Milde bis schwere Deformationen möglich Klumpfuß – diese Schweregrade gibt es
Ein Klumpfuß ist an gewissen Merkmalen zu erkennen. Er sieht aber nicht immer gleich aus. Welche Schweregrade lassen sich unterscheiden?
Ein Klumpfuß ist eine der häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Wenn ein Kind mit einem – oder, wie in etwa der Hälfte der Fälle, zwei Klumpfüßen – zur Welt kommt, fällt das den Eltern oder ärztlichen Fachkräften für gewöhnlich sofort auf: Der Fuß ist nach innen eingedreht, die Sohle stark gewölbt, die Ferse dauerhaft nach oben gezogen und die Fußspitze nach unten abgesenkt.
Jenseits dieser typischen Merkmale sehen Klumpfüße allerdings nicht immer gleich aus, sondern können unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Klumpfüße milderer Schweregrade lassen sich durch vorsichtige Handgriffe, etwa einer Ärztin oder eines Arztes, noch vollständig oder fast in die normale Position zurückbringen.
Klumpfüße höherer Schweregrade hingegen sind steifer, lassen sich also durch sanfte Kraft von außen nicht in die richtige Stellung bewegen.
Die Schweregrade geben jedoch nicht nur Auskunft darüber, wie stark die Deformation aktuell ausgeprägt ist. Sie können auch dabei helfen, den voraussichtlichen Erfolg der Behandlung abzuschätzen. Grundsätzlich lassen sich Klumpfüße geringerer Schweregrade durch eine frühzeitige Behandlung besser und nachhaltiger korrigieren als solche höheren Grades.
Hinweis: In diesem Artikel geht es hauptsächlich um den angeborenen Klumpfuß, weil dieser am häufigsten vorkommt. Daneben gibt es aber noch eine seltene, erworbene Form des Klumpfußes. Dieser sogenannte sekundäre Klumpfuß kann im Erwachsenenalter neu auftreten, etwa als Folge einer neurologischen Erkrankung oder einer Verletzung, die die Nervenversorgung und/oder Muskulatur des Fußes beeinträchtigt.
Klumpfüße – diese Schweregrade gibt es
Der Schweregrad eines Klumpfußes lässt sich anhand verschiedener Symptome beurteilen. Unter anderem spielt dabei die Beweglichkeit des Fußes eine Rolle: Die ärztliche Fachkraft prüft, inwieweit sie den Fuß des betroffenen Kindes durch manuelle Manipulation (also äußeres Einwirken) in die korrekte Position bringen kann.
Je nach Befund lässt sich die Deformation dann einem der folgenden vier Klumpfuß-Schweregrade zuweisen:
- "Soft-soft foot" (weich-weicher Fuß): Der Klumpfuß lässt sich (durch vorsichtige Handgriffe, etwa einer Ärztin oder eines Arztes) vollständig in die normale Position zurückbringen. Die Achillessehne ist nur leicht verkürzt, die Fußspitze lässt sich jedoch nicht so weit nach oben bewegen wie bei einem gesunden Fuß.
- "soft-stiff foot" (weich-steifer Fuß): Der Fuß ist nur leicht nach innen gedreht, die Einwärtsdrehung ist korrigierbar – die Spitzfußstellung indes nicht ganz: Die Ferse lässt sich nicht ganz auf die normale Höhe absenken, die Fußspitze verharrt in der nach unten weisenden Position.
- "stiff-soft foot" (steif-weicher Fuß): Die Spitzfußstellung ist fixiert, die Fußspitze lässt sich also nicht bis zur richtigen Höhe anheben. Die Einwärtsdrehung, die etwa 40 Grad beträgt, lässt sich durch äußeres Einwirken teilweise vorübergehend mindern.
- "stiff foot" (steifer Fuß): Der Fuß ist um mehr als 45 Grad nach innen gedreht, das untere Sprunggelenk oft komplett ausgerenkt. Es besteht eine tiefe Querfalte im Mittelfuß.
