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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Narbe am Oberarm Warum die Pockenimpfung eine Narbe hinterließ
Viele über 45-Jährige haben eine ovale Narbe am Oberarm. Sie ist typisch für die Pockenimpfung. Wie die Narbe entsteht und weshalb das heute anders ist.
Dank der Pockenimpfung gelten Pocken seit 1980 weltweit als ausgerottet. Bis dahin endete die Erkrankung in etwa 40 Prozent der Fälle mit dem Tod. Die letzten bekannten Pockenfälle gab es im Jahr 1977 in Somalia. Eine Impfpflicht bestand in der Bundesrepublik Deutschland bis 1976 und in der DDR bis 1982. Heute erinnern sich viele Geimpfte vor allem durch die Narbe am Oberarm an die Pockenimpfung.
Was sind Pocken?
Erkrankt ein Mensch an Pocken (fachsprachlich Variola), bilden sich am ganzen Körper typische kleine Hautbläschen. Ungefähr zwei Wochen nach der Ansteckung beginnt der Ausschlag im Mundraum und auf der Zunge – zuerst Flecken, dann offene Wunden.
Danach breitet sich der Ausschlag auf der Haut aus. Auch hier entsteht anfänglich ein Fleck, die sogenannte Makula, die sich dann zu einem Bläschen entwickelt. Dieses Bläschen füllt sich mit Eiter und wird zu einer Pustel, über der sich schließlich eine Kruste bildet.
Bei leichtem Krankheitsverlauf trocknen die Bläschen nach zwei bis drei Wochen aus und die Krusten fallen ab. Von da an ist die erkrankte Person auch nicht mehr ansteckend. Insgesamt dauert dieser Prozess etwa vier Wochen – zurück bleiben kleine, punktförmige Narben. Diese unterscheiden sich deutlich von der Narbe, die durch die Pockenimpfung entsteht.
Gut zu wissen
Der Begriff Pocken umfasst die Gesamtheit aller Erkrankungen, die durch die Gattung der Orthopoxviren verursacht werden. Umgangssprachlich sind hiermit aber vor allem die klassischen Pocken durch das Variola-major-Virus gemeint.
So lief die Pockenimpfung ab
Um den Körper zu immunisieren, erhielten Ungeimpfte einen Pocken-Lebendimpfstoff, der zum Beispiel aus dem verwandten Vacciniavirus (Kuhpocken) hergestellt wurde. Auf diese Weise war das Immunsystem mit lebenden Pockenviren konfrontiert, die allerdings abgeschwächt und deshalb weniger gefährlich waren. Dadurch konnte der Körper Antikörper gegen das Virus bilden.
Die Ausrottung der Pockenkrankheit gelang der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) durch konsequente Quarantäneregelungen und eine im Jahr 1967 gestartete weltweite Impfkampagne.
Ärztinnen und Ärzte führten die Pockenimpfung dabei mithilfe einer speziellen Nadel oder (zeitweilig) mit einer Impfpistole durch:
- Einritzen mit Bifurkationsnadel: Bei dieser Methode wurde der Impfstoff mithilfe einer zweiteiligen Nadel in die Haut eingeritzt (Skarifikation). Die Ärztin oder der Arzt tauchte die Nadel dazu kurz in die Impfstofflösung, sodass sich ein Teil der Flüssigkeit zwischen den beiden Nadelspitzen sammeln und in die Haut injiziert werden konnte. Um sicherzustellen, dass der Impfstoff die mittlere Hautschicht erreichte, wurden etwa 15 kontrollierte Stiche kreisförmig hintereinander durchgeführt. Hier musste die impfende Person unbedingt darauf achten, nicht mit dem Lebendimpfstoff in Kontakt zu kommen und sich zu infizieren.
- Impfpistole: Allein mit hohem Druck injizierte die Impfpistole den Impfstoff durch die Haut in das Bindegewebe. Der Impfstoff war hier bereits vordosiert, sodass eine Impfpistole mehrere Dosen hintereinander impfen konnte.
Die Bifurkationsnadel benötigte nur ein Viertel des Impfstoffs. Sie war somit sparsamer und auch leichter in der Anwendung. Die Ausrottung der Pocken ist deshalb zum Teil auch ihr zu verdanken. Die Impfpistole hingegen stellte sich im Vergleich als unhandlich und unzuverlässig heraus. Um die Impfkampagne nicht zu verlangsamen, setzte die WHO deshalb schließlich vor allem die Bifurkationsnadel ein.
Aber bereits vor der Impfkampagne der WHO und der Entwicklung von Impfpistole und Bifurkationsnadel wurde gegen Pocken geimpft, wobei sich die Impftechniken etwas unterschieden. Eine übliche Methode bestand zum Beispiel darin, einen Impfstofftropfen auf die Haut zu geben und diese dann einzuritzen.
Pockenimpfung auch nach Kontakt zu Virus möglich
Doch nicht nur vorbeugend, sondern auch nachdem eine Person bereits Kontakt mit dem Virus hatte, konnten Ärztinnen und Ärzte eine Pockenimpfung durchführen. Die sogenannte Inkubationsimpfung musste allerdings in einem Zeitraum von vier bis sieben Tagen nach Erstkontakt mit den Pockenviren erfolgen. Nur so konnte ein Ausbrechen der Krankheit verhindert oder zumindest der Krankheitsverlauf abgemildert und eingedämmt werden. Hatte der Hautausschlag jedoch bereits eingesetzt, bot auch die Inkubationsimpfung keinen Schutz mehr. Die erkrankte Person war jetzt hochansteckend.
Beweis für die Pockenimpfung: Die Narbe am Oberarm
Ob sie gegen Pocken geimpft sind oder nicht, erkennen die meisten heute bloß noch an der hellen Narbe am Oberarm. Diese hat jedoch nichts damit zu tun, ob eine Bifurkationsnadel oder eine Impfpistole verwendet wurde. Vielmehr ist sie eine Folge der Impftechnik und der Impfreaktion.
Der Pockenimpfstoff wurde damals gezielt in die Haut (intradermal bzw. intrakutan) injiziert. Dadurch entstand an der Impfstelle nach etwa einer Woche eine kontrollierte Infektion, eine Pustel, die die gelungene Immunreaktion anzeigte. Das Bläschen heilte daraufhin ab und darüber bildete sich eine Kruste. Nach Abfallen dieser Kruste blieb eine Narbe zurück und erinnert damit an die gelungene Pockenimpfung. Ein Impfschutz sollte von da an für etwa drei bis fünf Jahre gewährleistet sein.
Hatten Personen regelmäßigen Kontakt zu Pockenviren, konnte nach dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung durchgeführt werden, die ihnen bis zu 30 Jahre Schutz bieten sollte. Wer diese zweite Pockenimpfung erhalten hat, trägt heute zwei der ovalen Narben am Oberarm.
Warum hinterlassen andere Impfungen keine Narbe?
Egal, wogegen Ärztinnen und Ärzte heute impfen, eine Narbe bleibt dabei nicht zurück. Das liegt vor allem an der Verabreichungsmethode, denn die Pockenimpfung wurde anders verimpft, als es bei den meisten anderen Impfstoffen der Fall ist. Das medizinische Personal injizierte die Pockenimpfung damals nämlich intrakutan, also in die mittlere Hautschicht.
Heute zugelassene Impfstoffe wie zum Beispiel gegen Gelbfieber werden hingegen – meistens mit einer Spritze beziehungsweise einer Kanüle – in das Unterhautfettgewebe (subkutan) oder wie bei der Coronaimpfung in das Muskelgewebe (intramuskulär) gespritzt und verursachen deshalb auch keine Narbe.
Seit 2013 gibt es einen neu zugelassenen Pocken-Lebendimpfstoff. Dieser wird subkutan in das Unterhautfettgewebe injiziert und hinterlässt ebenfalls keine Narbe mehr.
Zum Verwechseln ähnlich: Narbe durch Tuberkulose-Impfung
Die Impfung gegen Tuberkulose (BCG-Impfung) wurde als einzige Impfung neben der Pockenimpfung intrakutan geimpft und kann deshalb eine ähnlich aussehende Narbe verursachen. Geimpft wurde hier meist in den Arm oder die Rückseite des Oberschenkels. In Deutschland wird die Impfung seit 1998 nicht mehr empfohlen, in anderen Ländern ist sie teilweise aber noch üblich.
Nebenwirkungen und Folgen der Pockenimpfung
Für Menschen mit gesundem Immunsystem sind Lebendvirus-Impfstoffe eigentlich wirksam und sicher. Trotzdem kann es bei Impfungen immer auch zu Nebenwirkungen kommen.
Bei der Pockenimpfung mit dem damals intrakutan verabreichten Impfstoff war die Narbe nicht die einzige Impffolge. Leichte Beschwerden wie eine schmerzende, angeschwollene und juckende Impfstelle, Müdigkeit, Fieber, Kopf -und Gliederschmerzen oder auch eine Schwellung der Lymphknoten traten relativ häufig auf.
Zu schwereren Nebenwirkungen konnte es zudem kommen, wenn die Impfstelle in Kontakt mit anderen Körperteilen kam. Die dabei verschleppten Pockenviren gingen dann auf andere Körperbereiche wie zum Beispiel die Genitalien oder auch das Gesicht über und infizierten diese mit dem Vacciniavirus.
Außerdem konnte es zu allergischen Hautausschlägen kommen. Lebensbedrohliche Nebenwirkungen waren beispielsweise schwere Ekzeme, ebenso wie Hirnhaut- oder Herzentzündungen. Todesfälle nach der Pockenimpfung gab es selten – auf eine Million Erstimpfungen wurde ein Todesfall dokumentiert.
Pockenimpfung schützt auch vor Affenpocken
Fachleute gehen davon aus, dass die Pockenimpfung mit dem aktuellen Impfstoff Menschen auch vor Affenpocken schützt beziehungsweise zu einem milden Krankheitsverlauf beiträgt. Viele vor 1976 (BRD) beziehungsweise vor 1982 (DDR) Geborene haben deshalb einen entsprechenden Schutz durch die Pockenimpfung. Für Personengruppen, denen eine Impfung gegen Affenpocken empfohlen wird, genügt es, die Pockenimpfung aufzufrischen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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