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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erstaunliche Studienergebnisse Das passiert, wenn wir Corona-Aerosole einatmen
Das Ansteckungsrisiko im Freien fällt nach Meinung von Experten relativ gering aus. In Innenräumen jedoch steigt es deutlich. Eine neue Studie zeigt, wie Corona-Partikel die Lungen von Infizierten befallen.
Wenn eine mit Corona infizierte Person hustet, niest oder spricht, scheidet sie Tröpfchen mit ansteckenden Viren aus. Insbesondere die kleineren Aerosol-Partikel spielen nach Ansicht von Forschern eine entscheidende Rolle bei der Übertragung des Coronavirus. Sie können Stunden bis Tage in der Luft schweben und stellen vor allem in Innenräumen und Bereichen mit schlechter Belüftung ein erhebliches Risiko für die Übertragung vonSARS-CoV-2 dar.
Frühere Forschungen konnten bereits zeigen, wie die Virus-Aerosole bei einer Ansteckung durch die oberen Atemwege wandern. Oft dringt das Virus über die Nasenschleimhäute ein und breitet sich von dort über Körperflüssigkeiten bis in die Lunge aus.
Studie: Forscher modellieren Ablagerung von Viruspartikeln
Eine Untersuchung der University of Technology Sydney hat im Juni erstmals modelliert, wie die Corona-Partikel auch in die unteren Lungenflügel gelangen.
"Unsere Lungen ähneln Baumzweigen, die sich bis zu 23 Mal in immer kleinere Äste teilen", erklärte Studienleiter Dr. Saidul Islam in einer Mitteilung der Universität. Aufgrund der Komplexität sei es daher schwierig, eine Computersimulation zu entwickeln. Doch die Forscher konnten modellieren, was in den ersten 17 "Ästen" der Atemwege passiert.
Mehr als 65 Prozent der Aerosole erreichen die tiefste Region der Lunge
Demnach lagern sich je nach Atemfrequenz zwischen 32 und 35 Prozent der Viruspartikel in diesen ersten 17 Verzweigungen in der Lunge ab. "Das bedeutet, dass etwa 65 Prozent der Corona-Aerosole in die tiefsten Regionen unserer Lunge gelangen" sagte Dr. Saidul Islam.
Dort befindet sich das sogenannte Alveolarsystem, das entscheidend ist für unsere Fähigkeit, Sauerstoff zu absorbieren. Große Mengen an Viren können in dieser Region schwere Schäden verursachen. Als Folge verringert sich der Sauerstoffgehalt im Blut des Covid-Patienten und das Sterberisiko wird erhöht.
Auffällig ist laut den Forschern zudem: In der rechten Lunge, insbesondere im rechten Ober- und Unterlappen, lagern sich mehr Viruspartikel ab als in der linken Lunge. Dies zeigt sich auch im Computermodell der Studie:
Dies sei auf die stark asymmetrische anatomische Struktur der Lunge und die Art und Weise zurückzuführen, wie die Luft durch die verschiedenen Lappen strömte, so das Forscherteam. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin "Physics of Fluids".
Erkenntnisse sind wichtig für die Behandlung von Covid-19
Dem Studienleiter zufolge verbessern diese Erkenntnisse nicht nur das Verständnis der Corona-Übertragung. Sie hätten auch Auswirkungen auf die Therapie von Covid-19. Man könne nun Geräte entwickeln, um Medikamente gezielter in den Bereichen des Atmungssystems zu verabreichen.
"Wenn Patienten Medikamente inhalieren, wird normalerweise das meiste davon in den oberen Atemwegen abgelagert, und nur eine minimale Menge des Wirkstoffs kann die Zielposition in den unteren Lungen erreichen", so Dr. Saidul Islam. Bei Krankheiten wie Covid-19 müsse man jedoch die am stärksten betroffenen Bereiche anvisieren.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Physics of Fluids: "SARS CoV-2 aerosol: How far it can travel to the lower airways?"
- Eurek Alert: "How coronavirus aerosols travel through our lungs", 7. Juni 2021
- Eigene Recherche