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Sex in der Schwangerschaft: Mythen und Fakten


Schwangerschaft
Sex bis zum Tag der Geburt ist in Ordnung

Von t-online
Aktualisiert am 03.11.2016Lesedauer: 4 Min.
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Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder

Um Sex in der Schwangerschaft ranken sich viele Mythen, Ängste und Irrtümer. Viele sind unbegründet.

Mit der Schwangerschaft ihrer Frau wächst bei vielen Männern die Sorge: Kann ich mein heranwachsendes Kind beim Sex verletzen? Schade ich meiner Frau? Normalerweise sind solche Ängste unbegründet. "Schwanger sein ist keine Krankheit", sagt die Münchner Paar- und Sexualtherapeutin Gabriele Aigner. Behutsamer Sex sei völlig ok.

Lustlos zu Beginn der Schwangerschaft

Zu Beginn der Schwangerschaft sind Frauen oft besonders lustlos. Das hat mit der Übelkeit und Müdigkeit der Anfangsmonate zu tun. Ist diese Phase vorüber, kann Sex für die werdenden Mütter ein besonders intensives Erlebnis sein: Ihr Beckenbereich werde nämlich besser durchblutet und sei damit empfindsamer, sagt Lea Beckmann vom Deutschen Hebammenverband. Ein Blick in entsprechende Internetforen zeigt, dass viele Schwangere von einer ausgeprägten Lust auf Sex berichten, dass ihre Männer kaum befriedigen könnten. Die Schwangerschaftshormone scheinen das Liebesleben gewaltig aufzuwirbeln.

Die Ärztin Babett Ramsauer vom Vivantes Klinikum Berlin Neukölln hat zahlreiche Paare zu dem Thema befragt. Dabei stellte sich heraus, dass sich Frauen in der Schwangerschaft als attraktiver und anziehender empfinden. Sie scheinen endlich einmal mit ihrer Figur zufrieden zu sein und sich wohl zu fühlen, trotz der Veränderungen ihrer körperlichen Proportionen: kein Lamentieren über "zu" große oder "zu" kleine Brüste, runde Formen und eingeschränkte Beweglichkeit, sogar dicke Füße gehören halt dazu. Dieses Selbstbewusstsein scheint einen weitreichenden Einfluss auf das sexuelle Verlangen zu haben. Die Frauen fühlen sich anziehend und sind lustvoll.

Andere fühlen sich dagegen so gar nicht attraktiv. "Männer sollten dann mit Zärtlichkeiten und kleinen Gesten körperliche Nähe herstellen und ihrer Partnerin zeigen, dass sie sie auch mit Babybauch attraktiv finden."

In diesen Fällen lieber auf Sex verzichten

Manchmal sprechen medizinische Gründe gegen Geschlechtsverkehr. "Bei Blutungen empfiehlt es sich, auf Sex zu verzichten", sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF). Generelle Vorsicht gilt bei Mehrlingsschwangerschaften, Scheideninfektionen und Neigung zu frühzeitigen Wehen. Auch wenn die Frau in früheren Schwangerschaften Fehlgeburten erlitten hat, sollten Paare es vorsichtig angehen. "Bei diesen Indikationen sollte man ohne Rücksprache mit dem Frauenarzt keinen Sex haben", rät Albring.

Kommt es nach dem Geschlechtsverkehr zu Blutungen, muss das nicht schlimm sein. Das können Kontaktblutungen sein, weil der stärker durchblutete Muttermund sehr empfindlich auf Berührungen reagiert. Albring empfiehlt aber, erstmals auftretende Blutungen immer abklären zu lassen. "Der Frauenarzt untersucht das, und kann die Ursache benennen. Das beruhigt beide Partner." Nachts oder am Wochenende sollte man sich nicht scheuen, im Zweifel zur Abklärung ins Krankenhaus zu fahren.

Unsicherheit blockiert Männer

Die medizinische Seite ist dabei sicher nur ein Aspekt der Erklärung: Durch hormonelle Umstellungen entsteht eine vermehrte Lubrikation (Feuchtigkeit in die Scheide), die zu einer gesteigerten Erregbarkeit auch schon vor direktem sexuellen Kontakt führt. Die Rolle des Mannes hingegen ist zunehmend von Angst gesteuert. Werdende Väter reden gerne von Gefahren wie vermeintlich mögliche Verletzungen des Kindes, Auslösen von Blutungen, Verursachung eines Blasensprunges oder Auslösen von Wehentätigkeit durch Sex. Spätestens mit der ersten Wölbung des Babybauches kommt es bei nicht wenigen Männern zu einer vollständigen sexuellen Blockade. Und das zu einem Zeitpunkt, wo eventuelle anatomische Besonderheiten, die eine gewisse Kreativität bei Sexualpraktiken verlangen, überhaupt nicht akut sind.

