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"Hart aber fair": Impfverweigerung regt Eckart von Hirschhausen maßlos auf


"Hart aber fair": Impfgegner und Geistheiler
"Das ist Bullshit hoch zehn"

t-online, Tanja Zech

Aktualisiert am 24.03.2015Lesedauer: 4 Min.
Eckart von Hirschhausen, sonst unterhaltsam, war bei "Hart aber fair" empört über Scharlatane in der Medizin.Vergrößern des Bildes
Eckart von Hirschhausen, sonst unterhaltsam, war bei "Hart aber fair" empört über Scharlatane in der Medizin. (Quelle: WDR/Dirk Bohm)

So wütend hat das TV-Publikum den sonst so freundlichen Mediziner Eckart von Hirschhausen noch nie erlebt wie beim Thema Impfen. "Das ist eine Verschwörungstheorie, der man nicht so viel Raum geben sollte." Das Aufregerthema: Impfverweigerung. Die Runde bei "Hart aber Fair" spiegelte die emotionale Debatte zwischen Impfbefürwortern und Impfgegnern, die zusammen mit der Masernwelle in Berlin wieder hochschwappt.

Symbolträchtig war die Gruppierung am Redebalken zum Sendungsmotto "Von Impfgegnern bis zu Geistheilern - alles nur Aberglaube?": Links die Alternativmedizinerinnen Elisabeth von Wedel und Cornelia Bajic, rechts die Schulmediziner Eckart von Hirschhausen und Wolfram Hartman und als ausgleichende Mitte Wettermoderatorin Claudia Kleinert, die beide Arten der Heilkunst für sich nutzt.

Eckart von Hirschhausen stahl Plasberg die Show

Der Arzt und Entertainer von Hirschhausen nahm dem "Hart aber fair"-Gastgeber Frank Plasberg immer wieder das Heft aus der Hand, um flugs mit einem Publikumsexperiment den Herdenschutz von Impfungen zu veranschaulichen oder um den Vertreterinnen der Alternativmedizin brüsk ins Wort zu fallen: "Das ist Bullshit hoch zehn."

Eine unglückliche Ausgangslage für eine sachliche Auseinandersetzung war, dass der Titel der Sendung "Impfgegner" und "Wunderheiler" vereinte. Heilpraktikerin von Wedel und Homöopathin Bajic traten durchaus nicht als radikale Impfgegnerinnen auf.

Die Diskussion verlief gerade da eher hart als fair, wo ein unaufgeregter Fakten-Check angebracht gewesen wäre, um die Argumente der Impfskeptiker anzuhören und wissenschaftlich unhaltbare Thesen zu widerlegen.

Zum Beispiel die Behauptung, dass Impfungen keine sichere Methode seien, um Krankheiten wie Masern auszurotten. Als Beleg wird angeführt, dass dies in China trotz Impfpflicht nicht gelungen sei.

Wer sich auf dieses dünne Argument stützt, um dann gar nicht zu impfen, ignoriert den Herdenschutz: Je mehr Menschen gegen hochansteckende, folgenschwere Krankheiten geimpft sind, desto größer der Schutz für die gesamte Gesellschaft.

Impfgegner sind "rücksichtslose Trittbrettfahrer"

"Rücksichtslos" findet Kleinert Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen. "Man muss doch daran denken, dass man nicht alleine ist." "Trittbrettfahrer“ nannte von Hirschhausen die Impfgegner, weil sie davon profitierten, dass viele andere geimpft seien.

Für ihre Behauptung, es gebe keine Langzeitstudien zur Wirkung von Impfstoffen, erntete Heilpraktikerin von Wedel den vehementen Widerspruch von Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte: "Impfstoffe gehören zu den am besten erforschten Medikamenten und sind die beste Primärprävention."

Der 70-jährige Kinderarzt erinnert sich an Zeiten, in denen Kinder mit Scharlach und Keuchhusten in die Praxen kamen, Krankheiten, die nach Einführung flächendeckender Schutzimpfungen fast verschwunden seien. "Kinderkrankheiten in ihrer dramatischen Ausprägungen kennen wir ja heute gar nicht mehr."

Und deshalb sei es möglich, dass die Angst vor Impfkomplikation bei manchen Eltern schwerer wiege als das Bewusstsein für die Gefahren, die von vermeintlich harmlosen Kinderkrankheiten ausgehen.

Kinder werden "mittelalterlichem Verständnis von Natur“ geopfert

"Hinter der Impfskepsis steckt ein mittelalterliches Verständnis von Natur. Wir opfern Kinder einem Glauben, der nichts mit medizinischem Wissen von heute zu tun hat“, wetterte von Hirschhausen.

Er zielte damit auf die Impfgegner-These, dass Eltern Krankheiten bei ihren Kindern zulassen sollten, weil jede vom Körper ausgefochtene Krankheit das Immunsystem stärke. Es gebe unzählige harmlosere Bakterien und Viren, um das Immunsystem "zu trainieren", da sei es fahrlässig, folgenreiche Krankheiten wie Masern zu riskieren.

Die Zwischentöne überhört

Leider nutzte Moderator Plasberg nicht die Gelegenheit, zwischen Pro und Contra einzuhaken. Sowohl Bajic als auch von Wedel sprachen sich nicht pauschal gegen Impfungen aus. Die homöopathische Ärztin plädierte für eine "individuelle Impfentscheidung" und die Heilpraktikerin von Wedel bekannte, ihre Kinder "nach sorgsamer Abwägung gegen bestimmte Krankheiten geimpft zu haben."

Darin stecken interessante Anknüpfungspunkte, die zur Versachlichung des Debatte beigetragen hätten. Stattdessen ging es gegen Ende der Sendung vor allem um altbekannte Vorurteile, um Placebo-Effekte, um Zuckerkügelchen und nie enden wollende Grabenkämpfe zwischen Schulmedizin und Alternativmedizin.

Unwohlsein im Gesundheitssystem

Die Impfdebatte steht exemplarisch für ein rationalisiertes Gesundheitssystem, in dem sich viele Menschen nicht mehr gut aufgehoben fühlen. Diese Problematik wurde im zweiten Teil der Sendung deutlich, in dem es um den starken Zulauf zu alternativen Heilmethoden ging.

Wenn der Arzt keine Zeit mehr für ein ausführliches Gespräch hat, informiert sich der Patient auf eigene Faust - zum Beispiel im Internet, wo neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch Argumente von Impfskeptikern und Impfgegnern zu finden sind. Dafür sind vor allem Menschen aus höheren Bildungskreisen empfänglich.

Hartmann holte aus, um den intellektuellen Impfgegnern den Spieß umzudrehen: "Wer von sich beansprucht, wissenschaftlich gebildet zu sein, von dem erwarte ich, dass er sich auch auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert-Koch-Instituts informiert." Dort sei der Forschungsstand zu Impfungen transparent dokumentiert.

Aber so einfach lässt sich Impfangst nicht ausräumen. Verunsicherte Eltern brauchen einen Kinderarzt ihres Vertrauens, der Bedenken ernst nimmt und den Nutzen des Impfens mit überzeugenden Fakten vermitteln kann.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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