Bei dieser Einteilung handelt es sich um den nach dem französischen Chirurgen Alain Dimeglio benannten Dimeglio-Score, der in der Klumpfuß-Diagnostik recht geläufig ist. Daneben gibt es aber noch andere Klassifikationssysteme.
Klumpfuß – wie lässt sich eine Behinderung vermeiden?
Ein angeborener Klumpfuß lässt sich meist gut behandeln, ehe er ernste Beschwerden verursacht oder zur langfristigen Behinderung wird. Das Verfahren der Wahl ist für gewöhnlich die Ponseti-Methode. Das ist ein Therapiekonzept, das aus mehreren Phasen besteht und in den ersten Lebenswochen beginnen sollte. Es geht dabei darum, die Deformation des Fußes durch wiederholtes Dehnen und Eingipsen schrittweise zu korrigieren.
Das Kind erhält über einen Zeitraum von sechs Wochen jede Woche einen neuen Gips. Bei jedem Gipswechsel bringt die Orthopädin oder der Orthopäde den Fuß ein bisschen weiter in die richtige Position. Danach findet ein kleiner operativer Eingriff statt, bei dem die Achillessehne durchtrennt wird. Das ist nötig, weil diese beim Klumpfuß verkürzt ist, wodurch die Ferse hochsteht und die Zehen dauerhaft nach unten zeigen.
Damit die Achillessehne in der nun richtigen Länge ungestört verheilen kann, muss das Kind für die darauffolgenden drei Wochen erneut einen Gips tragen. Im Anschluss bekommt es eine spezielle Schiene, welche dazu dient, die Korrektur des Klumpfußes zu bewahren und einem Rückfall vorzubeugen.
Diese Schiene besteht aus zwei Schuhen, die durch eine Metallstange verbunden sind und die Füße in einer leicht nach außen gedrehten Position halten. Zunächst trägt das Kind die Schiene 23 Stunden täglich für etwa drei Monate, später nur noch nachts, bis es etwa vier Jahre alt ist.
Fast immer kann die Ponseti-Therapie Betroffenen zu einer nahezu normalen Fußstellung verhelfen oder die Deformation zumindest so weit korrigieren, dass sie problemlos gehen lernen können.
Die Prozedur erfordert aber Geduld und Durchhaltevermögen, die die Eltern der Kinder mitunter nicht im hinreichenden Maße aufbringen können. Zudem sind selbst bei frühzeitiger, konsequenter und zunächst gelungener Therapie Rückfälle möglich: Im Laufe der Kindheit oder Jugend kann es passieren, dass sich der Fuß wieder in die Fehlstellung begibt. Dann ist eine abermalige Behandlung nötig.
Erfolgt diese früh genug, besteht oftmals eine gute Chance, die Fehlstellung erneut zu korrigieren. Wenn nicht, gestaltet sich die Behandlung in der Regel schwierig. Denn anders als die noch im Wachstum befindlichen Füße eines Babys sind die eines Erwachsenen nicht mehr so leicht formbar. Darum kann ein nicht rechtzeitig oder nicht ausreichend behandelter Klumpfuß zur dauerhaften Behinderung werden. Mehr zu den Spätfolgen der Deformation erfahren Sie im Artikel Klumpfuß – diese Spätfolgen drohen ohne Behandlung.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Online-Informationen von AMBOSS: www.amboss.com (Abrufdatum: 3.6.2024)
- Online-Informationen von Deximed: deximed.de (Abrufdatum: 3.6.2024)
- Online-Informationen von MSD Manual: www.msdmanuals.com (Abrufdatum: 3.6.2024)
- Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 3.6.2024)
- "Kongenitaler Klumpfuß". Online-Informationen von SpringerMedizin: www.springermedizin.de (26.11.2024)
- Alves, C., et al.: "Neglected clubfoot treated by serial casting: a narrative review on how possibility takes over disability". Annals of Translational Medicine, Vol. 9, Iss. 13, p. 1103 (Juli 2021)