Narben, die immer zu sehen und vor allem immer zu spüren seien, manchmal schmerzhaft. "Die Frau ist also ständig damit konfrontiert, dass sie eben nicht so ist wie früher, und fühlt sich dadurch immer unzulänglich - das Gegenteil vom angestrebten Ziel."
Sich über Komplikationen informieren
Bei einer fachgerechten Operation ist die Komplikationsrate vergleichsweise gering. Es kann jedoch zu Wundheilungsstörungen oder Beeinträchtigungen der Sensibilität kommen. Möglich ist auch, dass die Frau später nicht mehr stillen kann oder dass die Brust wieder erschlafft. Nur wenn die Betroffene alle denkbaren Komplikationen kenne, könne sie später auch mögliche negative Entwicklungen verarbeiten, sagt die Psychologin.
Das sind die möglichen Risiken und Nachwirkungen während und nach dem Eingriff:
- Das Implantat an sich kann ein Risiko-Faktor sein
- Nachblutungen
- Narbenbildung und andere ästhetische Probleme
- Infektionen
- Komplikationen der Narkose/Anästhesie
- Enttäuschung über das erzielte Ergebnis
Neben solchen Aspekten können Erkrankungen wie Gerinnungsstörungen, psychische Erkrankungen oder persönliche Belange gegen eine Operation sprechen. "Wir raten durchaus auch häufiger von OPs ab, etwa wenn wir das Gefühl haben, dass der Partner drängt oder wenn sich eine Frau getrennt hat und mit der OP etwas Neues erreichen möchte", sagt von Heimburg. In seiner Praxis entschieden sich etwa zwei von drei Ratsuchenden für einen Eingriff.
Selten medizinisch notwendig
Eine Bruststraffung ist sehr selten medizinisch erforderlich, sondern meist ein formverschönernder Eingriff. "Die Kosten - je nach Ausmaß sind das etwa zwischen 4500 und 6000 Euro - muss die Patientin also selbst zahlen", informiert von Saldern. Komme eine Volumenvergrößerung durch ein Implantat hinzu, so müsse die Patientin auch mal mit 8000 Euro rechnen.
Der beste Zeitpunkt für eine OP
Es ist wichtig, den Zeitpunkt für eine Schönheits-OP nach einer Schwangerschaft sehr bewusst zu wählen. Erst ein halbes bis ein Jahr nach der Geburt hat der Körper wieder annähernd seine Ausgangsform erlangt. Erst dann kann eine realistische Lösung gefunden werden.
Die Familienplanung muss deshalb aber noch nicht abgeschlossen sein. Liebau betont, dass eine Bruststraffung einer weiteren Schwangerschaft nicht im Wege steht, "die Nähte dehnen sich, allerdings kann die Stillfähigkeit einer operierten Brust eingeschränkt sein. Das muss im Beratungsgespräch angesprochen und erklärt werden."
Auch mal Patienten ablehnen
Bei etwa der Hälfte der Patientinnen kommt der Partner mit in das Beratungsgespräch. "Hätte ich den Eindruck, im Hintergrund macht ein Partner Druck, dann würde ich das auch ansprechen". Liebau und ihre Kollegen sind sich einig, "man muss auch mal 'nein' sagen können," beispielsweise wenn die Erwartungen unrealistisch sind oder die gewünschte Form - ein extrem großer Busen für eine kleine, zierliche Frau - medizinisch nicht zu vertreten ist.
"Der Wunsch nach einer OP kommt eigentlich immer von der Frau", erklärt Liebau. "Diese Frauen sind unglücklich, sie haben sich vor der Schwangerschaft und in der Stillzeit attraktiv gefühlt und leiden dann unter dem Verlust dieses Gefühls, sie brauchen das zur Komplettierung ihres Körpergefühls und Selbstwertgefühls." Das treffe, so die Erfahrung der Ärztin, vor allem auf junge Frauen zu.
Unverkrampft und offen, aber kein "Mommy Makeover"
Einen Trend zum Mommy Makeover wie in den USA, das wie eine Wellness-Behandlung daherkommt, verzeichnen Deutschlands Schönheitschirurgen nicht. Die Beschreibungen auf den Webseiten der entsprechenden US-Chirurgen versprechen eine Art Rundumerneuerung des Frauenkörpers nach der Geburt.
Liebau und ihre Verbandskollegen freuen sich über den mittlerweile unverkrampften Umgang der Öffentlichkeit in Deutschland mit dem Thema Schönheits-OP. Allerdings schränkt sie ein: "Solange es um Offenheit und neutrale Information, nicht um marktschreierische und anstößige Sensationen geht."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.