Übelkeit und Erbrechen Was wirklich gegen die Reisekrankheit hilft
Die Urlaubszeit wird bei einigen mit unangenehmen Symptomen überschattet: Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Was kann man gegen die Reisekrankheit tun?
Welche Familie kennt das nicht: Das Kind auf der Rückbank im Auto wird stiller und blasser und löst mit der Bemerkung "Mir ist schlecht" eine hektische Parkplatzsuche aus. Die Reisekrankheit ist gerade in der Urlaubszeit, in der momentan viele Menschen mit dem Auto unterwegs sind, ein häufiger Begleiter. Es gibt aber einige Möglichkeiten, dem abzuhelfen.
Was ist die Reisekrankheit?
Typische Symptome der Reisekrankheit, auch Kinetose genannt, sind Übelkeit und Erbrechen. Vor allem bei kurvenreichen Strecken im Auto, einem unruhigen Flug oder Wellengang auf Wasser kann das Gleichgewichtsorgan im Innenohr stark gereizt werden. Wenn die gesamte Umgebung in Bewegung ist, haben auch die Augen keinen Fixpunkt mehr. Die Reize, die dann im Nervensystem ankommen und weitergeleitet werden, können das Brechzentrum aktivieren und Übelkeit auslösen. Vor allem Kinder ab dem zweiten Lebensjahr leiden darunter.
Typisch für die Reisekrankheit ist, dass sie sich durch Erbrechen nicht bessert. Erst wenn wieder fester Boden erreicht ist, legt sich die Übelkeit langsam.
Kann ein Positionswechsel im Auto Abhilfe schaffen?
Das Mitfahren auf dem Beifahrersitz im Auto kann der Übelkeit vorbeugen. Kinder sollten aber angeschnallt hinten sitzen. Unter Umständen hilft nach Aussage von Kinderärzten ein Wechsel auf den hinteren mittleren Platz. Dort kann das Kind durch die Frontscheibe gucken, sodass die durch den Gleichgewichtssinn wahrgenommene Bewegung und die Eindrücke der Augen in Einklang kommen.
Kindern wird im Auto seltener übel, wenn sie den Horizont fixieren. Am einfachsten ist es übrigens, über Nacht zu fahren. Während des Schlafs tritt die Reisekrankheit in der Regel nicht auf.
Hier kommt die Reisekrankheit am häufigsten vor
Je nach Verkehrsmittel variiert die Wahrscheinlichkeit, reisekrank zu werden: Beim Busfahren ist sie laut Küpper am höchsten, danach folgen Auto- und Bahnfahren – und zuletzt das Fliegen.
Tomas Jelinek vermutet, dass der Blick aus dem Flugzeugfenster so weit weg von der Realität sei, dass man das Gefühl habe, stillzusitzen. Im Gehirn entsteht so weniger Verwirrung.
Fliegen geht natürlich nicht immer – und ist auch für den ökologischen Fußabdruck nicht die beste Wahl. Gut, dass es für alle anderen Verkehrsmittel ein paar Tricks gibt, mit denen die Reiseübelkeit bestenfalls gar nicht erst entsteht.
Tricks für Schiff, Bus und Flugzeug
In der Mitte von Schiffen ist am wenigsten Bewegung. Gleiches gilt im Bus für den Bereich direkt hinter der Vorderachse. Im Flugzeug ist ein Sitz am Fenster über den Tragflächen der beste Platz, um nicht reisekrank zu werden.
Auf einem Schiff bietet es sich sogar an, flach zu liegen. Und wem im Flugzeug schlecht wird, dem rät Reisemediziner Prof. Thomas Küpper, bewusst die Fliegerbewegungen mitzumachen. "Das heißt, mit in die Kurve legen, nicht aufrecht sitzenbleiben. So bleibt das Bild stimmig."
Ablenkung kann helfen
Das gilt für Erwachsene genauso wie für Kinder. Wobei die Kleinen – vor allem zwischen dem vierten und zehnten Lebensjahr – besonders anfällig für Reiseübelkeit sind. "Die Verschaltungen im Gehirn sind noch nicht fertig, dadurch reagiert es noch sensibler auf Informationsprobleme", sagt Tomas Jelinek.
Hinzu kommt, dass der Platz auf dem Rücksitz das Risiko für Reiseübelkeit erhöht. Vor allem Ablenkung durch Spiele kann dann helfen – von "Ich sehe was, was du nicht siehst" bis hin zu "Wer entdeckt zuerst fünf rote Autos?".
Erwachsenen hingegen kann es helfen, sich auf Gespräche zu konzentrieren, statt an die Übelkeit zu denken. Thomas Küpper vom Universitätsklinikum Aachen gibt seinen Studierenden stets scherzhaft einen Tipp: Der Flirt mit dem Sitznachbarn oder der Sitznachbarin sei die sicherste Methode, damit einem nicht schlecht werde.
Und im Auto bleibt natürlich die Option, auf den Fahrersitz umzuziehen. Denn wer fährt, erlebt meist keine Reiseübelkeit, "weil man sich auf eine Aufgabe konzentrieren muss", sagt Jelinek.
Was sollte beim Essen beachtet werden?
Die Techniker Krankenkasse empfiehlt leichte, fettarme Speisen vor und während der Reise. Kaubewegungen scheinen die Überreaktion des Magens zu mildern. Ingwer soll den Brechreiz reduzieren und gegen kalte Schweißausbrüche helfen.
Für Kinder hat Prof. Tomas Jelinek noch einen ganz speziellen Tipp: "Eine englische Kollegin rät zu Toast mit Erdbeermarmelade". Das verhindere zwar nicht das Übelsein oder gar den Brechreiz, würde im Fall des Falles jedoch weniger unangenehm schmecken.
Welche Medikamente gibt es?
Zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen gibt es rezeptfreie Mittel mit dem Wirkstoff Diphenhydramin aus der Gruppe der Antihistaminika. Die Arzneien sind rechtzeitig vor Reiseantritt einzunehmen. Diphenhydramin macht allerdings müde. Der Wirkstoff Dimenhydrinat – eine Verbindung aus Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin – ist laut Stiftung Warentest nur eingeschränkt geeignet. 8-Chlortheophyllin kann demnach das Risiko für unerwünschte Wirkungen erhöhen.
Bei Kindern sollten die Mittel wegen möglicher Nebenwirkungen zurückhaltend und möglichst in Rücksprache mit dem Kinderarzt eingesetzt werden. Oft helfen auch medizinische Kaugummis.
Als Vorbeugung gegen die Reisekrankheit gibt es zudem rezeptpflichtige Mittel mit dem Wirkstoff Scopolamin. Dabei wird fünf bis sechs Stunden vor Reiseantritt ein wirkstoffhaltiges Pflaster hinter das Ohr geklebt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa