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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schlafstörungen Gestörte REM-Phase – das sind die Folgen
Jede Nacht durchlaufen wir mehrere Zyklen mit verschiedenen Schlafphasen, darunter die REM-Phase. Ein Experte verrät, warum sie für gesunden Schlaf besonders wichtig ist.
Welche Schlafphasen gibt es?
Schlafexperten unterteilen den Schlaf in Schlafzyklen, in denen der Mensch je vier Phasen durchläuft:
- Einschlafphase
- Leichtschlafphase
- Tiefschlafphase
- REM-Schlafphase
"Während der Mensch schläft, durchläuft er – bei acht Stunden Schlaf – pro Nacht fünf solcher Schlafzyklen, die sich im Schnitt alle 90 Minuten wiederholen. Jeder Schlafzyklus umfasst die vier Schlafphasen. Besonders die Tiefschlafphase und der REM-Schlaf spielen eine wichtige Rolle", erklärt Dr. Alfred Wiater, ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) sowie Kinder- und Jugendarzt mit Schwerpunkt Schlafmedizin.
Zur Person
Dr. med. Alfred Wiater ist ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) sowie Kinder- und Jugendarzt mit Schwerpunkt Schlafmedizin. Außerdem hat der Schlafexperte zusammen mit Dr. med. Christoph Schöbel das Buch "Ticken Sie richtig? Wie Sie zu Ihrem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus finden" (Scorpio Verlag) verfasst. Dr. Wiater ist Leiter einer Onlinepraxis für Kinderschlafmedizin (www.telepraxis-kinderschlaf.de).
Die Bedeutung der vier Schlafphasen
Während der Einschlafphase gleitet der Körper in den Schlaf – im Schnitt dauert dies etwa 15 Minuten. In dieser Phase lassen die Muskeln zunehmend locker, was sich manchmal durch Muskelzuckungen bemerkbar macht. In der Leichtschlafphase ist der Mensch eingeschlafen. Allerdings wacht er, wie der Name vermuten lässt, in dieser Phase leicht wieder auf, etwa durch Umgebungsgeräusche. Das liegt daran, dass der Schlaf noch nicht tief ist. In der Tiefschlafphase schließlich starten die Regenerationsprozesse des Körpers und des Gehirns.
"Der Schwerpunkt der Tiefschlafphase liegt auf der körperlichen Regeneration. Hier finden wichtige Heilungsprozesse und Reparaturmechanismen statt. Das Immunsystem ist jetzt besonders aktiv und das Wachstumshormon wird ausgeschüttet" erklärt Wiater. "Im REM-Schlaf, der auf die Tiefschlafphase folgt, verarbeitet das Gehirn mithilfe von Träumen emotionale Erlebnisse des Tages, verknüpft diese mit vorhandenen Erfahrungen, speichert Informationen ab und filtert Unwichtiges aus."
Was passiert, wenn der Tiefschlaf gestört ist?
Für die körperliche und geistige Erholung ist Schlaf unverzichtbar. So lassen sich laut dem Schlafexperten nach einer Operation Heilungsprozesse beschleunigen, wenn man viel schläft. Auch bei einer Erkältung oder bei anderen Krankheiten hat es seinen Grund, dass der Körper verstärkt Schlaf einfordert. In der Tiefschlafphase konzentriert sich der Körper auf die Regeneration. Dafür spart er an anderer Stelle Ressourcen ein: Die Körpertemperatur nimmt ab, die Atmung verlangsamt sich, die Muskeln sind entspannt, die Verdauung pausiert, und auch die Frequenz der Gehirnströme und der Nervensignale sinkt.
Wird aufgrund von Schlafstörungen die Tiefschlafphase immer wieder unterbrochen, ist nicht nur die Heilungsfähigkeit des Körpers gestört. Auch das Immunsystem wird schwächer, der Stoffwechsel gerät in Schieflage, das Hormonsystem kommt aus dem Gleichgewicht und die Ausschüttung von Stresshormonen wie Kortisol nimmt zu. "Der Mensch wird bei anhaltend gestörtem Schlaf anfälliger für Erkrankungen", erklärt Wiater. "Dauerhaft fehlender Schlaf begünstigt beispielsweise Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz sowie psychische Störungen", sagt Wiater.
Risiko gestörte REM-Phase: verringerte Gedächtnisleistung
Kennzeichnend für die REM-Phase sind sehr unruhige Augäpfel. Daher kommt der Name dieser Schlafphase: REM – aus dem Englischen für "rapid eye movements", also schnelle Augenbewegungen. Laut dem Schlafexperten sind die schnellen Augenbewegungen während des Schlafes auf das aktive Scannen von im Gehirn vermehrt erzeugten visuellen Bildern, also Träumen, zurückzuführen.
"Unser Gehirn nutzt das Träumen, um Erlebtes zu verarbeiten und zu sortieren. Es verknüpft Erlebtes mit vorhandenen Erfahrungen, festigt Gelerntes, speichert Informationen ab und filtert Unwichtiges aus. Unterbrechungen des REM-Schlafs können zu einer verringerten Gedächtnisleistung führen – kurzfristig wie langfristig", sagt Wiater.
Kurzfristige und langfristige Folgen von Schlafstörungen
Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, ein verlangsamtes Reaktionsvermögen, Leistungsverlust und Kopfschmerzen gehören dem Experten zufolge zu den kurzfristigen Beschwerden von zu wenig Schlaf. Ebenso nimmt das Unfallrisiko bei Schlafmangel zu. Hält das Schlafdefizit an, nimmt neben körperlichen Erkrankungen auch das Risiko für psychische Krankheiten zu, etwa Depressionen und Angststörungen.
"Ebenso sind die Zusammenhänge zwischen chronischen Schlafstörungen und einem erhöhten Demenzrisiko in der Schlafmedizin bereits seit Längerem bekannt", sagt Wiater. "Im Schlaf werden Stoffwechselabbauprodukte im Gehirn entsorgt, welche sich im Wachzustand dort anhäufen. Fehlt dieser Abbau, können sich Ablagerungen im Gehirn bilden, welche nach heutigem Kenntnisstand das Demenzrisiko erhöhen. Ebenso wird ein Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und degenerativen Erkrankungen des Nervensystems diskutiert, etwa Parkinson."
Schlafprobleme: Wann zum Arzt?
Bei Schlafproblemen gelingt das Einschlafen oft schlecht, und auch Durchschlafen ist aufgrund von häufigem Aufwachen oft nicht möglich. In vielen Fällen gelingt zudem erneutes Einschlafen nicht mehr und Betroffene liegen stundenlang wach. In der Folge sind Betroffene tagsüber unter anderem müde, energielos und weniger leistungsfähig. Konzentrationsschwierigkeiten und Stimmungsschwankungen treten verstärkt auf.
Länger als einen Monat anhaltende Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit sollten ärztlich abgeklärt werden, so die Empfehlung des Schlafmediziners: "Da Schlafprobleme nicht nur Energie für den Tag rauben, sondern mit Erkrankungen in Zusammenhang stehen können – etwa Schlafapnoe – und langfristig Krankheiten begünstigen, sollten Betroffene Kontakt mit ihrem Hausarzt aufnehmen. Dieser kann bei Bedarf an einen Schlafmediziner überweisen."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview
- dgsm.de: "Tipps für Ihr Schlafverhalten". Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). (Stand: Aufgerufen am 8.1.2024)
- psych.mpg.de: "Schlafstörungen". Online-Informationen des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie. (Stand: Aufgerufen am 8.1.2024)
- rki.de: "Journal of Health Monitoring: Soziale, gesundheitliche und umweltbedingte Einflussfaktoren auf Schlafprobleme von Heranwachsenden und jungen Erwachsenen" (PDF). Online-Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI). (Stand: Juni 2022)
- gesundheitsinformation.de: "Was ist 'normaler' Schlaf?". Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 6.10.2021)
- gesundheitsinformation.de: "Schlafprobleme und Schlafstörungen (Insomnie)". Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 6.10.2021)
- gesundheitsinformation.de: "Wie wird der Schlaf gesteuert?". Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 6.10.2021)
- dgsm.de: "Ein- und Durchschlafstörungen" (PDF). Patienten-Ratgeber der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). (Stand: 21.9.2021)