700 Stellen gestrichen Kahlschlag bei Gruner + Jahr: Diese Magazine laufen aus
Insgesamt 23 Zeitschriften will RTL Deutschland bei seinem Verlag Gruner + Jahr einstellen. Nun wurde bekannt, wann die ersten Magazine auslaufen.
Kahlschlag am Medienstandort Hamburg: Beim ehemaligen traditionsreichen Verlag Gruner + Jahr mit Prestigemagazinen wie dem "Stern" sind radikale Personalkürzungen geplant. Wie Anfang Februar bekannt wurde, wird RTL Deutschland, das im Besitz des Verlags ist, die Mehrheit der Verlagstitel einstellen oder verkaufen. Insgesamt sollen 23 Magazine betroffen sein, darunter die Zeitschriften "Eltern", "Guido" und "Barbara".
Nun steht offenbar fest, welche Redaktionen als Erstes die Arbeit einstellen müssen. Wie das "Hamburger Abendblatt" unter Berufung auf Mitarbeiter des Konzerns berichtet, soll das Magazin "Eltern" im Juni zum letzten Mal erscheinen – andere Hefte werden bereits im Mai eingestellt.
Nach Informationen der Zeitung hat es dazu am Mittwoch ein Gespräch zwischen den Beschäftigten und dem Bertelsmann-Vorstandschef und RTL-Geschäftsführer Thomas Rabe gegeben. Zu einem direkten Treffen sollen knapp 500 Mitarbeiter in Schwarz gekleidet erschienen sein, um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen.
Investitionen von rund 80 Millionen Euro geplant
Konkret sehen die Pläne so aus: Die 13 Marken "Stern", "Geo", "Capital", "Stern Crime", "Brigitte", "Gala", "Schöner Wohnen", "Häuser", "Couch", "Geolino", "Geolino mini" sowie die digitalen Bereiche von "Eltern" und "Chefkoch" bleiben im Portfolio. Sie machen nach Unternehmensangaben etwa 70 Prozent des Umsatzes aus. Bis 2025 sind hier Investitionen von rund 80 Millionen Euro geplant.
Alle anderen Zeitschriftentitel werden eingestellt oder verkauft. Folgende Zeitschriftentitel wird es also bald nicht mehr geben:
- "Barbara"
- "Brigitte Woman"
- "Brigitte Wir"
- "Brigitte Leben!"
- "Brigitte Be Green"
- "Brigitte Mom"
- "Chefkoch"
- "Eltern"
- "Eltern Family"
- "Geo Saison"
- "Geo Kompakt"
- "Geo Wissen Ernährung"
- "Geo Epoche"
- "Geo Epoche Edition"
- "Geo Epoche Panorama"
- "Geo Walden"
- "Geo Wohllebens Welt"
- "Guido"
- "Guidos Deko Queen"
- "Stern View"
- "Stern Gesund Leben"
Der Vorsitzende der Geschäftsführung von RTL Deutschland, Thomas Rabe, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Viele der Titel sind Ableger. Wir können uns nicht vorstellen, diese zu verkaufen, wenn wir die Kernmarken "Geo" und "Brigitte" behalten. Sonst wäre eine einheitliche Markenführung nicht möglich."
Mehr als jeder Dritte muss gehen
Einen Verkauf prüft RTL für die fünf Marken "Business Punk", "Art", "P.M.", "Beef!" und "Salon". Die RTL-Beteiligungen an "11 Freunde" und an der Verlagsgruppe Deutsche Medien-Manufaktur in Münster, darunter "Landlust" und "Essen & Trinken", stehen ebenso zum Verkauf. Rabe, der auch Bertelsmann-Chef ist, sagte zum aktuellen Stand: "Es hatte Interessensbekundungen gegeben – mündlich und schriftlich. Es gab aber keinerlei Sondierungs- oder Verkaufsgespräche, geschweige denn Angebote. Wir werden in den nächsten Wochen mit Gesprächen beginnen."
Man wolle zunächst mit dem Betriebsrat und den Mitarbeitern sprechen. "Dann werden wir in aller Ruhe in den nächsten Wochen den Markt sondieren und sehen, wer sich für welchen Titel wirklich interessiert und in welcher zeitlichen Schrittfolge wir die Titel abgeben."
Die Pläne von RTL führen dazu, dass rund 500 Stellen abgebaut werden. Das soll "bis Ende 2025 schrittweise" erfolgen. Der weit überwiegende Teil des Stellenabbaus betreffe Hamburg und sei nicht im redaktionellen Bereich, sondern in der Verwaltung geplant. Hinzu kommen etwa 200 Stellen, die durch den geplanten Verkauf auf neue Eigner übergehen würden. Mit dem Wegfall von rund 700 Stellen wäre das mehr als jede dritte der 1.900 Vollzeitstellen im Zeitschriftensegment, die vorwiegend in Hamburg angesiedelt sind.
RTL ist seit 2022 Eigentümer
RTL Deutschland mit Hauptsitz in Köln hatte zum Jahr 2022 die deutsche Magazinsparte des Hamburger Verlagshauses in sein Portfolio integriert und sich Synergien erhofft. Beide Bereiche gehören zum Bertelsmann-Konzern. In den vergangenen Monaten prüfte RTL das Zeitschriftenportfolio. Von Mitarbeitern und Gewerkschaftern hatte es Protest gegen einen möglichen Verkauf der Titel des Hamburger Verlagshauses gegeben, das jahrzehntelang zu den mächtigsten Medienhäusern in Europa zählte.
Über die wirtschaftliche Lage des Publishing-Geschäfts sagte Rabe: "2022 lag das Ergebnis nach allen Abzügen bei 1 Million Euro. Aufgrund der Marktentwicklung bei Anzeigen und Vertrieb, aber auch durch Kostensteigerungen von Papier und Energie wäre Gruner + Jahr ohne Maßnahmen in diesem Jahr im Ebita zweistellig negativ." Der Umsatz in dem Bereich lag 2022 bei etwa 350 Millionen Euro.
Hamburg soll als Zeitschriften-Standort erhalten bleiben. Rabe sagte: "Wir bleiben mit den Geschäften in Hamburg – bis auf die Corporate-Funktionen, die überwiegend in Köln gebündelt werden. Die Mitarbeiter in Hamburg sollen bis Ende 2024 in neue Räumlichkeiten ziehen." Einen genauen Ort nannte er nicht. "Wir schauen uns im Moment mehrere Standorte an."
Die Anteile am "Spiegel" und an der DDV Mediengruppe, zu der die "Sächsische Zeitung" zählt, bleiben im Bertelsmann-Konzern, wie Rabe sagte. "Das stand nie zur Debatte." Die Geschäfte seien dem Bereich Bertelsmann Investments zugeordnet.
- media.rtl.com: "RTL Deutschland stellt sein Publishing-Geschäft neu auf"
- abendblatt.de: "Gruner + Jahr stelt erste Print-Magazine im Mai ein" (kostenpflichtig)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa