Weniger Körperfett, besseres Immunsystem Abnehmen weckt Killerzellen für Krebsabwehr
Übergewichtige Menschen können ihr Krebsrisiko erheblich verringern, wenn sie abspecken. Das ist das Fazit der Doktorarbeit einer jungen Ernährungswissenschaftlerin aus Halle. Ihre Forschungsarbeit liefert neue, wichtige Erkenntnisse.
Wer zu viel Pfunde auf die Waage bringt, erhöht massiv sein Risiko, an Krebs zu erkranken. Nach Berechnungen der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) sind Übergewicht und Fettleibigkeit an der Entstehung von 17 der 22 häufigsten Krebserkrankungen beteiligt. Als "Krebsmotor" haben Mediziner vor allem Botenstoffe, die Gewicht, Blutzucker und Appetit regulieren sowie Sexualhormone in Verdacht. Doch die Mechanismen, über die Übergewicht das Krebswachstum fördert, sind kaum erforscht.
Neue, wichtige Erkenntnisse liefert nun die erste europäische Studie, die die sogenannten Natürlichen Killerzellen (NK) des menschlichen Körpers ins Visier nahm. Die NK-Zellen sind unter anderem für die Krebszellen- und Virenabwehr zuständig. Die Funktion der Natürlichen Killerzellen (NK), die durch Fettleibigkeit offenbar in einen Tiefschlaf-Modus versetzt werden, "können reaktiviert werden – wenn man abnimmt und zwar vor allem den Körperfettanteil reduziert", lautet das Fazit von Ernährungswissenschaftlerin Janine Jahn, die fünf Jahre an der Studie zu ihrer Promotion arbeitete. Diese entstand in der Arbeitsgruppe von Professorin Heike Kielstein am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät Halle.
Mitarbeiter der Stadtwerke Halle als Probanden
Für die Forschungsarbeit untersuchte Jahn 32 gesunde, aber massiv übergewichtige Männer und Frauen im Alter zwischen 45 und 51 Jahren und teilte sie in eine Versuchs- und eine Kontrollgruppe ein. Den Probanden, allesamt Mitarbeiter der Stadtwerke Halle, wurde ein dreimonatiges Sport- und Ernährungsprogramm verordnet.
Während der Projektphase erfassten die Wissenschaftler unterschiedliche Messwerte durch Sport- und Bluttests. Auch wurden Zellen im Blut auf ihre Funktion für das Immunsystem analysiert.
Das erstaunliche Ergebnis: Die Interferon-Gamma-Produktion in einigen NK-Zellen stieg um das Doppelte an. Interferon-Gamma ist ein Protein, das die Immunabwehr stimuliert.
Killerzellen können sich reaktivieren
Demnach bedeutet eine Reduzierung des Körperfettanteils eine Stärkung des Immunsystems. "Wir können unser Immunsystem selbst modifizieren", betont Janine Jahn. "Wenn ein Übergewichtiger ein bestimmtes Maß an Körperfett abspeckt, springt die Reaktivierung der körpereigenen Killerzellen an", ergänzt Heike Kielstein vom Anatomischen Institut in Halle.
Ehrgeizige Männer
Laut Jahn haben die männlichen Probanden der Versuchsgruppe zehn Kilo Körperfettmasse verloren und sind körperlich fitter geworden. Bei den Frauen waren es fünf Kilo Körperfettmasse. Die Ernährungswissenschaftlerin erklärt sich das mit einem höheren Ehrgeiz der Männer.
Das dreimonatige Sport- und Ernährungsprogramm war so unkompliziert wie alltagstauglich: "Alle Probanden brachten zu Beginn des Projekts einen dreistelligen Wert auf die Waage und gingen während des Projekts ganz normal ihrer Arbeit nach", erläutert die Hallenser Professorin und ergänzt: "Unser Ernährungsprogramm bestand aus einem Fitnesstest und einer persönlichen Ernährungsberatung, bei der wir auch den Kalorienbedarf der Probanden ermittelt haben und Beispiele für Mahlzeiten gaben".
Fit werden im Spaßbad
Das Sportprogramm wurde zweimal pro Woche zu je einer Stunde im Hallenser Erlebnisbad absolviert – mit einer Schwimm- und einer Gymnastikgruppe. "Wir standen den Teilnehmern immer zur Verfügung, sie motivierten sich aber auch gegenseitig, als Kollegen im Büro, und einige haben sich auch in ihrer Freizeit als Trainingsgruppe getroffen", berichtet die Ärztin.
Bei der Auswertung der Messergebnisse und der zahlreichen Gespräche mit den Probanden zeigte sich ein weiterer, erstaunlicher wissenschaftlicher Aspekt: Auch Monate nach Ende des Forschungsprojekts hielten sämtliche Teilnehmer ihr Körpergewicht, einige verloren sogar noch einige Pfunde.
Nachhaltiges Forschungsprojekt
"Obwohl viele nach eigener Aussage nicht mehr so konsequent Sport treiben, bewegen sie sich mehr im Alltag und nehmen die Treppe statt des Aufzugs, lassen das Auto für kurze Wege stehen oder steigen aufs Fahrrad um", berichtet Heike Kielstein und ergänzt: "Sie haben begriffen, um was es wirklich geht: mehr auf sich und seinen Körper zu achten".
Aus der Doktorarbeit der Hallenser Ernährungswissenschaftlerin ergab sich ganz nebenbei ein Präventions-Programm, das ganz ohne Kalorien-Punktezählen und -Coaching, High tech-Geräte und Fitness-Studio auskommt, sondern auf Selbstverantwortung und gesunden Menschenverstand setzt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.