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Coronavirus: Kann man sich wirklich mehrfach mit Covid-19 infizieren?


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Mehrere Fälle gemeldet
Mehrfachinfektionen: Welche Rolle spielt der genetische Code?


Aktualisiert am 06.11.2020Lesedauer: 5 Min.
Eine Frau lässt sich auf Corona testen: Wie sicher und lange ein Immunschutz nach einer Corona-Infektion anhält, bleibt unklar.Vergrößern des Bildes
Eine Frau lässt sich auf Corona testen: Wie sicher und lange ein Immunschutz nach einer Corona-Infektion anhält, bleibt unklar. (Quelle: Nicolas Maeterlinck/imago-images-bilder)
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In der Regel gilt bei Infektionskrankheiten: Wer genesen ist, bleibt einige Zeit vor dem Erreger geschützt. Doch bei Corona mehren sich Fälle von erneuten Infektionen – zum Teil mit schweren Symptomen. Was bedeutet das für die Entwicklung der Pandemie?

In den vergangenen Wochen gab es vermehrt Meldungen von Patienten aus Belgien, Schweden, den Niederlanden, den USA, Ecuador oder auch Hongkong, bei denen bereits eine zweite Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen wurde. Aber handelt es sich dabei wirklich um eine Reinfektion? Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der genetische Code des Virus.

Fall aus den USA: Schwerer Verlauf nach Reinfektion

Bereits Mitte Oktober sorgte dieser Fall für Verunsicherung: In den USA war bei einem bereits seit längerem gesundeten 25-jährigen Corona-Patienten eine zweite Infektion mit dem SARS-CoV-2-Erreger nachgewiesen worden.

Bei der zweiten Infektion zeigte der junge Mann nicht nur Symptome wie Fieber, Kopfweh und Husten. Er musste einige Tage später auch in eine Notaufnahme gebracht und beatmet werden.

Die Entdeckung dieses konkreten Falls, der im Rahmen einer Studie beschrieben wurde, zeige, dass die Immunität nach einer Infektion nicht absolut sei und Mehrfachansteckungen möglich seien, schreiben die Studienautoren. Die Analyse wurde beim Fachblatt "The Lancet" eingereicht. Zudem sei die zweite Erkrankung des Patienten schwerer ausgefallen als die erste, schreibt das Team um den Forscher Richard Tillett.

Welche Rolle spielt der genetische Code des Virus?

Die Genomanalyse des Mannes aus den USA zeigte, dass sich der Corona-Erreger bei der zweiten Infektion genetisch deutlich von dem Erreger der ersten Infektion unterschied. "Diese Befunde deuten darauf hin, dass der Patient bei zwei verschiedenen Gelegenheiten mit einem genetisch unterschiedlichen Virus mit SARS-CoV-2 infiziert war. Daher könnte eine frühere Exposition gegenüber SARS-CoV-2 nicht in allen Fällen eine vollständige Immunität garantieren", schreiben die Autoren der Studie in "The Lancet".

Bereits Ende August wurde aus den Niederlanden berichtet, was Tests von Patienten mit einer Mehrfachinfektion gezeigt hatten: Der genetische Code der zweiten Infektion unterscheidet sich von dem der ersten. Jede SARS-CoV-2-Infektion habe einen "einzigartigen genetischen Fingerabdruck", erklärte die niederländische Virologin Marion Koopmans laut einem Bericht im "Ärzteblatt".

Koopmans sei demnach nicht überrascht, dass eine erneute Infektion möglich ist: "Von anderen Infektionen der Atemwege wissen wir, dass man nicht lebenslang geschützt ist, und das erwarten wir auch nicht von Covid-19."

Mehrfache Ansteckung würde Impfprogramme beeinflussen

Kann das Coronavirus also mehrfach hintereinander anstecken? Das hätte Folgen für künftige Impfprogramme als auch für Prognosen über die Länge der Corona-Pandemie. Gerade in Zeiten rapide steigender Infektionszahlen könnte die Ausbreitung das Gesundheitssystem dann vor noch größere Herausforderungen stellen.

Doch wie genau ist der Forschungsstand zum Thema Mehrfachinfektionen?

Beobachtete Fälle von Betroffenen, die sich nach der Genesung von Covid-19 ein zweites Mal mit dem Coronavirus ansteckten, gab es schon kurz nach Beginn der Pandemie. In Japan wurde Ende Februar der Fall einer Frau bekannt, kurz danach berichteten Forscher im Fachmagazin "Jama" von mehreren zum zweiten Mal Infizierten in China. Ähnliche Fälle wurden inzwischen auch beispielsweise in Hongkong, Belgien, Schweden und den Niederlanden dokumentiert.

WHO geht von Einzelfällen aus

Wie lange die Immunität nach einer Ansteckung anhält und wie deren Dauer mit der Schwere des Krankheitsverlaufs zusammenhängt, kann die Wissenschaft aber auch jetzt noch nicht sicher beantworten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weist jedoch auf einen wichtigen Punkt hin: Da sich mittlerweile weltweit rund 25 Millionen Menschen mit dem Coronavirus angesteckt haben, handelt es sich bei den Berichten vermutlich um Einzelfälle.

Vorübergehender Immunschutz bei Viruserkrankungen

Das wäre ein Hinweis darauf, dass sich eine SARS-CoV-2-Infektion nicht völlig anders als andere Viruserkrankungen verhält. Die bisherigen Erfahrungen – unter anderem mit SARS sowie MERS und Influenza – lehren nämlich: Wer kürzlich von einem Erreger genesen ist, hat entsprechende Antikörper gebildet. Das Immunsystem kann also, zumindest eine gewisse Zeit lang, eine erneute Infektion abwehren.

Zudem ist weiter unklar, inwieweit aus Fällen wie dem aktuellen in den USA allgemeine Schlussfolgerungen gezogen werden können. Darauf verweisen auch die Autoren der bei "The Lancet" eingereichten Studie.

Längerer Schutz ist denkbar

Die stark vereinfachte Zusammenfassung aktueller Studienergebnisse lautet zudem: Ein längerer Schutz ist zumindest denkbar. Unser Immunsystem hat verschiedene Mittel, um eingedrungene Erreger möglichst schnell wieder loszuwerden. Bei neuen Erregern, wie dem Coronavirus SARS-CoV-2, ist der Körper aber unvorbereitet und kann sich nicht schnell genug wehren.

Untätig ist das Immunsystem dennoch nicht: Ist das Virus in Körperzellen eingedrungen, bildet es unter anderem sogenannte T-Killerzellen, die speziell auf den neuen Erreger gepolt sind. Sie zerstören Körperzellen, in denen sich das Virus eingenistet hat. B-Lymphozyten (kurz: B-Zellen) stellen Antikörper her, die an den Erreger binden und ihn damit unschädlich machen.

Ist das Virus besiegt, werden diese Abwehrwaffen nach und nach weniger. Dennoch ist der Körper auf einen erneuten Angriff durch das Virus vorbereitet. Er hat unter anderem Gedächtniszellen gebildet, die vergleichsweise schnell einen Schutzwall aus Killerzellen und B-Zellen aufbauen können. Zudem verbleiben oft Antikörper im Blut. Das macht es dem Erreger schwerer bis unmöglich, eine zweite Infektion auszulösen.

Leichterer Verlauf bei zweiter Infektion möglich

Diese Art von Schutzmechanismus funktioniert im Prinzip auch bei SARS-CoV-2. Die Frage ist nur, ob und wie lange der Schutzwall stark genug ist, um das Virus bei einer zweiten Attacke abzuwehren. Das ist bislang nicht eindeutig geklärt. Es könne auch sein, dass der Verlauf bei einer zweiten Infektion zumindest leichter ist oder dass man nicht mehr ansteckend ist, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.

"Der Wissensstand ist kontrovers", meint Uwe-Gerd Liebert, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Leipzig. Klar ist, dass mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der Pandemie nicht viel über erneute Ansteckungen nach durchgemachter Infektion bekannt ist. Studien, die Menschen nach einer Infektion über Jahre im Blick behalten, fehlen bislang – schließlich ist das Virus erst seit etwa acht Monaten bekannt.

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Rolle der Antikörper noch ungeklärt

Vor einiger Zeit sorgten Untersuchungen für Verunsicherung. Sie hatten gezeigt, dass bestimmte gegen das Virus gerichtete Antikörper innerhalb weniger Monate nach einer Infektion aus dem Blut verschwinden – oder bei manchen Menschen gar nicht erst nachweisbar sind.

Watzl warnt dabei vor voreiligen Schlüssen. Es sei unklar, wie viele Antikörper man für einen wirksamen Schutz überhaupt brauche.

Gedächtniszellen bei Covid-Patienten nachgewiesen

Für etwas Optimismus unter Experten hatten einige Untersuchungen zu T- und B-Zellen gesorgt. So berichten schwedische Forscher im Fachblatt "Cell", dass bei einer Corona-Infektion in großem Maßstab sogenannte T-Gedächtniszellen aufgebaut werden.

Zudem schrieben Forscher kürzlich im Fachmagazin "Nature", dass sie in allen von ihnen untersuchten Proben von genesenen Covid-Patienten spezifische T-Zellen gefunden haben.

Eine Preprint-Studie aus den USA kam zu dem Schluss, dass Menschen nach einem milden Krankheitsverlauf beständige Gedächtniszellen im Blut hatten. All dies könnte darauf hindeuten, dass eine gewisse Immunität besteht, die eine erneute Infektion verhindern könnte.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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