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Posttraumatische Belastungsstörung: Ursache, Diagnose und Behandlung


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Es kann jeden treffen
Das bedeutet eine posttraumatische Belastungsstörung


Aktualisiert am 01.07.2024Lesedauer: 5 Min.
Nachwirkungen eines Traumas: Viele leiden unter erheblichen psychischen BelastungenVergrößern des Bildes
Nachwirkungen eines Traumas: Viele leiden unter erheblichen psychischen Belastungen. (Quelle: Ake Ngiamsanguan/getty-images-bilder)

Als Reaktion auf schwere seelische Traumata entwickeln einige Menschen eine posttraumatische Belastungsstörung – ein schwerwiegendes Leiden.

In Deutschland erkranken jedes Jahr drei Prozent der Menschen an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Es handelt sich um eine psychische Erkrankung, die als Reaktion auf ein extrem belastendes Ereignis auftritt. Die Erkrankung kann jeden treffen. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine PTBS zu entwickeln, liegt bei acht Prozent.

Ihren Ursprung hat die Diagnose in Kriegshandlungen. Traumatisierte Soldaten zeigten nach ihrer Rückkehr unterschiedliche, zum Teil schwere psychische Auffälligkeiten. Studien gehen davon aus, dass etwa 20 Prozent aller ehemaligen Einsatzsoldaten Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigen.

Heute ist klar: Zivilisten und Soldaten sind gleichermaßen von der Diagnose betroffen und sie bezieht sich längst nicht mehr nur auf Kriegshandlungen. Welche Auslöser eine PTBS haben kann und welche Symptome sie zeigt, lesen Sie in diesem Artikel.

Was ist eine posttraumatische Belastungsstörung?

Als Reaktion auf eine als seelisches Trauma erlebte Situation tritt die posttraumatische Belastungsstörung mit zeitlicher Verzögerung auf. Im Unterschied zur akuten Belastungsstörung, die nur innerhalb des ersten Monats nach dem Trauma diagnostiziert werden kann, wird sie erst nach diesem ersten Monat als Krankheitsbefund festgestellt.

Erste Symptome können aber auch erst Monate oder sogar Jahre nach dem Trauma auftreten und das Leben der Betroffenen genauso auch über Jahre oder Jahrzehnte prägen.

Ausgelöst wird die PTBS durch ein Ereignis, das meist für sich und/oder andere als lebensbedrohlich wahrgenommen wird. Es führt zu einer schweren körperlichen und/ oder seelischen Verletzung ("Trauma"). Der neurobiologische Prozess, der bei einer PTBS im Gehirn abläuft, ist bislang nicht hinreichend erforscht.

Auslöser einer posttraumatischen Belastungsstörung

In den Traumasituationen erleben Menschen Gefühle wie Angst, Schutzlosigkeit, Hilflosigkeit und Kontrollverlust. Ursachen können sein:

  • Krieg
  • Gewaltverbrechen
  • sexueller Missbrauch
  • Verkehrsunfälle
  • Natur- oder menschengemachte Katastrophen
  • medizinische Notfälle wie ein Herzinfarkt oder eine lebensgefährliche Blutung

Auch die Nachricht, dass eine nahestehende Person gestorben oder schwer erkrankt ist, kann als traumatisch empfunden werden.

Wichtig zu wissen

Belastungen wie der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Scheidung oder Mobbing verursachen keine posttraumatische Belastungsstörung. Die Betroffenen können jedoch einzelne Symptome zeigen, die auch mit einer PTBS verbunden werden, wie Depressionen oder Angststörungen.

Risikofaktoren für eine posttraumatische Belastungsstörung

Bei den zugrundeliegenden Ereignissen handelt es sich um (Extrem-)Situationen, in die die Betroffenen geraten und die oft nur schwer zu verarbeiten sind. Da Menschen mit als traumatisch erlebten Situationen unterschiedlich umgehen, entwickelt nicht jeder Mensch bei gleicher Vorgeschichte die Erkrankung.

Es gibt aber Risikofaktoren, die die Entstehung der Erkrankung und den Grad ihres Ausmaßes begünstigen. Dazu stellen sich Fragen wie:

  • Was genau ist passiert? Also etwa: Wurde das Trauma durch Gewalterfahrungen oder durch ein schicksalhaftes Ereignis wie einen Unfall oder eine Naturkatastrophe verursacht?
  • Wie intensiv und anhaltend war das Erlebnis? Und wie intensiv wurden dabei die Gefühle von Angst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust erlebt?
  • Kam es wiederholt zu traumatischen Erlebnissen (etwa bei Kindesmissbrauch)?
  • Wie anfällig ist jemand für psychische Beschwerden? Vorerkrankungen wie Depressionen und Angststörungen, aber auch Suchterkrankungen erhöhen das Erkrankungsrisiko.
  • Welche vor einer psychischen Erkrankung schützenden Faktoren bestehen?

Emotionale Zuwendung und soziale Unterstützung können beim Schutz vor einer PTBS eine große Rolle spielen. Sie können den Umgang mit dem Erlebten erleichtern. Fehlen sie jedoch umgekehrt, kann dies das Risiko für eine PTBS erhöhen.

Bei bestimmten Traumatisierungen ist die Gefahr, eine PTBS zu entwickeln, besonders hoch. Dazu zählen: Vergewaltigung, andere Gewaltverbrechen und Kriegstraumata. Bis zu ein Drittel der Betroffenen erkrankt nach einem solchen Erlebnis.

Bestimmte Berufsgruppen sind zudem häufiger mit dramatischen Ereignissen konfrontiert, zum Beispiel Polizisten, Feuerwehrleute, Lokführer oder Rettungskräfte. Und natürlich Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen.

Diese Symptome zeigt eine posttraumatische Belastungsstörung

Die Krankheitsanzeichen unterteilen die Ärzte in vier Kategorien:

Wiedererleben des Ereignisses

Ein typisches Symptom sind belastende Gedanken in wiederkehrenden Erinnerungen und Albträumen (medizinisch "Intrusionen"). Sie treten häufig in sogenannten Flashbacks auf. Dabei werden die traumatischen Situationen in Bildern und Gefühlen in der Gegenwart so empfunden, als würden sie noch einmal passieren. Ausgelöst werden können diese Flashbacks durch Anblicke, Geräusche, Gerüche oder andere Reize. Ein lautes Geräusch kann zum Beispiel Erinnerungen wecken, in deren Folge sich eine Person panisch zu Boden wirft. Die Situation der Angst und Hilflosigkeit kehrt zurück.

Vermeindungsverhalten

Um die quälenden Erinnerungen und Flashbacks nicht wachzurufen, werden Situationen, Orte und Aktivitäten (wie auch Gespräche) vermieden, die sie begünstigen könnten. Die Menschen ziehen sich zurück, entwickeln Gleichgültigkeit, Emotionslosigkeit und Teilnahmslosigkeit in Bezug auf ihre Umgebung. Die Verdrängung ist mitunter so stark, dass wichtige Teile des krankheitsauslösenden Traumas nicht mehr ins Gedächtnis zurückgerufen werden können. Die Folge ist eine innere Taubheit, viele fühlen sich fremd im eigenen Leben.

Übererregbarkeit

Parallel dazu ist häufig eine Übererregbarkeit zu beobachten. Die Betroffenen sind besonders wachsam, in ständiger Alarmbereitschaft und ausgeprägt schreckhaft. Sie leiden unter Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und erhöhter Reizbarkeit. Mitunter reagieren sie sehr stark auf Reize, die an das Geschehene erinnern, wie Gerüche, Geräusche oder Bilder. Körperliche Symptome können dabei Herzklopfen, Engegefühl in der Brust, Atembeschwerden und Zittern sein.

Negative Gedanken und geringes Selbstwertgefühl

Bei vielen Betroffenen sind das Selbst- und das Weltbild nachhaltig erschüttert. Das Vertrauen in andere Menschen ist gestört. Sie leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl und starken Schuld- und Schamgefühlen bis hin zum Selbsthass. Häufig quälen sie sich mit Fragen wie: Warum ist es mir passiert? Wie hätte ich es verhindern können? Bin ich (mit-)schuldig? Auch rücksichtsloses oder selbstverletzendes Verhalten ist zu beobachten. Für viele wird die Bewältigung des Alltags zur Qual.

Wie wird die posttraumatische Belastungsstörung behandelt?

Erste Anlaufstelle für Betroffene ist häufig der Hausarzt, der zunächst untersuchen wird, ob körperliche Ursachen für die Symptome vorliegen. Einschränkend muss gesagt werden, dass zum Beispiel bei Unfällen die PTBS oft zunächst nicht erkannt werden kann.

Der Hausarzt wird den Patienten für die Behandlung der PTBS an einen Psychotherapeuten überweisen. Dieser führt ein ausführliches Aufnahmegespräch, auch um den Schweregrad der Erkrankung und die persönliche (Alltags-)Situation zu ermitteln. Ziel ist es, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, damit der Patient sich öffnen und sein Trauma bearbeiten kann. In der Regel wird ein Psychiater hinzugezogen.

Im Normalfall erfolgt die Behandlung ambulant, doch in sehr schweren Fällen kann auch ein Klinikaufenthalt nötig werden, besonders dann, wenn zum Beispiel eine Suizidgefahr besteht. Mitunter ist auch eine medikamentöse Begleitung sinnvoll.

Die Therapieziele sind:

  • dem Betroffenen dabei zu helfen, die Kontrolle über seine ungewollt auftretenden Erinnerungen zu erlangen,
  • Begleitsymptome der PTBS wie Angst und Depressivität, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme usw. zu lindern oder abzubauen,
  • den Betroffenen dabei zu unterstützen, das Trauma als Teil seiner Lebensgeschichte anzuerkennen und neuen Sinn im Leben zu finden, und
  • die Fähigkeit zu einem selbstständigen, auch sozialen Leben und die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen.

Welche Methoden gibt es?

Am häufigsten kommt die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz. Bei ihr wird versucht, Gedanken und Gefühle, mit denen das erlebte Trauma verbunden wird, neu zu bewerten.

Die psychodynamische Therapie ist eine Form der Psychoanalyse und beschäftigt sich tiefenpsychologisch mit früheren und aktuellen Beziehungen und Erfahrungen, die mit Traumata verbunden sind.

Auch eine EMDR-Behandlung hat sich als therapeutisches Verfahren bei einer posttraumatischen Belastungsstörung etabliert. EMDR steht für "Eye Movement Desensitization and Reprocessing" (zu Deutsch etwa "Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegungen"). Bei dieser Therapie werden die Patienten zum Beispiel gebeten, dem Finger des Therapeuten zu folgen, während sie sich an das Trauma erinnern. Das kann sie gegenüber dem Erlebten unsensibler machen und damit die Verarbeitung erleichtern. Bei Kindern können auch Malen und Spielen helfen, zum Kern des Traumas vorzudringen.

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Unterstützend zu den Psychotherapien können auch kreative Ansätze wie Musik- und Kunsttherapie, aber auch Bewegungstherapien und Entspannungstechniken in den Behandlungsplan aufgenommen werden.

Welche Methoden und Therapieformen bei welchem Patienten zur Anwendung kommen, entscheidet der Arzt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • msdmanuals.com: "Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)" (August 2023)
  • neurologen-und-psychiater-im-netz.org: "Posttraumatische Belastungsstörung" (aufgerufen am 14.06.2024)
  • Bundesministerium für Gesundheit: "Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)" (17.03.2023)
  • gesundheitsinformation.de: "Posttraumatische Belastungsstörung" (abgerufen am 18.06.2024)
  • nationalgeographic.de: "Geschichte der PTBS: Von der 'Kriegsneurose' zur 'Traumadiagnose'" (22.06.2020)
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