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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sex im Klimakterium Wie die Wechseljahre das Liebesleben beeinflussen
Wenn Frauen die Lust am Sex verlieren, kann es auch an den Wechseljahren liegen. Ein Experte erklärt, welche Folgen die Hormonabnahme hat und wie Frauen mögliche Beschwerden lindern können.
In die Wechseljahre, wissenschaftlich als "Klimakterium" bezeichnet, kommt jede Frau. Doch nicht jede hat mit hormonellen Veränderungen zu kämpfen. "Etwa ein Drittel der Frauen leidet unter starken Beschwerden und sucht deswegen gezielt einen Arzt auf", weiß Professor Ludwig Kiesel, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Münster und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
Klimakterium verändert den Körper der Frau
Am häufigsten zeigen sich Hitzewallungen, starkes Schwitzen – auch nachts –, Schlafstörungen, Erschöpfung und depressive Verstimmungen. Scheidentrockenheit und Scheideninfektionen gehören ebenfalls zu den Wechseljahrsbeschwerden. "Zudem wird der Stoffwechsel langsamer und ein Teil der Muskelmasse wandelt sich in Fett um. In Folge geht das Gewicht nach oben und die Körperform verändert sich", sagt Kiesel. "Die verringerte Hormonproduktion hat Einfluss auf viele Körperfunktionen und damit letzten Endes natürlich auch auf die Sexualität."
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Ungutes Körpergefühl mindert Lust auf Sex
Viele Frauen in den Wechseljahren haben das Gefühl, ein anderer Mensch zu sein. Je ausgeprägter die Beschwerden sind, desto schwerer fällt es ihnen, sich in dieser neuen Lebenssituation zurechtzufinden. "Wer sich unwohl fühlt, hat natürlicherweise weniger Verlangen nach Sex. Auch depressive Verstimmungen, die mit dem Hormonabfall häufig einhergehen, schwächen die Lust", sagt der Experte für Frauenheilkunde. Doch nicht nur die psychische Situation lässt die Leidenschaft schwinden. Auch die Veränderung im Hormonhaushalt beeinflusst die Libido und kann das Lustgefühl eindämmen. Für die Partnerschaft ist das keine leichte Situation.
Zusammen als Paar zum Frauenarzt gehen
Wie können Paare mit dieser Situation am besten umgehen? "Empfehlenswert ist es, wenn der Mann seine Partnerin zum Gynäkologen begleitet und beide ein Beratungsgespräch wahrnehmen", empfiehlt Kiesel. Das helfe dem Mann, körperliche und psychische Veränderungen besser zu verstehen. "Viele Männer sagen 'Meine Frau ist jetzt irgendwie anders'. Das Gespräch mit dem Arzt kann Verständnis schaffen und gibt beiden die Möglichkeit, gemeinsame Lösungen zu finden."
Hormonersatztherapie: Für viele Frauen tabu
Während Verständnis und Rücksichtnahme auf der seelischen Ebene bedeutsam sind, kann auf körperlicher Ebene bei ausgeprägten Wechseljahrsbeschwerden eine Hormonersatztherapie in Frage kommen. Hierbei werden der Frau die verlorenen Hormone wieder zugeführt. "Die Gabe von künstlichen Hormonen ist für viele Frauen ein heikles Thema und die Angst vor möglichen Nebenwirkungen groß. Daher ist eine ausführliche Beratung und Aufklärung von großer Wichtigkeit", so der Experte. "Die Hormone können viele Beschwerden lindern, die Libido wieder stärken und auch bestimmte Erkrankungen, etwa Osteoporose, vorbeugen. Man muss aber schauen, für welche Frauen die Behandlung in Frage kommt."
Die Therapie ist nicht für jede Frau geeignet. Zeigen die Arterien beispielsweise bereits deutliche Ablagerungen, sogenannte Plaques, kann das Herzinfarktrisiko durch die Hormongabe erhöht sein. Frauen, die unter den Wechseljahren leiden und wissen möchten, ob die Hormonersatztherapie für sie in Frage kommt, vereinbaren am besten einen Beratungstermin beim Gynäkologen, um Vorteile und mögliche Risiken abzuklären.
Zäpfchen helfen bei Scheidentrockenheit
Frauen, die keine hohen Hormondosen einnehmen möchten, haben die Möglichkeit, die Hormone lokal mit Hilfe von Pflastern, Salben oder Zäpfchen anzuwenden. Die Hormonmenge ist bei diesen Präparaten geringer als etwa bei der Tabletteneinnahme. "Lokal angewendete Medikamente, beispielsweise Zäpfchen, wirken gut gegen Scheidentrockenheit, die nicht nur Schmerzen beim Sex begünstigt, sondern auch Infektionen fördert, etwa Pilze", sagt Kiesel. "Zudem beugen sie Blasenentzündungen vor, die ebenfalls in den Wechseljahren vermehrt auftreten, und können ständigen Harndrang lindern, der durch eine überempfindliche Blase verursacht wird."
Es geht auch ohne Hormone
Wer ganz auf Hormone verzichten möchte, kann es mit pflanzlichen Alternativen versuchen. Diese sind laut dem Experten bei Frauen sehr gefragt, helfen aber eher bei weniger starken Wechseljahrsbeschwerden. Mönchspfeffer beispielsweise kann Hitzewallungen ausgleichen, Johanniskraut wirkt gegen Verstimmungen. "Wie sehr es tatsächlich die pflanzlichen Wirkstoffe sind, die helfen, oder ob es der Placeboeffekt ist, der zum Tragen kommt, kann man nicht klar sagen. Was letzten Endes zählt, ist, dass es vielen Frauen mit weniger stark ausgeprägten Symptomen hilft", so Kiesel.
Laktobazillen als Gleitschicht in der Scheide
Auch der Einsatz von Milchsäurebakterien, sogenannten Laktobakterien, kann hilfreich sein. Die Milchsäurebakterien stärken laut Kiesel die empfindliche Scheidenflora, beugen Trockenheit und kleinen Rissen vor. Außerdem bilden sie eine natürliche Gleitschicht. Sie kommen meist in Form von Zäpfchen und Tabletten zur Anwendung. Des Weiteren erleichtern Gleitgele das Liebesspiel. Und auch der Mann kann seinen Teil beitragen: Ein ausgiebiges Vorspiel unterstützt die Frau dabei, ausreichend feucht zu werden.
Wechseljahrsbeschwerden nicht aushalten
"Die Wechseljahre können zu einem wichtigen Thema in der Partnerschaft werden und das Paar sollte sich nicht scheuen, offen über Veränderungen und Bedürfnisse zu sprechen – und sich, wenn nötig, Hilfe holen", sagt Kiesel. "Empfehlungen, die für alle Frauen gültig sind, gibt es nicht. Die passenden Behandlungsmöglichkeiten werden aufgrund des individuellen Beschwerdebildes zusammengestellt."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.