Eigentlich könnte doch dabei jetzt ein anderer Aspekt in den Vordergrund treten: Sexualität nun endlich unbeschwert zu genießen. Es ist passiert, was vielleicht das Ziel der letzten Monate war; oder es ist das passiert, was zwar nicht gewollt, aber nun Realität ist – eine Schwangerschaft ist eingetreten. Man hat sich mit dieser neuen Situation arrangiert. Vorbei die Zeit der lästigen Verhütung, des auf der Hut sein, damit "nichts passiert" oder des auf der Hut sein, dass etwas passiert, vorbei Sex nach Kalender und Uhrzeit, getimt nach dem vermuteten Einsprung. Das alles müsste eine Erleichterung sein, spiegelt sich aber im männlichen Verhalten nicht wider.

Mythen entlarvt: Sex schadet Babys nicht

Aufklärung kann zumindest teilweise weiter helfen. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien die belegen, dass Sexualität in der Schwangerschaft einen Schaden verursachen könnte und besser unterbleiben sollte. Mythen lassen sich schnell entkräften.

  • Im Sperma sind Prostaglandine enthalten, die Frühgeburten auslösen: Die Menge an Prostaglandinen im Sperma ist zu gering, um eine Geburt auszulösen. Frühgeburt durch Sex ist wissenschaftlich nicht belegt.
  • Durch mechanischen Reiz und Orgasmus der Frau kommt es zu Geburtswehen: Auch diese Theorie ist durch Untersuchungen nicht zu belegen. Weder Penetration noch Petting mit nachfolgendem Orgasmus führt zu Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur und in der Folge zu Wehen.
  • Durch Sex bekommen Frauen vermehrt Infektionen in der Schwangerschaft: Belegt ist zwar, dass in sozial schwächeren Gesellschaftsschichten Genitalinfektionen grundsätzlich häufiger vorkommen. Der "Ping-Pong-Effekt" beschreibt die wechselseitige Ansteckung der Sexualpartner. In diesen Partnerschaften liegt eine Infektion aber gehäuft bereits bei Eintreten der Schwangerschaft vor. Für eine Neuinfektion in der Schwangerschaft, außerhalb dieses Risikokollektives, ist die Ursache vielmehr in einer individuellen Veranlagung als in der Ansteckung durch den Partner zu suchen.

Keine medizinische Frage

Somit sei Sexualität in der Schwangerschaft keine medizinische, sondern eine partnerschaftliche, gesellschaftliche, geschlechtsspezifische und religiöse Frage, sagte Babett Ramsauer. Hier sei ein Blick in die muslimische Welt interessant. Der Koran schreibt in mehreren Suren über Sexualität und auch über Sexualität in der Schwangerschaft. Sexualverkehr mit ihren schwangeren Frauen ist demnach nicht nur erlaubt, sondern auch die Pflicht der Ehemänner. Eine Befragung der muslimischen Frauen zu diesem Thema ist nur eingeschränkt möglich und kann nicht repräsentativ sein. Aber es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die "keusche, demütige" muslimische Frau ein befriedigendes Sexualleben vor allem in der Schwangerschaft hat.

Unser westlich orientiertes, kaum noch durch Religion geprägtes Denkschema gerate durcheinander, eklärt die Frauenärztin. "Schwangere Frauen bei uns werden von ihren Männern enttäuscht. Zur Rolle von Gynäkologinnen und Gynäkologen gehört es durchaus, ihre Patientinnen zu beraten, wie ihr sexuelles Verlangen gerade in der Schwangerschaft befriedigt wird."

Auch Ärzte nicht frei von Aberglauben

Die Rolle des Gynäkologen sollte jedoch nicht wieder die des "Gottes in Weiß" - quasi als Religionsersatz - sein. Den Männern könne die Angst vor Sexualität in der Schwangerschaft ihrer Frauen durch eine gute Aufklärung genommen werden. Und wo Gynäkologen übereilte Sexverbote bei fast jeglicher Form einer Risikoschwangerschaft aussprechen, spiegele das meist mehr deren Angst wider als wissenschaftliche Erkenntnisse.

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Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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