Oft erst spät erkannt Schlaganfall: Auch Kinder kann es treffen
Auch Kinder und Jugendliche können einen Schlaganfall bekommen. Jährlich werden etwa 300 Fälle in Deutschland registriert – das scheint zwar wenig, doch Experten vermuten, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt, weil ein Schlaganfall bei Kindern oft nicht erkannt wird. Umso wichtiger ist es, die Warnsignale zu kennen, sonst kann es zu
Eric traf es mit elf Jahren auf dem Fußballplatz. Der siebenjährige Marc erhielt die Diagnose, nachdem die Ärzte drei Tage nach der Ursache seiner heftigen Kopfschmerzen gesucht hatten. Emma und Max erlitten schon im Mutterleib einen Schlaganfall.
Oft haben die Kinder ihr ganzes Leben unter den Folgen zu leiden. "Die frühzeitige Erkennung von Schlaganfällen bei Kindern ist von großer Bedeutung, um Einschränkungen in der motorischen und geistigen Entwicklung soweit wie möglich zu verhindern", betont Hans-Jürgen Nentwich vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.
Symptome: Das sind die Warnzeichen für einen Schlaganfall
Ein Schlaganfall wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn ausgelöst. Ursache dafür ist entweder eine Verstopfung der Blutgefäße oder eine Hirnblutung. Wenn das Gehirn in Folge dessen nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird, fallen wichtige Funktionen schlagartig aus und Zellen sterben ab.
Anzeichen für einen Schlaganfall können Lähmungen, Schwäche oder Zuckungen bei einer Körperhälfte sein. Auch starke Kopfschmerzen, eventuell mit Erbrechen, eine undeutliche Sprache oder Schluckbeschwerden sind Warnsignale. Außerdem sollten Eltern alarmiert sein, wenn Kinder über Sehstörungen, wie Doppelbilder oder verschwommene Sicht, klagen oder ihr Gang unsicher wirkt.
Schlaganfall während der Geburt
Ein Drittel aller registrierten Schlaganfälle bei Kindern tritt während der Geburt auf, ausgelöst durch den Geburtsstress. Tückisch ist, dass solche Schlaganfälle oft erst spät diagnostiziert werden, weil die Kinder erst nach mehreren Monaten Symptome entwickeln. Den Eltern fällt dann zum Beispiel auf, dass das Kind eine Hand nicht beziehungsweise weniger zum Greifen einsetzt oder beim Krabbeln eine Seite weniger benutzt als die andere.
Risikofaktoren: Welche Kinder besonders gefährdet sind
Während bei Erwachsenen vor allem Faktoren, wie Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes mellitus, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum, das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen, müssten bei Kindern mehrere Faktoren zusammenkommen, sagt der Neurologe Matthias Spranger aus Bremen. Dazu gehören genetisch bedingte Blutgerinnungsstörungen, Herzfehler oder Verengungen der Gefäße (Arteriosklerose). Kinder mit Krebs haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Weitere Risikofaktoren sind:
- Infektionen: Gefährdet sind Kinder, die gerade eine Infektion überstanden haben. So ereigne sich ein Schlaganfall bei Vorschulkindern häufig infolge eines Infekts, vor allem mit Windpocken, erklärt Kinderarzt Netwich. In Ländern ohne routinemäßige Windpockenimpfung ließen sich bis zu einem Drittel aller Schlaganfälle im Kindesalter auf diese Virusinfektion zurückführen.
- Pubertät: Auch zu Beginn der Pubertät ist die Gefahr eines Schlaganfalls nach Angaben des "Fördervereins Schlaganfall und Thrombosen im Kindesalter" groß. Das hängt mit der Hormonumstellung zusammen, aber auch mit dem Rauchen und der Einnahme der Antibabypille.
- Gefäßverletzungen: Ein weiterer Risikofaktor sind Gefäßverletzungen, die bei insbesondere bei Jugendlichen beim Sport passieren können. Auch durch ruckartige Halsbewegungen in rasanten Fahrgeschäften auf Volksfesten kann unter Umständen die Halsschlagader reißen.
Folgen: Auswirkungen eines Schlaganfalls bei Kindern
Ein Schlaganfall bei Kindern ist häufig zunächst nicht lebensbedrohlich. Im Unterschied zu Erwachsenen würden Kinder nach einem Schlaganfall schneller wieder gesund. Die neurologischen Ausfälle könne das kindliche Gehirn gut ausgleichen, legt eine Langzeitstudie der Universität Münster, die bundesweite Daten von Schlaganfällen bei Kindern sammelt. Der Grund: Das kindliche Gehirn ist in gewisser Hinsicht "flexibler". So können die Aufgaben von geschädigten Bereichen des Gehirns von anderen Hirnarealen übernommen werden. Dies gilt jedenfalls bei Schlaganfällen bei jungen Kindern bis zum Jugendalter von etwa 14 Jahren. Im Pubertätsalter nehmen die Möglichkeiten der Kompensation durch andere Hirnregionen dann deutlich ab.
Es gibt allerdings auch Hinweise, dass ein unerkannter Schlaganfall bei Kindern eine bleibende Narbe im Gehirn hinterlässt, die im weiteren Lebenslauf zu schwerwiegenden Problemen führen kann. In der Schule können Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Lernstörungen auftreten, die wiederum komplexe psychosoziale Probleme verursachen. Das zeigt sich in Verhaltensstörungen, Depressionen, Angst und Aggressionen. "Die Folgen eines Schlaganfalls zeigen sich oft erst viele Jahre später", sagt der Schlaganfallexperte Spranger. Wichtig sei deshalb, betroffene Kinder langfristig zu fördern.
Zudem gilt grundsätzlich: Bleibt ein Hirninfarkt unerkannt und wird er entsprechend nicht behandelt, besteht ein erhöhtes Risiko von weiteren und folgenreicheren Hirninfarkten, die in der Folge tödlich sein können. Sollten Sie bei Ihrem Kind beschriebene Auffälligkeiten feststellen, ist umgehend ein Arzt zu konsultieren. Je schneller die Symptome gedeutet werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für bleibende Hirnschäden.
Das Kinderkrankheiten-Lexikon bietet einen Überblick über die häufigsten Kinderkrankheiten. In den Artikeln werden Symptome, Behandlung und mögliche Folgen der Kinderkrankheiten erklärt. Eltern erfahren, bei welchen Anzeichen das Kind schnell zum Arzt muss und bei welchen Krankheiten auch Hausmittel helfen können. Sie finden auch die Information, ob und wie lange Kinderkrankheiten ansteckend sind. Manchen Kinderkrankheiten kann man durch Impfung vorbeugen. Einen Überblick über die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen bietet ergänzend unser Impfkalender.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.