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"Heuschnupfenspritze": Für die Heilung brauchen Sie Geduld


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Immunsystem "umerziehen"
"Heuschnupfenspritze": Hoffnung für Pollenallergiker

  • Ann-Kathrin Landzettel
Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 22.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Pollenkalender mit Spritze und Tabletten: Mit der Hyposensibilisierung kann die Ursache einer Pollenallergie behandelt werden. Nach erfolgreicher Behandlung reagieren Betroffene nicht mehr allergisch.Vergrößern des Bildes
Mit der Hyposensibilisierung kann die Ursache einer Pollenallergie behandelt werden. Nach erfolgreicher Behandlung reagieren Betroffene nicht mehr allergisch. (Quelle: Santje09/getty-images-bilder)
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Die Hyposensibilisierung ist bislang die einzige ursächliche Behandlungsmethode bei Heuschnupfen, medizinisch allergische Rhinitis genannt. Ihre Funktionsweise ist in etwa so, als würde man sich gegen die eigene Allergie "impfen" lassen.

Das Immunsystem der Allergiker wird bei einer Hyposensibilisierung an die Allergieauslöser gewöhnt. Bei erfolgreicher Therapie reagiert der Körper nicht mehr allergisch und es treten keine Symptome mehr auf. Für wen sich die sogenannte "Heuschnupfenimpfung" lohnt und an welchen neuen Therapieansätzen derzeit geforscht wird.

Heuschnupfenspritze behandelt die Ursachen

Bei Heuschnupfen reagiert das Immunsystem der Betroffenen unter anderem auf bestimmte Pollen von Bäumen, Getreiden und Gräsern mit einer unangemessenen Abwehrreaktion. Das Immunsystem stuft die eigentlich harmlosen Stoffe als gefährlich ein und bekämpft diese. Die Betroffenen spüren diese Abwehrreaktion unter anderem in Form von Fließschnupfen, Niesen, Kratzen im Hals sowie geröteten, tränenden und juckenden Augen. Die Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie (SIT) genannt, ist die einzige Therapieform bei Heuschnupfen, welche die Ursache behandelt. Ziel dieser Therapieform ist es, das Immunsystem umzuerziehen.

"Neben der Linderung der Allergiesymptome durch bestimmte Medikamente, Antiallergika genannt, steht Allergiebetroffenen die Hyposensibilisierung als ursächliche Behandlungsoption zur Verfügung. Diese trainiert das Immunsystem auf die Allergieauslöser – Allergene – sodass die Abwehrreaktion abnimmt und eine Toleranz entsteht", sagt Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin des Instituts für Umweltmedizin (IEM) bei Helmholtz Munich.

Wie funktioniert die Hyposensibilisierung?

Die Hyposensibilisierung ist wie eine Art Schule. Das Immunsystem lernt, dass vermeintliche Gegner, in dem Fall bestimmte Eiweiße von Pollen, Gräsern und Co., keine Gefahr darstellen. Es lernt, die Substanzen zu tolerieren. "Damit das gelingt, bekommt der Körper schrittweise in aufsteigender Dosierung bestimmter Eiweiße "geimpft". Der Körper bildet schließlich schützende IgG4-Antikörper sowie regulatorische T-Zellen. Diese sind wie kleine Polizisten. Sie sorgen dafür, dass eine Toleranz ausgebildet wird und das Immunsystem nicht mehr so stark aktiviert wird", erklärt Traidl-Hoffmann. "Die Hyposensibilisierung funktioniert wie eine Impfung. Der Körper bekommt Baupläne von bestimmten Substanzen, lernt diese kennen und weiß sie bei Kontakt entsprechend einzuordnen."

"Heuschnupfenimpfung" braucht Geduld

Heuschnupfen-Betroffene brauchen Durchhaltevermögen: Die Hyposensibilisierung – beziehungsweise der Lernprozess des Immunsystems – dauert drei Jahre. Wird die Therapie abgebrochen, verlernt das Immunsystem die bereits aufgebaute Toleranz und die Abwehrreaktion setzt erneut ein. "Betroffene müssen diese Zeit durchhalten. Erste Effekte zeigen sich meist nach etwa einem Jahr", erklärt die Allergieexpertin. "Neben Spritzen können auch Tabletten oder Tropfen verabreicht werden. Das hängt von der jeweiligen Therapieform ab. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen."

Hyposensibilisierung schon für Kinder wichtig

Die Hyposensibilisierung ist schon im Kindesalter sinnvoll. Einige Präparate sind bereits ab fünf Jahren zugelassen, das gilt sowohl für die Spritzen-Therapie als auch für die "sublinguale" Immuntherapie. Laut der Expertin ist es wichtig, Heuschnupfen bereits bei Kindern und Jugendlichen zu therapieren. "Unbehandelt kann der Heuschnupfen in die tieferen Atemwege "wandern" und beispielsweise chronisches Asthma verursachen. Gewebliche entzündungsbedingte Veränderungen der Lunge können nicht rückgängig gemacht werden", warnt Traidl-Hoffmann. "Man trägt diese mit ins Alter und muss mit zunehmenden Atembeschwerden rechnen, wenn weitere Atemwegserkrankungen hinzukommen."

Die Hyposensibilisierung kann nicht nur bei einer Allergie auf Baum-, Gräser-, Getreide- und Kräuterpollen eingesetzt werden, sondern auch bei einer Hausstaubmilbenallergie sowie bei einer Allergie gegen Wespen- und Bienengift. Für manche Allergieformen – etwa bei einer Allergie gegen Tierhaare oder Schimmel – sind keine zugelassenen und optimierten Therapie-Allergene auf dem Markt verfügbar. Eine Behandlung ist mit Allergenextrakten auf Wunsch dennoch möglich. Anders als bei den zugelassenen Therapie-Allergenen kann aber nicht garantiert werden, dass die gewünschte Wirksamkeit erreicht wird.

(Quelle: Privat)


Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann leitet den Bereich Umweltmedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg und das Institut für Umweltmedizin bei Helmholtz Munich. Ihre Fachgebiete als praktizierende Ärztin sind die Allergologie, Dermatologie, Venerologie und Umweltmedizin.

Forschungen zu "echter" Heuschnupfenimpfung

Bislang gibt es keine "echte" Impfung gegen Heuschnupfen, also eine Impfung, die der Entwicklung einer Allergie vorbeugt. Doch es gibt verschiedene Wissenschaftler, die an der Entwicklung einer Heuschnupfen-Impfung arbeiten. Das Grundprinzip der Hyposensibilisierung ändert sich laut der Expertin nicht. Ziel dieser Forschungen ist vor allem, die verwendeten Wirkstoffe effektiver zu machen als bisher und die Therapiedauer zu verkürzen.

"Es gab beispielsweise Forschungen, bei denen die Proteine in die Lymphknoten gespritzt wurden. Nach nur drei Spritzen war das Immunsystem geschult. Allerdings braucht es spezielle Fertigkeiten, um die Spritzen richtig setzen zu können. Es gab viele Nebenwirkungen durch falsche Anwendungen. Deswegen hat sich dieses Verfahren nicht durchgesetzt", sagt Traidl-Hoffmann. "Aktuell gibt es Forschungs-Ansätze, die wie die Corona-Impfung die mRNA-Technik nutzen. Doch auch hier braucht es noch viel Forschung. Das gilt auch für wissenschaftliche Arbeiten, welche in die Richtung einer Impfung mit allergievorbeugendem Charakter denken."

Natürlicher Allergieschutz: Erstes Lebensjahr ist entscheidend

Solange es noch keine vorbeugende Heuschnupfenimpfung für Kinder mit einem erhöhten Allergierisiko gibt, haben Eltern andere Chancen, das Immunsystem ihrer Kinder so zu trainieren, dass das Allergierisiko sinkt: eine möglichst vielfältige Ernährung.

"Besonders das erste Lebensjahr bietet ein Fenster der Möglichkeiten. Die Leitlinie empfiehlt, höchstens vier bis sechs Monate zu stillen und das Kind dann an normale Nahrung zu gewöhnen. Je gesünder und bunter diese ist, desto geringer ist das Allergierisiko, wie Studien zeigen. Ein Beispiel: In einer Studie gab man Kindern im ersten Lebensjahr Erdnussflips. Diese Kinder entwickelten später seltener eine Erdnussallergie", sagt Traidl-Hoffmann. "Auch Spielen im Freien im Dreck ist ein gutes Training für das Immunsystem."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Allergene. Online-Information des Allergieinformationsdienstes am Helmholtz Zentrum München. (Stand: Aufgerufen am 25. Januar 2022)
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